von Rainer Rupp
Kurs auf China: Die Fregatte "Bayern" hat dieser Tage Kurs auf China genommen, ausgerechnet ins aktuelle militär-politische Hochspannungszentrum des Südchinesischen Meers. Dort soll das stolze deutsche Kriegsschiff gegen China "Flagge zeigen" an der Seite der Amerikaner, Briten und Franzosen und anderer NATO-Verbündeter, die sich bereits dort tummeln.
Damit hätten sich vor den Küsten Chinas wieder dieselben Raubtiere vereint, die während des Jahrhunderts der chinesischen Erniedrigung, China geknechtet und ausgeraubt, gemordet und gebrandschatzt haben. Dieses bis heute präsente, chinesische Trauma begann 1840 mit dem Opium-Krieg, in dessen Verlauf die zivilisierten, christlich-humanen Kolonialstaaten China mit unaussprechbarer Brutalität versklavten, um dann endlich im Jahr 1949 von der Volksbefreiungsarmee vertrieben zu werden. Dank der kolonialen Hilfe des Westes war die uralte Kulturnation China auf das Niveau eines zerrissenen, bettelarmen, chaotischen Landes der Dritten Welt zurückgefallen, in dem kaum noch jemand lesen und schreiben konnte.
Als die deutsche Fregatte vor ein paar Tagen am 2. August mit 230 Männern und Frauen an Bord von Wilhelmshaven in See stach, wurde sie von der deutschen "Verteidigungs"-Ministerin Kramp-Karrenbauer mit markigen Worten verabschiedet. Allerdings erwähnte die Dame nicht, dass die Verabschiedung der "Bayern" fast auf den Tag genau 121 Jahre nach der Verabschiedung des "deutschen Ostasiatischen Expeditionskorps" am 27. Juli 1900 vom gerade mal 25 Kilometer Luftlinie entfernten Bremerhaven stattfand. Auch damals war das Ziel China, mit dem von Seiner Kaiserlichen Majestät Wilhelm II höchst persönlich erteilten Auftrag, den Aufstand der patriotischen chinesischen Boxer-Freiheitsbewegung, die auch die im Süden der Shandong-Halbinsel an Chinas Ostküste gelegenen deutsche Kolonie erfasst hatte, mit äußerster Brutalität niederzuschlagen und auch vor Massakern nicht zurückzuschrecken.
Die verharmlosend als "Expeditionskorps" bezeichnete deutsche Killer-Truppe stand damals in Umfang und Barbarei bei der Vernichtung chinesischen Lebens dem Wüten der anderen westlichen Verbündeten gegen die Boxer und gegen die sie unterstützende Zivilbevölkerung in nichts nach. Dafür hatte schon die rassistische Hetzrede von Kaiser Wilhelm II bei der Verabschiedung der Truppe gesorgt, zu der er persönlich gekommen war. In seiner berüchtigten Hunnenrede über die "Gelbe Gefahr" forderte er z. B., dass Pardon nicht gegeben und keine Gefangenen gemacht werden dürften, wie dieser Auszug aus der Rede demonstriert:
"Kommt ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen lässt, so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, dass es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!"
Ministerin Kramp-Karrenbauers Abschiedsrede an die Mannschaft der "Bayern" konnte natürlich nicht mit der von Kaiser Wilhelm II konkurrieren, denn wir leben ja heute in einem "zivilisierten" Land. Aber die Motivation, die sich hinter der Entsendung der "Bayern" verbirgt, gleicht der von 1900: nämlich gemeinsam mit den anderen Raubtieren der westlichen "Wertegemeinschaft" China daran zu hindern, sich nicht von der von Washington formulierten Zwangsjacke der "regelbasierten internationalen Ordnung" zu befreien, von der auch die deutschen Eliten und ihre politischen und medialen Wasserträger kräftig profitieren.
Hier folgen einige Auszüge aus der Verabschiedungsrede der Ministerin:
"Es ist gut, über unsere Werte zu reden, noch besser ist es, konkret etwas dafür zu tun. Heute läuft die Fregatte 'Bayern' in Richtung Indo-Pazifik aus – ein Zeichen für Stabilität, Wohlstand und eine regelbasierte, multilaterale Ordnung."
"Wir wollen, dass bestehendes Recht respektiert wird, Seewege uneingeschränkt befahrbar sind, offene Gesellschaften geschützt werden und der Handel zu fairen Regeln erfolgt."
"Gemeinsam mit unseren Wertepartnern in der Region zeigt Deutschland mit der Fregatte 'Bayern' Präsenz im Indo-Pazifik und setzt ein Zeichen der Solidarität."
Alle selbsternannten deutschen "Qualitätsmedien" waren sich in der Bewertung der Indo-Pazifik-Mission der "Bayern" einig, dass damit Deutschland gegen China Flagge zeigen soll. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer treibt diese Anti-China-Politik mit Seitenblick nach Washington mit besonders großem Eifer voran. Bereits in ihrer ersten Grundsatzrede im November 2019 an der Bundeswehr-Universität in München hatte sie die Notwendigkeit für eine deutsche Präsenz im Indo-Pazifik unterstrichen. Das sollte ein Zeichen im Einsatz "für geltendes internationales Recht, für unversehrtes Territorium, für freie Schifffahrt" sein, so Kramp-Karrenbauer.
Mit dieser Behauptung hatte Kramp-Karrenbauer eine Bedrohung an die Wand gemalt, die für die Freiheit der Schifffahrt in der Region überhaupt nicht existiert. Denn China behindert überhaupt nicht den Schiffverkehr in den internationalen anerkannten See-Straßen im Südchinesischen oder im Ostchinesischen Meer, nicht einmal für westliche Kriegsschiffe. Nur wenn westliche Kriegsschiffe dort in die 12-Meilen-Zone um die von China beanspruchten Inseln eindringen, dann regiert Peking empfindlich.
Der politisch schwierigste Teil der halbjährigen Reise durch das Mittelmeer, vorbei am Horn von Afrika in den Indischen Ozean bis nach Australien und weiter ins Südchinesische Meer vor die Küste Chinas, wird darin bestehen, wie der Chinesische Drache auf das Fiepsen der deutschen Maus reagieren wird, die in seinem Vorgarten eingedrungen ist, um ihm klarzumachen, dass das – angebliche – "Vormachtstreben Chinas nicht tatenlos hingenommen wird".
Wäre es jedoch nach dem Willen der Bundesverteidigungsministerin gegangen, dann wäre die Botschaft der Tausende von Kilometer von zu Hause schwimmenden deutschen Maus an China noch viel deutlicher und konfrontativer ausgefallen. Das behauptet zumindest die neue Online-Zeitschrift Pioneer. Laut eigenen Recherchen habe "Kramp-Karrenbauer sich mit zwei robusten Wünschen gegenüber dem Kanzleramt und dem Auswärtigen Amt nicht durchsetzen" können. So soll:
- Anders als von der Ministerin gewünscht, wird die "Bayern" nicht die Taiwanstraße passieren und
- eine gemeinsame Aktion mit einem britischen Flottenverband, der auf dem Weg ins Südchinesische Meer ist, soll auch nicht stattfinden.
Weiter berichtete Pioneer, dass das Kanzleramt sich um die guten Wirtschaftsbeziehungen zu China sorge und verhindern wollte, dass die Fahrt der Fregatte als "Anti-China-Mission" erscheint. Und im SPD-geführten Außenministerium habe man wiederum Wert auf den "inklusiven Charakter" der Reise gelegt. So habe man mit Peking seit geraumer Zeit die Möglichkeit eines Hafenbesuchs der "Bayern" in Shanghai ins Gespräch gebracht, aber Peking habe anscheinend keinerlei Anstalten gemacht, die "Bayern" willkommen zu heißen.
Wie Peking die Mission der "Bayern" sieht, dürfte klar sein. Dafür braucht man nur die Stellungnahmen der Ministerin Kramp-Karrenbauer zu lesen. Es soll im vorauseilenden Gehorsam Washington signalisieren, dass Deutschland seinen Beitrag zur US-geführten Konfrontation mit China leisten will. Ob das auch so bei den Amerikanern ankommt, ist eine andere Frage, zumal man auch in Washington weiß, wie gespalten die Bundesregierung in diesem Punkt ist.
So hatte sich nach Medienberichten der Koalitionspartner anfangs skeptisch gezeigt, was die "Bayern"-Mission angeht. Fraktionschef Rolf Mützenich, außenpolitischer Experte der Partei mit friedenspolitischem Profil, warf der Ministerin vor, einen Paradigmenwechsel voranzutreiben. Ihre Idee eines deutschen Engagements im Indopazifik erinnere ihn an das wilhelminische Weltbild eines "Platzes an der Sonne", erklärte er. "Wenn die Verteidigungsministerin einer militärischen Eindämmungsstrategie gegen China das Wort redet, geht mir das entschieden zu weit."
Aber wie nicht anders zu erwarten, scheint Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) auch in der Indo-Pazifik-Politik zwischen den Stühlen zu sitzen. Zur Verabschiedung der "Bayern" sagte er, in der Region des Indo-Pazifiks werde sich die Ausgestaltung der internationalen Ordnung der Zukunft entscheiden und pochte dann auf deutsches Mitspracherecht. Die Marschrichtung ist klar. Gemeinsam mit den Amerikanern und den anderen neo-liberalen westlichen Raubtieren will auch Maas China von dieser Ausgestaltung der internationalen Ordnung fernhalten. Nichts anderes bedeutet es, wenn Maas sagt: "Wir wollen diese mitgestalten und Verantwortung übernehmen für den Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung." Wir alle wissen inzwischen, was für ein Ausbeutersystem sich hinter der US-geführten, "regelbasierten internationalen Ordnung" verbirgt.
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