von Rainer Rupp
Jüngst wurde bekannt, dass das renommierte Schweizer Labor Spiez, das auch regelmäßig Analysen für die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) durchführt, in der chemischen Substanz, mit der die Skripals vor über einem Monat im englischen Salisbury vergiftet wurden, unter anderem das Toxin BZ bzw. 3-Chinuclidinylbenzilat ausgemacht habe. Dieses werde nicht in Russland, dafür aber in Großbritannien und in den USA produziert, erklärte daraufhin der russische Außenminister Sergei Lawrow. Inzwischen hat sich das Labor in Schweigen gehüllt. Kein Kommentar mehr. Ob es wohl um zukünftige Aufträge fürchtet?
Wir erinnern uns noch gut, wie unsere Politiker, felsenfest auf der Atlantikbrücke verankert, eine in befremdlicher Weise kritiklose "Solidarität" gegenüber einer mit gezinkten Karten spielenden britischen Führung in London zelebrierten, statt sich auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben.
Ausgerechnet Tony Blair wagt sich wieder aus dem Gebüsch
Natürlich kann man unsere Politiker verstehen, dass sie den vermeintlichen Verschwörungstheorien der Zweifler an der offiziellen Schilderung des Vorgangs keinen Glauben schenkten und erst recht ließen sie sich nicht von den lächerlichen Fragen der Russen nach stichhaltigen Beweisen von ihrer Entschlossenheit abbringen, gemeinsam den Kreml bzw. Putin höchstpersönlich für das "furchtbare Verbrechen" an den Skripals streng zu bestrafen.
Für unsere strammen atlantischen Vasallen steht die Glaubhaftigkeit der britischen und der US-Regierung außer Frage. Das gilt auch für die Einschätzungen vonseiten der Geheimdienste dieser Länder wie CIA und MI6. Jeder weiß schließlich, die lügen nie. Das trifft auch auf den ehemaligen Premierminister Tony Blair zu. Mit seiner Warnung, dass Saddam Hussein innerhalb von 45 Minuten mittels einer mit Massenvernichtungswaffen bestückten Rakete jederzeit London vernichten könne, hatte er einst die Briten zurecht aufgerüttelt. So sind diese an der Seite Washingtons in den Krieg gezogen. Die Folge: Hunderte von britischen Soldaten und viele Tausende irakischer Soldaten und Zivilisten sind getötet worden.
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Der vermeintliche Beweis dafür, dass Blair auch damals nicht gelogen hat, wie viele Kritiker behaupten, müsste auch dem Dümmsten einleuchten: Wenn nämlich Blair gelogen hätte, müsste er seiner Verbrechen wegen im Gefängnis sitzen, lebenslang, und den Schlüssel zu seiner Zelle hätte man im Ärmelkanal versenkt. Aber dem ist nicht so: Tony Blair ist innerhalb der elitären westlichen Unwertegemeinschaft immer noch eine geachtete Persönlichkeit, die von der britischen Diplomatie bei internationalen Auftritten weiterhin vornehm herumgereicht wird.
Modell Lyssenko: Primat der Politik gilt auch in der Wissenschaft
Vor diesem Hintergrund versteht es sich von selbst, dass kein echter Vertreter der atlantischen Elite auf den Gedanken gekommen wäre, Bedacht anzumahnen und erst die Untersuchungsergebnisse abzuwarten, bevor das Urteil gesprochen und die Strafe exekutiert wird. In Deutschland gab es nur einige wenige bekannte Politiker, die nicht ins Konfrontations- und Kriegsgeschrei der atlantischen Eliten eingestimmt haben. Aber diese stehen ohnehin unter dem dunklen Verdacht, "Russenversteher" zu sein.
So kam es aber, dass Politiker und ihre Medien anstelle von unabhängigen Wissenschaftlern und deren Analyseergebnissen bestimmten, wohin die Reise ging. Dem braven deutschen Michel wurde von morgens über mittags bis zum späten Abend, Tag für Tag, eingetrichtert, dass es an der russischen Schuld keine Zweifel gibt. Als "Beweis" wurde einzig und allein angeführt, dass Premierministerin May "zuversichtlich“ ist, dass nur die Russen hinter dem Giftanschlag von Salisbury gesteckt haben könnten.
Theresa Mays Bauchgefühl ist besser als jeder Beweis. Ihre Behauptung ist auch nur schwer zu widerlegen. Eine Beweisführung gegen ein "zuversichtliches Bauchgefühl" ist schlicht unmöglich. Wer es dennoch versucht, riskiert seine Nerven, wie viele Leser es sicher aus entsprechenden Diskussionen im privaten Bereich kennen, wenn sie versuchen, mit Fakten gegen ein verrücktes Bauchgefühl zu argumentieren.
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Angesichts der neuen und zahlreichen, immer noch nicht beantworteten kritischen Fragen über das offiziell präsentierte Skripal-Märchen kommen jetzt weitere ungeklärte Umstände hinzu. So will der russische Außenminister Sergei Lawrow von London wissen, wieso die britische Regierung die sensationelle BZ-Spur in der ihr zugestellten Analyse des Spiez-Labors unterschlagen hat? Geht es um die Vertuschung der eigenen Mittäterschaft? Dafür gibt es tatsächlich weitaus stichhaltigere Indizien, die auch im gesamten geopolitischen Kontext Sinn machen, als die tumbe "Die Russen waren es"-Version. Aber wer ist jetzt - nach dem angeblichen "Chemiewaffenangriff" der "Bestie Assad" in Duma - noch daran interessiert, den Skipal-Fall aufzuklären, zumal die atlantischen Eliten dabei selbst zunehmend ins Zwielicht kommen?
Britische Kommandokräfte unter radikalen Islamisten von syrischen Sicherheitskräften festgesetzt?
Würden wir noch in zivilisierten, bürgerlichen Demokratien leben, dann könnte man annehmen, dass angesichts der gesicherten und dokumentierten neuen Erkenntnisse einige Rücktritte des Top-Personals der britischen Regierung nicht auf sich warten ließen. Desweiteren wären dann vonseiten der neuen britischen Regierung gegenüber der Welt einige Erklärungen und gegenüber Moskau eine demütige Entschuldigung fällig. Aber dem wird nicht so sein. Die bunte Karawane der Kriegstreiber ist längst weitergezogen, für die zurückgebliebenen "Wächter", die eine restlose Aufklärung fordern, interessiert sich kein Schwein mehr.
Und noch ein Gedanke: Nichts hätte von der der Realität der Skripal-Vergiftung besser ablenken können als der jüngste angebliche Giftgasangriff im syrischen Duma. Der Anschlag kam für London wie gerufen. Aber nicht nur deshalb behauptet Russland, es habe stichhaltige Beweise, dass die ganze Sache von britischen Spezialtruppen eingefädelt wurde. Vielleicht hat das Ganze auch mit Meldungen arabischer Medien zu tun, dass sich bei der Evakuierung von Duma britische Kommando-Soldaten beim Versuch, heil aus der Region zu kommen, als Islamisten verkleidet unter die religiösen Gewalttäter gemischt haben. Bevor sie aber mit dem Rest der Kopfabschneider und deren Familien in Bussen in die von Al-Nusra besetzte Provinz Idlib verschwinden konnten, seien sie von syrischen Sicherheitskräften verhaftet worden. Sollte das stimmen, wird es interessant, ob die britische Regierung sich zu ihren Leuten bekennen oder diese ihrem Schicksal überlassen wird.
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