von Susan Bonath
Wenn man wegen einer Borreliose zwei Wochen in einem Klinikum des Konzerns AMEOS verbringen muss, kann man viele unschöne Einblicke in den dortigen Alltag in Corona-Zeiten gewinnen. Das Profitstreben des Krankenhaus-Betreibers mit Hauptsitz in der Schweiz belastet Patienten und Personal massiv. Die Folgen reichen von mangelhafter Versorgung der Kranken mit Essen und Zuwendung über fehlendes Personal, oft abzufangen durch billige Angelernte, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvieren, bis hin zu Ärzten und OP-Schwestern, die sich nach 24-Stunden-Diensten kaum noch auf den Beinen halten können. Viele Klinikdienstleistungen – wie Labor, Wachdienst, Küche und Reinigung – sind mit dem Ziel der Lohndrückerei inzwischen ausgegliedert. Und über Corona, die entsprechenden Impfungen sowie Patienten mit möglichen Impfnebenwirkungen scheint fast niemand reden zu wollen.
Parkinson-Schub durch Impfung?
Ich kam in die Klinik mit starken Schmerzen. In meinem Kopf und meiner Wirbelsäule fühlte es sich an wie andauernde Explosionen. Die erste Frage, die mir eine Ärztin stelle, lautete: "Wurden sie kürzlich gegen Corona geimpft?" Ich verneinte, und fügte an, dass ich das in der nächsten Zeit auch nicht vorhabe. Ihr entfuhr ein leises, aber deutliches "Gott sei Dank".
"Warum?", wollte ich wissen. Sie dachte wohl, ich hätte das nicht gehört und es war ihr offensichtlich etwas peinlich. Man könne somit die Impfung als mögliche Ursache bei mir ausschließen. Sehr leise setzte sie hinzu, sie sei selbst nicht geimpft. Ein junger Praktikant, der gerade ins Zimmer gekommen war, hatte das gehört. "Ich auch nicht", sagte er. Die Ärztin musste nun kurz das Zimmer verlassen, und der junge Mann meinte hinter vorgehaltener Hand: "Mal sehen, wie lange das noch so bleiben kann."
Tage später, als ich dieselbe Ärztin erneut auf das Thema ansprach, wollte sie nicht mehr mit mir über Corona-Impfungen reden. Auch sonst schien das keiner zu wollen. Die Ärzte und Pflegekräfte, die ich damit konfrontierte, wichen mir aus. Zu der Zeit hatte ich schon zwei Parkinson-Patienten kennengelernt, die nach ihrer Impfung massive Schübe erlitten haben. Ein kausaler Zusammenhang ist freilich nicht belegbar, aber zeitlich passt es allemal zusammen. Überprüft wurde das offenbar nicht. Die beiden erinnerten sich jedenfalls nicht daran, dass dies im Krankenhaus irgendwo notiert wurde.
Bei einer Frau Ende 70 wurde die Parkinson-Erkrankung vor zweieinhalb Jahren diagnostiziert. Sie sei aber vor der Impfung noch "einigermaßen gut mobil" gewesen, habe vieles alleine machen können. Dann kam die erste Spitze, wenige Tage danach sei es radikal bergab gegangen. Nun sei sie bettlägerig, könne nicht mehr richtig greifen, habe sogar Probleme, das Besteck beim Essen festzuhalten. In der Klinik konnte sie sich nicht einmal mehr ohne Hilfe aufsetzen.
"Die haben im Heim keinen von uns aufgeklärt"
"Das war ein schwerer Schlag für mich", sagte sie. Sie musste nach der Verschlimmerung in ein Pflegeheim ziehen. Dort habe sie erlebt, wie Impfteams neue Bewohner "regelrecht im Eiltempo zum Spritzen überredet haben". "Das ging dort alles ganz schnell, die haben da keinen von uns aufgeklärt", erinnerte sie sich. Auch sie erhielt ungeachtet ihres Zustandes die zweite BioNTech-Dosis.
Trotz Impfung habe die 79-Jährige im Frühjahr wochenlang in ihrem Heim in Quarantäne verbracht. Immer mal wieder sei jemand positiv getestet worden. "Uns wurde nur das Essen ins Zimmer gebracht, und sie kamen zum Waschen und Abräumen in Schutzkleidung", berichtete sie. Und starben da wirklich so viele an Corona? "Ja, da sind viele gestorben", sagte sie. Und es habe immer "Corona" geheißen. Sie habe aber mitbekommen, dass etliche Tote negativ getestet waren. "Viele sind da wohl an Einsamkeit gestorben oder anders krank geworden."
Migräne, Brustschmerzen, MS-Schübe und mehr
Immer wieder kamen auch Frauen mittleren Alters auf die Station. Sie litten unter schweren Migräne-Attacken, die nicht aufhören wollten. Bei einer dieser Patientinnen hatten sich Brustschmerzen und Dutzende blaue Flecken an den Beinen hinzugesellt. Sie alle waren wenige Wochen zuvor geimpft worden, danach begannen die Beschwerden, die sie ins Krankenhaus führten. Sie mussten ohne Diagnose nach wenigen Tagen wieder gehen, mit Tipps und Ratschlägen zum Entspannen und für geeignete Schmerzmittel. Die Impfung war kein Thema in der Klinik.
Draußen im Klinikgelände lief mir ein Krebspatient über den Weg, der seit der Corona-Impfung an Dauerdurchfällen litt. Er war sehr abgemagert. Ich fragte mich, wie er bei diesem Klinikessen zunehmen sollte. Dazu etwas später noch mehr. Eine Patientin mit Multipler Sklerose (MS) erwischte ich in einem der vielen Flure. Man hatte sie in einem Rollstuhl dort abgestellt. Sie wartete auf ein EEG. Auch bei ihr sei die Krankheit nach der Impfung schlimmer geworden. Hat sie jemals einer danach gefragt? Doch, erklärte sie. "Aber es glaubt keiner, dass das damit zusammenhängen könnte, ich auch nicht." Denn die Impfung sei "doch ziemlich sicher". Das wisse sie "aus den Nachrichten".
"Das hat sich für die Bosse nicht rentiert"
Die einzige, die mir etwas über Corona erzählen wollte, war eine Reinigungskraft. Seit 30 Jahren arbeite sie in der Klinik. Als sie angefangen hatte, gehörte sie noch zum Stammpersonal, das Krankenhaus war Eigentum des Landkreises. Heute wird sie von einer externen Reinigungsfirma bezahlt – und zwar "miserabel". Sie erhalte "zum Glück noch den Branchen-Mindestlohn": Elf Euro und elf Cent pro Stunde. Dafür muss sie schnell putzen.
Ausgegliedert wurde sie lange vor Corona, genauso wie das Küchenpersonal, die Pförtner und sogar ein Teil der Schwestern und Pfleger. Die Frauenstation, die Kinderklinik, der Kreißsaal – alles wurde während ihrer Zeit in der Klinik dicht gemacht. "Das hat sich für die Bosse nicht rentiert", klagt sie bitter. Früher habe sie den kranken Kindern bei ihren Durchgängen immer Geschichten aus dem Kopf erzählt. "Die Schwestern hatten ja schon damals keine Zeit – aber Corona hat allem die Krone aufgesetzt", resümierte sie.
Sie berichtete von hastig zusammengelegten Stationen, um Bereiche für Corona-Patienten frei zu machen. Aus Zweibettzimmern wurden Drei- oder Vierbettzimmer. Alle seien dauerhaft gereizt, das Personal und irgendwann auch die Patienten. Und das Essen, das sie auf den Tellern der Patienten sehe, sei "erbärmlich, wie kurz nach einem Krieg, das macht die Leute erst recht krank".
"Schonkost" von Maggi
Bei letzterem musste ich ihr aus eigener Erfahrung recht geben. Vitamine scheinen in der Großküche, die anliefert, unbekannt zu sein. Die Portionen sind oft so knapp bemessen, dass nach wenigen Löffeln Suppe der Teller leer ist, Nachschlag gibt es nicht. Als ich beim Abendessen zwar zwei Scheiben Brot bekam, dazu aber nur ein winziges Stück Butter und eine kleine Scheibe Aldi-Käse, hieß es auf Nachfrage: Es gebe nur noch eine Sorte Käse. Wenn ich mehr haben wolle, müsse ich noch eine Scheibe Wurst dazu bestellen.
Als eine Patientin Magenprobleme hatte und um Schonkost bat, bekam sie nicht etwa Kartoffelbrei oder Zwieback mit geriebenem Apfel, sondern eine Tasse mit Maggi-Fertigsuppe vorgesetzt. Auch baut man offensichtlich darauf, dass bei den Mahlzeiten die nicht mehr mobilen Patienten von den noch mobilen mitversorgt werden: Beim Hochhelfen zum Essen, beim Brot bestreichen, manchmal sogar beim Toilettengang.
Mehr arbeiten für weniger Geld
Wer bettlägerig ist, kann nur noch Besuch von Geimpften, frisch PCR-getesteten oder "Genesenen" empfangen. Den Ein- und Ausgang in der Klinik kontrolliert ein Pförtner. Auch der Wachdienst war vor Jahren nach der Privatisierung ausgegliedert worden, um das Personal mit geringeren Löhnen abspeisen zu können, wie mir ein Angestellter berichtete. AMEOS erwarte von ihm zudem, dass er zusätzliche Aufgaben übernehmen solle, die eigentlich in den Bereich der Patienten-Anmeldung fielen. Er habe "das Gefühl, immer mehr zu arbeiten für immer weniger Geld".
Noch längere Schichten als das Wachpersonal schieben nur die Ärzte und die Pflegekräfte in den Operationssälen. Ich wunderte mich einmal, dass eine Ärztin morgens um acht sichtbar übermüdet bei der Visite stand. Hatte ich doch mitbekommen, dass sie den ganzen Tag zuvor und in der Nacht in den Patientenzimmern zu Gange war.
Die Ärztin meinte, sie gehe ja gleich nach Hause. Sie haben einen "normalen 24-Stunden-Dienst" gehabt. "Das ist hier schon immer so, das gilt auch für die OP-Schwestern, daran haben wir uns gewöhnt", beruhigte sie mich. Außerdem sei die Hälfte ihrer Arbeitszeit ja "lediglich" Bereitschaftsdienst. Theoretisch könne sie sich dann auch mal hinlegen. Die Betonung liegt auf "theoretisch", denn praktisch kommt das wohl sehr selten vor. Man scheint solche Dienstzeiten in dem Klinikum für normal zu halten.
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