von Rainer Rupp
Bernie Sanders, der sozial-demokratisch eingefärbte, aussichtsreiche Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, ist zur Zielscheibe von Hasbara-Angriffen fanatischer amerikanischer Zionisten geworden. Die werfen ihm Antisemitismus vor, obwohl Sanders selbst Jude ist. Ähnlich wie in Großbritannien, wo die Antisemitismus-Keule mit großem Erfolg gegen den Labour Führer Jeremy Corbyn eingesetzt wurde, soll dieser Vorwurf jetzt auch die Wahlchancen von Sanders zunichtemachen. Denn genau wie Corbyn hat auch Sanders entschieden Positionen zugunsten der Menschenrechte aller in Palästina Lebenden bezogen und folgerichtig die Verbrechen des israelischen Apartheid-Regimes verurteilt.
So hat Sanders jetzt im Wahlkampf die gezielten Morde unbewaffneter palästinensischer Demonstranten und Kinder ohne jede Verharmlosung oder Beschönigung angeprangert. Er hat wiederholt das Ende der Belagerung des Gazastreifens gefordert, um die humanitäre Katastrophe dort zu beenden. Er hat erklärt, dass er wegen der nicht endenden, illegalen Siedlungspolitik und der Missachtung der palästinensischen Menschenrechte die US-Militärhilfe für Israel an Bedingungen knüpfen würde. Und er hat Netanjahu als Rassisten bezeichnet.
Interessanterweise wird Sanders – selbst als Jude – mit solchen Äußerungen auch gemäß der offiziellen deutschen "Definition" von Antisemitismus zum angeblichen Antisemiten, meint: Judenhasser. Da hilft es auch nicht, wenn Sanders sagt, dass er stolz ist, Jude zu sein, und dass er als junger Mann in einem israelischen Kibbuz gelebt hatte und dass er auch niemals Israels Existenz in Frage gestellt hat. Auch in Deutschland werden Juden – egal ob mit deutschem oder israelischem Pass –, wenn sie die verbrecherische Politik der israelischen Regierung kritisieren, als Antisemiten behandelt und erhalten deshalb bei geplanten öffentlichen Veranstaltungen oftmals von deutschen Stellen Redeverbot.
In seinen Reden hat Sanders auch deutlich gemacht, dass er zur Beendigung des Konflikts eine Zwei-Staaten-Lösung für Palästina und Israel bevorzugt. Und von der US-Regierung fordert er vor allem eine "ausgeglichene" Politik in Bezug auf Israel und Palästina. Soweit wie Sanders ist vor ihm noch nie ein aussichtsreicher US-Präsidentschaftskandidat im Wahlkampf gegangen. Und deshalb setzt jetzt die US-Zionisten-"Mafia" auch alles daran, Sanders unbedingt zu stoppen, bevor sich die in der Tat zu beobachtende, zunehmende israelkritische Haltung unter Kongressmitgliedern der "Demokraten" weiter ausbreitet.
In den vergangenen zwei Wochen hat daher eine organisierte Antisemitismus-Kampagne gegen Sanders – wegen seiner Kritik an Israel – richtig an Fahrt aufgenommen.
So hat sich eine neue Gruppe, die sich "Demokraten gegen den Antisemitismus" nennt, in US-Mainstream-Medien eine Welle von Artikeln lanciert, um den Diskurs gegen Sanders in Gang zu bringen, und zwar mit der Kernbotschaft, dass der höchstrangige jüdische Politiker, der jemals für das Amt des US-Präsidenten kandidierte, wegen seiner Verurteilung der Verbrechen der israelischen Regierung ein Antisemit sei. Diese Gruppe hat sich unter anderen mit, Bari Weiss, der einflussreichen Meinungsredakteurin der New York Times zusammengetan, um Sanders zu verunglimpfen. "Offensichtlich zielen sie darauf ab, Sanders zu 'corbynisieren', indem sie dieselben Methoden benutzen, die so effektiv gegen den britischen Labour-Führer Jeremy Corbyn eingesetzt wurden", heißt es auf der US-Webseite "Mondo Weiss", die von dem anti-zionistischen Philippe Weiss betrieben wird.
Der Grundtenor der Vorwürfe lautet, dass Sanders zwar ethnisch gesehen als jüdisch gelte, aber in seiner Rhetorik, mit seinem Abstimmungsverhalten im US-Kongress und seinem Freundeskreis würden nicht die "Werte eines Freundes des jüdischen Volkes widergespiegelt". Wenn Sanders sich jedoch so verhalten würde, wie es viele seiner Kollegen im US-Kongress – oder auch im deutschen Bundestag – tun, die die israelische Politik verteidigen, obwohl sich die Regierung Israels kontinuierlich schrecklicher Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht hat und weiterhin schuldig macht, dann, ja dann würde Sanders im Sinne seiner zionistischen Kritiker sicherlich die "Werte eines Freundes des jüdischen Volkes" widerspiegeln und niemand würde ihn als Antisemiten beschimpfen.
Hier folgen einige Beispiele von den "schrecklichen antisemitischen Ausfällen", die Sanders – beispielsweise von der Gruppe der "Demokraten gegen den Antisemitismus" – vorgeworfen werden:
"1971 sprach sich Sanders vor einer Synagoge dafür aus, 'keine Waffen an Israel' zu liefern. Dies war nur zwei Jahre vor dem Jom-Kippur-Krieg, als Israel kurz vor der Zerstörung stand und nur von amerikanischen Waffen und Hilfslieferungen überlebte." (Kommentar der Autors: So wird die Mär aufrechterhalten von einem "armen Israel", das andauernd Verteidigungskriege führen musste, allerdings um sein erobertes Territorium immer weiter auszudehnen.)
"1988 bekräftigte Sanders seinen Glauben und erklärte: 'Es ist falsch, dass Amerika Israel mit Waffen versorgt.'"
"Es war auch im Jahr 1988, als Sanders erklärte, dass er dem Plan von Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson für Israel 'von ganzem Herzen zustimme'. Jacksons Plan war, die Region von Juden ethnisch zu säubern, um einen palästinensischen Staat aufzubauen." (Kommentar des Autors: Auch hier werden die historischen Tatsachen mit zionistischer Propaganda verdreht. Lediglich die illegalen Landräuber Israels sollten aus den unrechtmäßig besetzten, nämlich palästinensischen Gebieten verschwinden.)
"Als Sanders 1990 ins Repräsentanten-Haus des US-Kongresses gewählt wurde, nannte er Israel in einem Interview mit der israelischen Zeitung Haaretz den 'Söldner der amerikanischen Regierung' und äußerte seinen 'größten Wunsch', dass die US-Regierung Israel stärker unter Druck setzt."
"Im Jahr 2004 wurde eine Resolution in das Repräsentantenhaus eingebracht, die Israel verteidigte, nachdem eine Resolution des Internationalen Gerichtshofs eine Sicherheitsmauer über 'Problemzonen' im Westjordanland verurteilt hatte. Sanders war natürlich dagegen." (Kommentar des Autors: Die Tatsache, dass Sanders gegen die menschenunwürdige Mauer des Apartheid-Staates Israel war, wird ihm nun als eine gegen die angeblichen "Werte des jüdischen Volkes" verstoßende antisemitische Schande angerechnet.)
"Im Jahr 2015 warf Sanders dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu vor, im Gaza-Krieg überreagiert zu haben. Während terroristische Gruppen wie die Hamas und die Hisbollah Terroranschläge gegen israelische Bürger verübten." (Kommentar des Autors: Hier wird die total überzogene Reaktion der israelischen Soldateska in Gaza und die massenhafte Abschlachtung unbewaffneter palästinensischer Zivilisten und ganzer Familien als "normale" und somit also vertretbare Anti-Terror-Maßnahme dargestellt.)
"Schließlich unterstützte Sanders 2019 die Bewegung für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (BDS), eine Gruppe, die versucht, jüdische Unternehmen in Konkurs zu bringen und die israelische Wirtschaft und Regierung zu schwächen." (Kommentar des Autors: Die BDS-Bewegung zielt lediglich auf die nach internationalem Recht illegalen Exporte von Gütern, die von israelischen Firmen in den besetzten Gebieten produziert werden, zum Beispiel Wein vom Golan, der dann als "israelischer Wein" auch in deutschen Supermärkten angeboten wird. Gegen diese Ausplünderung der besetzten Gebiete durch israelische Firmen richtet sich die BDS-Bewegung, keineswegs gegen legitime israelische Produkte.)
Wer sich selbst von der zionistischen Hasbara als ein Instrument der Öffentlichkeitsarbeit überzeugen will, die auch von der Gruppe "Demokraten gegen den Antisemitismus" betrieben wird, der kann sich das auf dem Twitter-Account dieser Gruppe ansehen.
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