von Rainer Rupp
Der noch amtierende Verteidigungsminister des US-Vasallenstaates Rumänien, Mihai Fifor, steht derzeit im eigenen Land im Fokus heftiger Kritik, sowohl von seiner eigenen, "postkommunistischen", jetzt sozialdemokratisch genannten Partei (PSD) als auch von der bürgerlichen und liberalen Opposition, die den sofortigen Rücktritt des Ministers fordert. Zugleich scheinen Fifors US-amerikanische Puppenspieler verärgert zu sein, während die russische Botschaft in Rumänien den von antirussischem Kriegseifer überquellenden Fifor wegen dessen ungewöhnlich spontanen Ehrlichkeit öffentlich gelobt hat. Was war geschehen?
Zu dem ungewöhnlichen Eklat war es gekommen, nachdem Fifor letzten Freitag in einer TV-Talkshow über "ballistische Raketen" gesprochen hatte. Die sollen sich nach Aussage des Verteidigungsministers als Teil des angeblich so "friedlichen" AEGIS-Raketen-Systems auf dem von der US-Armee betriebenen und gegen Russland gerichteten südrumänischen Militärstützpunkt Deveselu befinden. Laut dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek sagte Fifor wörtlich:
Offensichtlich wird Präsident Putin nicht sehr erfreut sein, dass in Rumänien sehr ernstzunehmende militärische Fähigkeiten aufgebaut werden. Wie könnte Präsident Putin sich jemals darüber freuen, dass wir in Mihail Kogălniceanu eine Basis mit amerikanischen Soldaten haben und wir darauf bestehen, dass im Rahmen der strategischen Partnerschaft mit den USA die US-Truppen dauerhaft auf rumänischem Boden bleiben? Wie könnte sich Präsident Putin jemals darüber freuen, dass in Rumänien auf dem Militärstützpunkt Deveselu ballistische Raketen stationiert sind?
Nun weiß aber jedes Kind, dass ballistische Raketen reine Angriffswaffen sind. Die von Washington, der NATO und den Rumänen immer wieder erzählte offizielle Version über Deveselu erzählt jedoch das Märchen von den friedlichen US-Raketen des AEGIS-Raketenschutzschildes, die startbereit in ihren Abschusskanistern mögliche Angriffe des Iran mit Langstreckenraketen gegen die USA und die NATO abwehren sollen, obwohl die Iraner solche Raketen gar nicht haben.
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Nicht nur der russische Präsident Putin musste in einem Interview laut auflachen, als er gefragt wurde, ob er dieser offiziellen Version der westlichen Aggressionsallianz Glauben schenkt. Jedem, mit vernünftigem Menschenverstand ausgestattetem Leser dürfte es ebenso ergehen.
Das Nachrichtenmagazin Newsweek, das ebenfalls den Fifor-Eklat mit den ballistischen Raketen aufgegriffen hat, verdummt seine Leser jedoch weiterhin. Der US-Raketenschutzschirm sei vollkommen harmlos und nicht gegen Russland gerichtet. Die Russen machten nur deshalb Propaganda gegen die Deveselu-Basis, weil das US-AEGIS-System "im Falle eines Konflikts einen russischen Angriff blockieren soll". Zumindest ist hier vom Iran schon keine Rede mehr, und Newsweek hat wenigstens eingeräumt, dass die Stoßrichtung des Systems gegen Russland gerichtet ist.
Tatsächlich geht es beim AEGIS-System nicht um die Verhinderung eines russischen Raketenangriffs, sondern um ein altes, bereits 1980 von den USA in Angriff genommenes Projekt, nämlich die Schaffung einer glaubhaften US-Kapazität zur Führung eines nuklearen Angriffskrieges mit dem Ziel, die Kommando-, Kontroll- und Kommunikationszentren der russischen Armee und des Staatsapparates zu enthaupten.
Dadurch – so war damals wie heute die Überlegung – wäre die russische Führung zu einem koordinierten und umfassenden Vergeltungsschlag gegen den US-Aggressor unfähig gewesen. Für den Fall, dass dennoch einzelne russische Vergeltungsraketen gestartet würden, wäre heute das AEGIS-System zuständig, das zu diesem Zweck quasi als erstes Bollwerk bis an die Grenzen Russlands vorgeschoben wurde. Weitere US-Raketenabwehrschilde auf Schiffen in den Ozeanen und auf dem US-Festland würden sich dann um die wenigen dennoch durchgekommenen russischen Raketen kümmern.
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Wenn eine Supermacht erst einmal eine derartige glaubhafte nukleare Erstschlags- und Enthauptungskapazität aufgebaut hat, braucht man nicht erst einen Krieg zu führen, um diese überlegenen militärischen Fähigkeiten gegenüber dem Gegner bei allen möglichen Verhandlungen in "politische" umzumünzen, bzw. um den Gegner gefügig zu machen.
Vor diesem Hintergrund würde nach Aussagen des rumänischen Kriegsministers Fifor die Raketenbasis in Deveselu eine Doppelfunktion erfüllen: Erstens könnten von ihr aus russische interkontinentale Vergeltungsraketen abgeschossen werden, und zweitens könnten die ballistischen Raketen aus vorgeschobener Position am US-Erst- und Enthauptungsschlag gegen Russland teilnehmen. Letzteres ist jedoch keine mit der NATO abgestimmte Strategie.
Wenn diese ballistischen Raketen tatsächlich in Deveselu existieren, wäre das ein handfester politischer Skandal in der NATO, der nicht ohne Folgen bliebe. Bereits die oben erwähnten US-Pläne aus den Anfangsjahren der Reagan-Ära, die auf eine Enthauptung der sowjetischen Kommando-, Kontroll- und Kommunikationszentren der Armee und des Staatapparates mithilfe eines begrenzten, führ- und gewinnbaren nuklearen Präventivschlages hinzielten, stießen innerhalb der NATO auf heftigen Widerstand der Europäer. Zudem würde mit hoher Wahrscheinlichkeit ein schwerwiegender US-Verstoß gegen den immer noch geltenden INF-Vertrag vorliegen, der die Stationierung nuklearer Mittelstreckenraketen mit Reichweiten zwischen 500 und 5.000 Kilometern verbietet.
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So war es auch kein Wunder, dass der ehemalige rumänische Präsident Traian Băsescu Kriegsminister Fifor beschuldigte, mit seiner Aussage die Sicherheit des eigenen Landes und darüber hinaus auch dessen Glaubwürdigkeit sowie jene der USA aufs Spiel gesetzt zu haben – die restlichen Verbündeten könnten durchaus meinen, bezüglich der bei Deveselu stationierten Raketen bewusst in die Irre geführt worden zu sein. Fifor habe die Konsequenzen zu ziehen und umgehend zurückzutreten, so Băsescu. Auch der frühere Außenminister Cristian Diaconescu bezeichnete Fifors Ausrutscher als "verheerend". Letzterer denkt jedoch nicht an Rücktritt und spricht stattdessen nur von einem "Versprecher", der von den Russen maßlos ausgenutzt werde.
In der Tat hatte der Sekretär der russischen Botschaft in Bukarest Pawel Aleksejenko prompt reagierte und auf Facebook geschrieben: "Danke, Herr Fifor, für diese spontane Wahrheit." Dank Fifor habe Russland endlich die Bestätigung dafür, dass der Raketenschutzschild in Deveselu tatsächlich eine "direkte und offene Bedrohung" Russlands darstelle.
Im zweiten Teil dieser Miniserie schauen wir uns an, welche Waffen laut Angaben von US-Rüstungskonzernen auf der US-Basis in Deveselu stationiert sind und ob sie tatsächlich die Doppelfunktion zur Führung eines "begrenzten und gewinnbaren, nuklearen Präventivschlages" erfüllen.
(Teil 2 können Sie hier lesen.)
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