von Rainer Rupp
Die westliche imperialistische Aggression gegen China war von kolossaler, unerbittlicher und soziopathischer Natur. Die moralische Verdorbenheit der westlichen Eindringlinge ist reichlich dokumentiert. Und die Dokumente führen alle westlichen Ansprüche, eine überlegene Zivilisation zu repräsentieren, ad absurdum. Die meisten dieser Nationen, insbesondere die anglo-amerikanische Allianz, sind immer noch dabei zu versuchen, dem chinesischen Volk durch Drohungen, Zwang und offene Gewalt ihre Vorherrschaft aufzuzwingen.
Wer begreifen will, was heute in China vor sich geht, der sollte sich bemühen, die 3.600 Jahre alte, schon damals schriftlich aufgezeichnete Geschichte der großen Kulturnation China besser kennenzulernen. Erst dann wird voll verstehen, mit welcher Wucht China vom "Jahrhundert der Erniedrigung" getroffen wurde und welche tiefen Narben diese Zeit im kollektiven Gedächtnis des chinesischen Volkes hinterlassen hat.
Das "Jahrhundert der Erniedrigung" bedeutete für die Chinesen, im eigenen Land rechtlos kolonialer Willkür unterworfen zu sein und in absolutem materiellem Elend zu leben. Erst mit der endgültigen Befreiung von der Fremdherrschaft auf dem chinesischen Festland im Jahr 1949 unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas konnte Chinas Kampf gegen Hunger und Krankheiten sowie der nächste lange Marsch in Richtung Wiedergeburt von Chinas kultureller, wirtschaftliche, politischer und militärischer Größe beginnen.
Dieser Weg hat sich letztlich als grandioser Erfolg erwiesen: Heute wird Chinas Erfolg rund um die Welt bewundert, wenn auch nicht immer neidlos. Das ist auch der Grund, weshalb das chinesische Volk trotz vieler schwerer Irrungen und Wirrungen der Kommunistischen Partei, die im Laufe der vergangenen sieben Jahrzehnte teilweise schwere Opfer an Menschen und Material gefordert haben, mit großer und fester Mehrheit auch heute noch hinter dieser Partei steht, welche jüngst ihr hundertjähriges Bestehen gefeiert hat.
Der Opiumkrieg – Beginn der kolonialen Aufteilung Chinas
Begonnen hatte Chinas Jahrhundert der Erniedrigung mit dem Ersten Opiumkrieg 1839 und die darauffolgende Fremdherrschaft endete etwas mehr als hundert Jahre später mit der Ausrufung der befreiten und unabhängigen Volksrepublik China im Jahr 1949.
Über dreieinhalb Jahrtausende war China ein stolzes, hochentwickeltes Reich, das nicht wie das alte Rom und andere Großreiche der Antike vorrangig damit beschäftigt war, die Herrschaft über die jeweils damals ihnen bekannte Welt zu erobern. Im Gegenteil, statt die Barbaren außerhalb seiner Grenzen zu besiegen und dem Reich einzuverleiben, war China hauptsächlich damit beschäftigt, das Volk zu einen und die Barbaren draußen zu halten, wovon viele Teile der Großen Mauer noch heute zeugen. Das mächtige Reich überdauerte Jahrtausende bis zur Qing-Dynastie. Dann plötzlich war mit dem sogenannten Ersten Opiumkrieg die glorreiche Geschichte des Landes zu Ende.
Bevor wir fortfahren hier zwei kurze Testfragen zur Geschichte der Opiumkriege:
- Wer waren die Opium-Schmuggler und Dealer? Die Chinesen oder die Briten und Amerikaner?
- Ging es bei den Opiumkriegen um den Freihandel oder vor allem um den freien Verkauf der gefährlichen Droge?
Während des Ersten Opiumkrieges stand das alte Kulturreich China zum ersten Mal den aus dem Westen gekommenen, starken militärischen Kräften aus Eisen und Stahl gegenüber. Gegen die modernen Kanonen und Gewehre hatten die Chinesen damals keine Chance.
Das Resultat der vernichtenden Niederlage war, dass die Briten die Qing-Regierung gezwungen haben, einen Vertrag zu unterschreiben, der den chinesischen Markt insbesondere für den Opiumverkauf aufbrach. Das Opium wurde vor allem in der britischen Kolonie Indien, die damals auch das heutige Pakistan umfasste, hergestellt und von dort nach Ostasien, aber auch nach Europa und in die USA exportiert, wo es als "Laudanum", das Wunderheilmittel gegen alle Beschwerden, verkauft wurde.
Nur auf dem größten und damals reichsten asiatischen Markt – in China – war der Import und der Genuss von Opium strikt verboten. Zugleich besaß China viele Güter, die im Westen begehrt waren, zum Beispiel Seide, während die Chinesen keinen Gefallen an westlichen Gütern zeigten.
Die damals vornehmlich britischen Händler mussten zähneknirschend einen einseitigen Handel führen und chinesische Produkte in Silber zahlen, der harten Währung jener Zeit, während die Chinesen von ihnen nichts kauften, bis einige clevere britische Gauner auf die Idee kamen, Opium gegen Bezahlung in Silber nach China zu schmuggeln. Das wurde im Handumdrehen zu einem Bombengeschäft für die britischen Drogendealer, während zunächst in den chinesischen Hafenstädten die Opiumsucht schnell zu einer die lokale Gesellschaft zerstörenden Seuche wurde.
Verständlicherweise war die chinesische Regierung über diese Entwicklung alles andere als glücklich. Die damalige Qing-Regierung versuchte, das Opium zu verbieten. Aber es wurde weiterhin in ganzen Schiffsladungen von britischen Händlern eingeschmuggelt.
Schließlich waren die Chinesen am Ende ihrer Geduld und Polizei und Militär zerstörten einige Ladungen britischen Opiums, indem sie Ballen in die Häfen warfen. Infolgedessen kam es zum ersten "Opiumkrieg", und die Qing-Regierung wurde unter vorgehaltenen britischen Bajonetten gezwungen, den britischen Opiumschmugglern 21 Millionen Silbertael (eine 1 Tael = 37,301 Gramm) als Entschädigung für die zerstörten Drogen zu zahlen.
"Gentleman" und Drogenhändler
Ja, China war das von Drogenhändlern überfallene Opfer, das dann mit vorgehaltenem Revolver gezwungen wurde, den Kriminellen eine riesige Entschädigung zu zahlen! Dann folgte der Vertrag von Nanking, bei dem China wiederum unter militärischem Zwang keine andere Wahl hatte, als zuzustimmen und die Insel Hongkong als Kolonie an Großbritannien abzutreten.
Die gigantischen Reichtümer, welche die britischen "Gentlemen" mit dem Opiumschmuggel nach China machten, zogen natürlich weitere Hyänen an, zuerst vor allem aus Frankreich und aus den USA. Von 1856 bis 1860 wütete dann der Zweite Opiumkrieg.
Diesmal schlossen sich Frankreich und die USA den britischen Räubern an. Sogar die chinesische Hauptstadt Peking ging verloren. Der von den Chinesen wegen seiner außerordentlichen Schönheit geliebte und in Gedichten besungene Sommerpalast wurde auf Befehl des britischen Militärkommandanten absichtlich gebrandschatzt und bis auf die Grundmauern verwüstet, um den Chinesen zu zeigen, wer jetzt der Herr in ihrem Haus war. Der chinesische Kaiser floh. Und natürlich wurden weitere Verträge unterzeichnet (Vertrag von Tianjin und die Pekinger Konvention).
Weitere chinesische Märkte mussten für Westwaren geöffnet werden. Acht Millionen Tael Silber mussten an die Räuber Großbritannien und Frankreich gezahlt werden – als Entschädigung für die verbrauchte Munition. Auch das zaristische Russland wollte ein Stück vom Kuchen haben und begann, chinesische Gebiete zu erobern, während sich die Briten die Halbinsel Kowloon gegenüber von Hongkong aneigneten.
Dann, im Jahre 1894, kam es zum Ersten Japanisch-Chinesischen Krieg, auch bekannt als Jiawu-Krieg nach dem "Jahr des Holz-Pferdes". Fast die gesamte Marine Chinas wurde zerstört, die Insel Taiwan (Formosa) musste an Japan abgetreten werden, 200 Millionen Tael Silber mussten als Kriegsreparationen an Japan gezahlt werden, also an die Aggressor-Nation.
Andere westliche Länder wollten weitere Stücke von der Beute. Nach dem Jiawu-Krieg eignete sich das deutsche Kaiserreich einen Teil der Halbinsel Shandong an, Frankreich die Region um Guangzhouwan und Großbritannien auch noch die sogenannten "New Territories" im Hinterland von Hongkong.
Vom "Boxer-Aufstand" zum Zusammenbruch des chinesischen Kaiserreichs
Im Jahr 1900 folgte dann der Aufstand der patriotischen Freiheitbewegung mit dem Namen "Rechtschaffene Bewegung für Harmonie", die von den Kolonialisten wegen ihrer Tai Chi-Übungen "Boxer" genannt wurden. Um den Aufstand mit aller Härte niederzuschlagen, marschierte die berüchtigte Acht-Nationen-Allianz in China ein, bestehend aus Japan, Russland, Großbritannien, Frankreich, den Vereinigten Staaten, Deutschland, Italien und Österreich-Ungarn.
Ja, wenn man Österreich-Ungarn weglässt, sind das heute gerade genau die G7-Länder: Dieselben Räuber, die jetzt wieder China bedrängen und es in die "regelbasierte internationale Ordnung" zwingen wollen.
Nach der brutalen Niederschlagung des Boxeraufstandes gab es einen weiteren Vertrag, mit dem China ausgeraubt wurde. Wieder musste eine Entschädigung – diesmal von 450 Millionen Tael Feinsilber (rund 18.000 Tonnen) – gezahlt werden. Zugleich musste China weitere Elemente seiner nationalen Souveränität abgetreten, und auch der chinesische Markt wurde diesmal vollkommen geöffnet. China war endgültig zu Kolonie geworden. Und es war vollkommen machtlos.
Im Westen wird der Massenmord der imperialistischen Acht-Nationen-Allianz an der chinesischen Bevölkerung während des Boxeraufstandes mit solchen abscheulichen "Klassiker-Filmen" wie dem Hollywood Helden-Epos "55 Tage in Peking" auch heute noch gefeiert. Die imperialistischen Verbrecher sind die Retter und die chinesischen Patrioten sind die barbarischen Terroristen. Das ist heute noch fester Bestandteil westlich-imperialistischer Geschichtsschreibung.
Anfang des 20. Jahrhunderts wuchsen die Bestrebungen in bereits westlich sozialisierten Intellektuellenschichten in den kolonialisierten Gebieten wie zum Beispiel in Hongkong, Kanton und Shanghai, dem Kaiserreich ein Ende zu bereiten und die Qing-Dynastie zu stürzen. Diese Pläne wurden von starken Kräften aus dem Ausland unterstützt.
Der Zusammenbruch des chinesischen Kaiserreiches erfolgte 1911 im Zuge der sogenannten Xinhai-Revolution. Am 1. Januar 1912 wurde die Republik China ausgerufen und der nationalistische Reformer Sun Yat-sen machte sich mit US-amerikanischer Unterstützung zum Interimspräsidenten. Die gleichzeitig in Kraft getretene Provisorische Verfassung Chinas erklärte das Land zu einer Republik nach US-amerikanischem Muster.
Aber die Geschichte des chinesischen Elends, des Hungers, der kolonialen Unterdrückung und Fremdherrschaft war damit nicht vorbei. Sie setzte sich auch nach dem Ersten Weltkrieg fort, obwohl China auf der Seite der alliierten "Triple Entente" (Frankreich, England, Russland) pro forma in den Krieg eingetreten war. Aber im Versailler Vertrag wurde Deutschlands Kolonie von Shandong nicht dem rechtmäßigen Eigentümer China zurückgegeben, sondern an Japan übertragen.
Wie nicht anders zu erwarten, konnte sich vor dem Hintergrund kolonialer Ränkespiele auch Sun Yat-sen nicht lange an der Macht halten, und im Jahr 1916 zerfiel die Republik China vollkommen in mehrere, regionale Herrschaftsbereiche, die dann von verschiedenen blutrünstigen Kriegsherren regiert wurden.
Hinter den Kulissen förderten die imperialistischen Mächte mit viel Geld die Dezentralisierung Chinas und verstärkten somit weiter die Uneinigkeit im Land. Ein typisches Beispiel der Teile-und-Herrsche-Strategie. Um eine nationale Einheit zu verhindern, unterstützten die Imperialisten ab 1919 sogar verstärkt verschiedene Fraktionen und Warlords mit Geld und Waffen. Dabei wechselten sie wiederholt die Allianzen, forcierten gezielt Umstürze und initiierten eine Reihe von regionalen Bürgerkriegen.
Der Zweite Weltkrieg und die US-Unterstützung für die "Kuomintang"
Dann kam der Zweite Weltkrieg, und für die Chinesen bedeutete das den Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg. Die Japaner drangen über die Mandschurei in China ein und stießen weiter nach Süden vor. Es dauerte nicht lange, bis die Japaner in Nanjing, der damaligen Hauptstadt Chinas, einmarschiert waren.
Was dort und im Rest Chinas während dieser Zeit einer extrem grausamen japanischen Besatzung geschah, wird von nicht wenigen Historikern als Völkermord bezeichnet. In den von Japanern besetzten Gebieten lebten die Chinesen schlimmer als römische Sklaven, denn oft genügte schon ein schiefer Blick, um sein Leben durch ein japanisches Schwert oder eine Kugel zu verlieren. China war endgültig zu einem Land der Dritten Welt geworden.
Während des zweiten Weltkriegs und der nachfolgenden vier Jahre des Bürgerkriegs zwischen der von Mao geführten Volksbefreiungsarmee und der nationalistischen Armee Chiang Kai-sheks sah es schon so aus, als wäre das Ende der chinesischen Zivilisation gekommen. Chinesische Historiker schätzen, dass diese Zeit noch blutiger und grausamer war als alles Elend zuvor, das die chinesische Bevölkerung bereits in diesem Jahrhundert der Erniedrigung erlebt hatte.
Nach unzähligen Misserfolgen und Rückschlägen gelang es schließlich der Volksbefreiungsarmee unter Führung von Mao, die von den USA unterstützte nationalistische "Kuomintang"-Armee in die Flucht zu schlagen, obwohl diese von Washington massiv finanziell und mit Waffen aller Art unterstützt worden war, selbst mit Kampfflugzeugen. Die Marionetten der westlichen Imperialisten flohen gemeinsam mit Chiang Kai-sheks Armee auf die chinesische Insel Taiwan.
Unter dem Schutz von US-Kriegsschiffen konnten sie sich dort bis heute verschanzen und mit ausländischen Geldern und sonstiger Hilfe gelang es ihnen, einen eigenen florierenden Staat aufbauen. Aber die Tatsache, dass Taiwan ohne Wenn und Aber völkerrechtlich ein Teil der Volksrepublik Chinas ist, wenn auch momentan mit einem anderen Regierungssystem, wurde selbst von der US-Regierung samt US-Kongress unter Präsident Richard Nixon anerkannt. Für Peking tritt der Kriegsfall dann ein, falls Taiwan sich von China lossagt und sich zum unabhängigen Staat macht. In dem Fall will Peking die Wiedervereinigung mit Taiwan mit Gewalt erzwingen.
Der Aufstieg der Volksrepublik China
Am 1. Oktober 1949 hielt Mao seine berühmte Rede auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Beijing und verkündete die Gründung der Volksrepublik China. Aber China war noch immer gespalten und arm, und die Narben des Jahrhunderts der Demütigung waren noch frisch.
In einer ungeheuren Kraftanstrengung, angeführt von der KP-Chinas, ist dann China von einem bettelarmen, zerstörten und zersetzten Land der Dritten Welt in 70 Jahren zu einem modernen und reichen Staat geworden, in dem jedes Jahr zehn Mal mehr Ingenieure ihren Abschluss machen als im Westen. China ist heute ein Staat mit 1,4 Milliarden Einwohnern, in dem Analphabetismus und auch Hunger verschwunden sind und sogar eine breite, gebildete Mittelschicht von Hunderten von Millionen Menschen entstanden ist. Es ist auch ein Land, das heute über eine fortgeschrittene Militärmacht verfügt, die keinen Abgriff mehr fürchten muss.
Allerdings werden aktuell jedoch ausgerechnet von denselben imperialistischen Staaten, die China in ein Jahrhundert katastrophalen Elends gestürzt und gedemütigt hatten, Vorwürfe gegen die Volksrepublik China erhoben, wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang oder wegen der Gerichtsverfahren gegen die separatistischen, proamerikanischen gewalttätigen Unruhestifter in Hongkong.
Jüngst, am 14. Juli, parierte der Sprecher des chinesischen Außenministerium Zhao Lijian die westlichen Angriffe gegenüber ausländischen Medien mit den Worten:
"Ich habe noch nie etwas Lächerlicheres gehört, wenn die USA sagen, dass sie die Menschenrechte auf der ganzen Welt schützen und China des 'Völkermords' und der 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' in Xinjiang beschuldigen. Was füreinWitz!"
Und an anderer Stelle fügte er hinzu:
"Nur ein kurzer Blick zurück in das Jahrhundert der Erniedrigung lässt keinen Zweifel am moralischen Bankrott des Westens, keinen Zweifel an der grausamen Farce seines Bildes von Progressivismus, Egalitarismus, Gerechtigkeit und Humanismus."
Dieses bei uns weit verbreitete, scheinheilige Bild von dem guten, liberalen und humanistischen Westen wird von einer weltweiten zynischen und raffinierten Maschinerie der Massentäuschung aufrechterhalten. Es ist in der Tat eine bei den Massen fachmännisch produzierte Ignoranz, die die herrschenden Eliten vor dem wohlverdienten Zorn der öffentlichen Vergeltung durch das eigene Volk schützen soll. Aber mit dem Aufstieg Chinas und Russlands und ihrer wegweisenden und engen strategischen Partnerschaft ist ein Ende der kriminellen und menschenverachtenden Ära der scheinheiligen "regelbasierten internationalen Ordnung" des Westens endlich in Sicht.
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