von Rainer Rupp
Nach den US-Invasionen von Afghanistan und Irak sorgten sich sowohl der US-Kongress als auch die US-Regierung, dass die uneingeschränkte Operationsfreiheit der US-Luftwaffe über den besetzten Ländern durch den Einsatz tragbarer Flugabwehrraketen gefährdet wäre, derer sich Aufständische bedienen könnten. Denn dadurch wären die Verluste der US-Bodentruppen in den Kriegsgebieten stark gestiegen, ähnlich wie das zuvor bei den Sowjets in Afghanistan der Fall war.
In diesen Jahren hat Washington sowohl mit eigenen Maßnahmen, z. B. über den "9/11 RECOMMENDATIONS IMPLEMENTATION ACT" vom 4. Oktober 2004, aber auch über internationale Abkommen, z. B. über die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), mit großem diplomatischem Nachdruck eine strenge Kontrolle und die Nicht-Weiterverbreitung von tragbaren Flugabwehrraketen (Man Portable Airdefence Systems, MANPADS) durchgesetzt.
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Jetzt aber stellt sich heraus, dass der US-Kongress die Weitergabe von US-MANPADS an ausgesuchte islamistische Kopfabschneider-Banden in Syrien, wenn auch unter Bedingungen, explizit erlaubt hat. Der renommierte Finanz-Blog Zero Hedge hat auf seiner Webseite die entsprechende Passage aus dem "US-Haushaltsgesetz für die Nationale Verteidigung" (2018 National Defense Authorization Act (NDAA) ins Internet gestellt und damit einen erneuten Beweis für eine perfide Hinterhältigkeit der US-Außenpolitik in ihrer schlimmsten Form geliefert.
Gesetzliche Vorgaben mit Alibi-Charakter
Anderen Staaten Abkommen abringen oder gar sogar aufs Auge drücken, um den Export von MANPADS an nicht staatliche Akteure streng zu verbieten, aber selbst insgeheim das Gegenteil tun, das ist typisch für die US-Handlungsmaxime. Als unersetzliche Ausnahmenation glauben die US-"Eliten" natürlich, dass sie sich selbst herausnehmen können, was sie den anderen unter Strafe verbieten. So auch bei den MANPADS.
Schon vor mehr als einem Jahr hatte der US-Kongress im "US-Haushaltsgesetz für die Nationale Verteidigung (NDAA)" für das Fiskaljahr 2017 den rechtlichen Rahmen für Überlassung von MANPADS an radikale islamische Terroristen in Syrien festgelegt. Das entsprechende Gesetz wurde Anfang Dezember 2016 von beiden Häusern des US-Kongresses verabschiedet. Die von ehemaligen Soldaten für Spezialeinsätze betriebene und in Militärkreisen geschätzte Nachrichtenwebseite SOFREP hatte bereits im August 2016 darauf hingewiesen, dass im NDAA 2017 "der Kongress zum ersten Mal das Pentagon ermächtigt hat, den syrischen Rebellen Flugabwehrraketen zur Verfügung zu stellen".
Als Verfahrensregel verlangt das von Präsident Obama unterzeichnete NDAA-Gesetz 2017, dass der US-Verteidigungsminister beim Kongress einen formellen Antrag auf Übertragung der Flugabwehrraketensysteme nach Syrien unterbreiten muss. Unter anderem muss der Antrag Folgendes enthalten:
• Eine detaillierte Beschreibung jeder überprüften Gruppe der syrischen Opposition, die MANPADS erhalten soll
• Die Begründung für die Ausrüstung dieser Gruppen mit MANPADS
• Anzahl und Art der bereitgestellten MANPADS
• Der Logistikplan für die Nachlieferung von MANPADS an die ausgesuchten Gruppen
• Die Dauer der Unterstützung
Signal an Saudis reicht faktisch auch aus
Hier kann man nur noch staunen: SOFREP hat vollkommen Recht, wenn sie darauf verweist, dass das NDAA-Gesetz für 2017 von früheren Versionen der NDAA total abweicht. Auch der ursprüngliche Gesetzentwurf des Repräsentantenhauses soll gemäß geltender Gesetzeslage die Übertragung von MANPADS auf "egal welche Gruppe" in Syrien strikt verboten haben, der Senat hatte in seinem NDAA-Entwurf diese Waffengattung gar nicht erst thematisiert.
Im März 2017 sei allerdings laut SOFREP der Versuch unternommen worden, die Genehmigung von MANPADS an Syrien zurückzunehmen. Offensichtlich ohne Erfolg. Denn wie wir im unten reproduzierten Auszug aus dem NDAA 2018 sehen, der von Präsident Trump unterzeichnet wurde, hat sich nichts geändert.
Das erklärt, wie jetzt die modernen und funktionierenden MANPADS nach Syrien kommen. Natürlich muss Washington die islamistischen Kopfabschneider nicht direkt mit den Waffen versorgen. Es genügt, wenn Washington dem Scharia-Staat Saudi-Arabien einen verdeckten Wink gibt. Darauf haben die Saudis schon lange gewartet, um ihren Schützlingen in Syrien beim weiteren Morden Andersgläubiger unter die Arme zu greifen.
Das Wall Street Journal hatte im Februar 2014 unter der Überschrift "Saudis stimmen zu, syrische Rebellen mit mobilen Flugabwehrraketen zu versorgen - USA zahlen [islamistischen] Kämpfern Millionen Dollar für Gehälter" geschrieben, dass Washingtons arabische Verbündete über den Fortgang der Syrien-Friedensgespräche enttäuscht seien und deshalb zugestimmt hätten, den Rebellen in Syrien hochmoderne Waffen zur Verfügung zu stellen. Darunter auch schultergefeuerte Raketen, die Jets abschießen können. Dazu berief sich das Wall Street Journal auf westliche und arabische Diplomaten und Vertreter der so genannten syrischen Opposition.
Wann kommt der erste MANPAD-Anschlag auf ein Passagierflugzeug?
Im März desselben Jahres, 2014, gab es dann auch noch einen Bericht in dem von der US-Regierung finanzierten Sender Voice of America News, in dem es hieß:
Berichten zufolge bietet Saudi-Arabien an, syrische Rebellen mit fortschrittlicheren Waffen auszustatten, darunter schultergefeuerten Flugabwehrraketen, mit denen Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber abgeschossen werden können. Sie könnten einen Wendepunkt im syrischen Bürgerkrieg darstellen. Die als MANPADS oder tragbare Luftabwehrsysteme bekannten schultergestützten Raketen sind eine hochwirksame Waffe.
In ihrem Eifer, den Russen in Syrien mithilfe neuer MANPAD-Lieferungen ein zweites Afghanistan zu bereiten, haben die Kriegstreiber in Washington ganz vergessen, dass MANPADS in den Händen von Gewaltextremisten jeglicher Art auch US-Flugzeugen, vor allem aber der zivilen Luftfahrt, zur Gefahr werden können. Letzteres war eines der Hauptargumente Washingtons, als es sich in aller Welt für die Nicht-Weiterverbreitung von MANPADS eingesetzt hatte.
Die Gefahr für Passagiermaschinen ist sehr real. Tatsächlich wurden laut einem Bericht des US-Außenministerium seit den 1970er Jahren 40 zivile Flugzeuge von MANPADS getroffen, wovon 28 abgestürzt sind - mit über 800 Todesopfern. Aber das scheinen die Amis beiseite zu schieben, wenn es gilt, den bösen Russen eins auszuwischen.
Auszug aus dem "Haushaltsgesetz für das Verteidigungsministerium für das Fiskaljahr 2018" über die "Weitergabe von MANPADS an die überprüfte syrische Opposition":