von Rainer Rupp
Falls Präsident Donald Trump die Wiederwahl schafft, wird sich in der US-amerikanischen militärischen und wirtschaftlichen Außenpolitik nicht viel ändern; zum Entsetzen der mächtigen neoliberalen Finanzeliten und ihrer politischen und medialen Wasserträger in europäischen und anderen US-Vasallenstaaten. Diese parasitäre Klasse hatte ihre Hoffnungen auf den Kandidaten der Demokratischen Partei Joe Biden gesetzt. Denn Biden bzw. seine Berater und politischen Kräfte, die hinter ihm stehen, hatten den Vasallen versprochen, die transatlantischen Beziehungen wieder zu heilen, die Trump schon direkt nach seinem Amtsantritt so brutal zertrampelt hatte.
Als "Zerstörer" der angeblich so bewährten "liberalen Ordnung" war er in allen westlichen Staaten, vor allem aber in Deutschland, auch von Kanzlerin Merkel, beschimpft worden, nachdem er sang- und klanglos das bereits weit gediehene, kurz vor der Unterzeichnung stehende Lieblingsprojekt des transnationalen Eliten, nämlich TTIP, kassierte und in der Versenkung verschwinden ließ.
TTIP steht für die "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft", die der Bevölkerung als harmloses Freihandels- und Investitionsschutzabkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen der Europäischen Union und den USA verkauft werden sollte. Tatsächlich aber wäre durch TTIP unter anderem die Gerichtsbarkeit über Konflikte zwischen den Interessen der transnationalen Großkonzerne und den nationalen, vom Parlament beschlossen Gesetzen, von staatlichen Gerichten an private "Experten"-Gerichte übertragen worden, die von den Großkonzernen eingerichtet worden wären.
TTIP war nichts anderes als ein Putschversuch der globalisierten Eliten, um in Wirtschafts- und Handelsfragen die nationalen Parlamente zu entmachten und Konflikte zwischen Unternehmen und dem Staat mit eigenen Privatgerichten beizulegen, natürlich auf Kosten der Steuerzahler, zu denen die Eliten in der Regel nicht gehören.
Kein "vernünftiger Mensch" könne gegen TTIP sein, tönten damals auch in Deutschland die Vertreter der Eliten, die ihre Schäfchen bereits im Trockenen wähnten. Auch die Demonstrationen gegen TTIP, die mit 250.000 Teilnehmern zu den größten in unserem Land gehörten, konnten die Eliten und die ihnen unterstellte Merkel-Regierung nicht zum Umdenken verleiten. Aber dann wurde Trump zum US-Präsidenten gewählt, und wenige Wochen nach seinem Amtsantritt war TTIP vom Tisch. Dafür hätte die deutsche Bevölkerung Präsident Trump echt dankbar sein müssen und über manche seiner Charakterfehler hinwegsehen können. Stattdessen haben die meisten brav die Diffamierung Trumps durch die medialen Sprachrohre der Eliten aufgesogen und bis heute nachgeplappert.
Wenn Biden gewählt würde, könnte man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass die globalen Eliten die Sache mit TTIP wieder neu auftischen und einen zweiten Versuch starten werden, um damit die demokratischen Strukturen in unseren Ländern zu entmachten. Vor wenigen Tagen hat der Laufbursche der deutschen Sektion der TTIP-Eliten, Bundesaußenminister Heiko Maas, in einem Interview am 1.11.2020 mit dem Tagesspiegel am Sonntag bereits in groben Zügen umrissen, dass er nach den US-Präsidentschaftswahlen am 3. November eine neue gemeinsame Basis der Verständigung zwischen Deutschland und den USA schaffen will:
Wir werden schnell nach der Wahl mit Vorschlägen auf Washington zugehen – und einen transatlantischen 'New Deal' vorschlagen.
Nötig sei ein neues gemeinsames Verständnis von den globalen "Spielregeln", vor allem "im Handel". Man kann davon ausgehen, dass sich Maas mit seiner Ouvertüre sicherlich nicht an Trump, sondern an Biden als neuer Mann im Oval Office wenden wollte.
Überhaupt hoffen die deutschen Eliten, dass sie unter einem Präsidenten Biden wieder besseren Zugang zu den Futtertrögen des korrupten US-Finanzsystem haben, wovon ihr Profit und Prestige weitgehend abhängen. Trump wollte nie Teil dieser neoliberal-globalisierten Eliten sein, die die Interessen ihrer heimischen Bevölkerung ignorierten und zwecks ihrer persönlichen Profitmaximierung Millionen von heimischen Arbeitsplätze samt wichtiger Technologien und Know-how in Billiglohnländer exportierten.
Bereits im Wahlkampf 2016 hatte Trump diese Eliten für Arbeitslosigkeit, Armut und Verwahrlosung in weiten Industrielandschaften der USA verantwortlich gemacht und gelobt, Arbeitsplätze wieder zurück in die USA zu holen. Und damit hatte er in den letzten vier Jahren bereits beachtliche Erfolge, obwohl das von "Experten" für unmöglich gehalten worden war. Aber mit Zöllen, Einfuhrbeschränkungen und diplomatischem Gepolter hat Trump es dennoch möglich gemacht, die neoliberale Globalisierung zu stoppen und teilweise zurückzudrehen. Zusätzlich wurde diese Entwicklung durch Corona und die dadurch verursachten Unterbrechungen der globalen Lieferketten weiter beschleunigt.
Seine Erfolge, für die ihm vor allem die arbeitenden US-amerikanischen Malocher aller Hautfarben dankbar sind, haben die global operierenden Eliten im In- und Ausland oft zur Weißglut gebracht. Immer wieder beschuldigten sie Trump, dass "seine enge Weltsicht", sein angeblich "unberechenbarer Führungsstil", sein "America First", seine "Verachtung für Verbündete", seine "Vorliebe für Diktatoren" den Beziehungen der Vereinigten Staaten zum Rest der Welt nachhaltig geschadet hätten.
Der absolute Albtraum dieser Eliten sind vier weitere Jahre mit Trump im Weißen Haus, zumal sie ihre Munition, um Trump kleinzuhalten oder womöglich aus dem Amt zu jagen, wie z.B. das Steele-Dossier und die Russiagate-Kampagne oder das Amtsenthebungsverfahren, verschossen haben.
Diese Versuche, Trump wegzuputschen, waren nicht nur alle wirkungslos geblieben, sondern inzwischen ist bewiesen, und das hat auch die Öffentlichkeit begriffen, dass es sich dabei um frei erfundene Konstrukte gehandelt hat. Dabei hatte die Führung der Demokratischen Partei insgeheim mit den von Barack Obama eingesetzten Chefs der Geheimdienste, vor allem des FBI und der CIA und auch des Justizministeriums, zusammengearbeitet und sich den Ball gegenseitig zugespielt. Ziel war es, Trump zu stürzen oder ihn zumindest in wichtigen außenpolitischen Feldern, wie z.B. den von ihm angestrebten guten Beziehungen zu Russland, handlungsunfähig zu machen. Das hat nicht geklappt.
Deshalb wird sich im Fall der Wiederwahl von Präsident Trump in den nächsten vier Jahren an der Richtung der US-Außenpolitik nicht viel ändern. Allerdings wird er ohne die oben beschriebenen schweren Fußfesseln handeln können. Das heißt, es würde den Medien und der Opposition samt dem sogenannten Tiefen Staat in den Geheimdiensten viel schwerer fallen als während der letzten vier Jahre, Trump als russischen Agenten hinzustellen, wenn er den Ausgleich mit Moskau sucht. Oder wenn Trump den Abzug aller US-Truppen aus Syrien befiehlt, was er bereits zweimal in aller Öffentlichkeit getan hat, wird das Pentagon viel größere Probleme haben, diesen Befehl wieder zu verweigern.
In der Vergangenheit hat das Pentagon auf Zeit gespielt und mithilfe der Demokraten und deren Medien das Narrativ verbreitet, allein Russland würde von einem solchen Rückzug aus Syrien profitieren. Auch die Mär, dass Trump wahrscheinlich von Moskau mit "Kompromat" zu diesem Schritt erpresst werde, wurde in die Welt gesetzt. Dieser hinterhältige Trick der Gegner der Trumpschen Außenpolitik dürfte in Zukunft keine Wirkung mehr zeigen.
Die neoliberalen US-Eliten und ihre Vasallen in Europa sehen daher in vier weiteren Trump-Jahren schwerwiegende Folgen für ihre globalen Pläne. In ihrem Flaggschiffmedium, der Zweimonatszeitschrift Foreign Affairs (Außenpolitik), sieht der Autor Eliot Cohen "Das Ende der amerikanischen Macht", wenn Trump wiedergewählt wird. Der Artikel ist ein Beispiel für die Überheblichkeit, Scheinheiligkeit und doppelte Moral, die so typisch ist – nicht nur für die herrschenden US-Eliten. Wörtlich heißt es:
Das (die Wiederwahl Trumps) würde anderen signalisieren, dass Washington sowohl seine Bestrebungen nach globaler Führung als auch jegliche Vorstellung von moralischer Zielsetzung auf der internationalen Bühne aufgegeben hat. Es würde eine Periode der UNOrdnung und scharfer Konflikte einleiten, da die Länder das Gesetz des Dschungels anwendeten und sich selbst zu wehren versuchten. Und eine zweite Amtszeit Trumps würde bestätigen, was viele zu fürchten begonnen haben: dass die glänzende Stadt auf dem Hügel trübe geworden ist und dass die amerikanische Macht der Vergangenheit angehört. (Die "glänzende Stadt auf dem Hügel" ist eine biblische Parabel, im modernen Kontext der US-Politik steht sie für die "USA als Leuchtturm der Freiheit und Hoffnung".)
Trumps erste Amtszeit liefert einen Leitfaden für das, was in der zweiten wahrscheinlich folgen würde. Unter seiner Führung haben sich die Vereinigten Staaten von einigen wichtigen internationalen Verpflichtungen, einschließlich des Pariser Klimaabkommens, distanziert und ihre Beziehungen zu den NATO-Verbündeten abgekühlt. Unter Trump haben die USA einen Kurs der Konfrontation mit China eingeschlagen und eine inkohärente Politik gegenüber Russland verfolgt: Trump will gute Beziehungen zu Moskau, aber seine Absichten wurden konterkariert durch eine tief verwurzelte Feindseligkeit des Kongresses und der Regierungsbürokratie (Tiefer Staat) gegenüber Russland. Diesbezüglich wird Trump in seiner zweiten Amtszeit zwar größere Handlungsspielräume haben, aber die Feindseligkeit seiner Regierungsbürokratie, die die Politik eines jeden Präsidenten unterlaufen und torpedieren kann, wird so leicht nicht aus der Welt zu schaffen sein. Denn eines kann Trump nicht tun, nämlich die Leute feuern, die in seiner Regierung den Tiefen Staat ausmachen.
Trump hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt z.B. in Außenministerium viele Abteilungen, die er für unwichtig befand, stillgelegt und in anderen Büros offene Stellen nicht mehr besetzt. Hunderte von Stellen im Außenamt sind bis heute vakant. Zugleich konnte er viele Spitzenpositionen in der Außen- und Sicherheitspolitik nicht mit erfahrenen Leuten, die seine Politikvorstellungen teilten, besetzen, auch nicht mit Leuten aus der Republikanischen Partei, von denen die meisten keinem Präsidenten dienen wollten, den sie verabscheuen und verachten, zumal sie fürchten mussten, in der Zeit nach Trump keinen neuen Job zu finden.
So war die erste Amtszeit Trumps über weite Strecken von administrativer Inkompetenz geprägt, verstärkt durch großflächige Unterbesetzung wichtiger Abteilungen. Hinzu kam, dass in vielen Abteilungen etablierte Beamte eine Art passiver Widerstand gegen die Politik des neuen Präsidenten leisteten und das Räderwerk lähmten. So musste Trump feststellen, dass die Außenpolitik nicht einfach per Twitter-Nachrichten aus dem Weißen Haus gesteuert werden konnte.
Schließlich überließ Trump die Außenpolitik mehr und mehr den extremistischen Ideologen und Kriegstreibern wie Außenminister Mike Pompeo und seinem ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater John Bolton. Er griff nur noch persönlich ein, um die Falken im letzten Moment daran zu hindern, neue Kriege anzufangen, wie z.B. gegen Nordkorea oder Syrien, was ihm dann von seinen Gegnern in Politik und Medien in den USA und in Europa stets als "unpräsidial" angekreidet wurde. Denn ein richtiger US-Präsident muss stets bereits sein, für die globalen Eliten neue Kriege zu führen, um der Welt Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und neoliberale Märkte zu bringen.
Wie und ob überhaupt Trump dieses Problem einer teils unterbesetzten, teils absichtlich inkompetenten und widerspenstigen Bürokratie in den Ministerien und Agenturen wie der CIA und Behörden wie dem FBI in seiner zweiten Amtsperiode in den Griff bekommt, steht in den Sternen. Aber ohne die oben erörterten Fußfesseln wird er sich wieder stärker direkt in die Problemkreise einmischen, die ihm besonders am Herzen liegen.
Was Europa betrifft, wären das NATO und EU, und bezüglich Deutschlands wird er sich besonders seinem Lieblingsthema widmen, dem enormen deutschen Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA. Dabei dürften Strafzölle für die deutsche Autoindustrie auf seiner Tagesordnung stehen. Zugleich können die deutschen Eliten, vorneweg Kanzlerin Merkel und ihre Regierung, nicht auf Trumps politisches Wohlwollen hoffen, denn in ihrer hochmütig-herablassenden Haltung haben sie bei jeder Gelegenheit über Trump gespottet und gestänkert, vor allem jetzt vor den Wahlen, bei denen sie fest auf Biden gesetzt haben. Und Trump hat das sehr genau zu Kenntnis genommen. Bei einer Wahlveranstaltung letzte Woche hat er Deutschland in eine Reihe mit dem Iran und China gestellt, denn alle drei wollten ihn "loswerden".
Wenn Trump also in seiner zweiten Amtszeit der deutschen Exportwirtschaft besondere Probleme macht, dann können sich die Geschädigten bei der einfach strohdummen Politik von Kanzlerin Merkel und ihren nicht weniger gescheiten SPD-Genossen bedanken. Auch auf politischem und diplomatischem Gebiet wird Trump sicherlich härtere Bandagen gegenüber Berlin anlegen. Da kann unser Außenministerchen Maas weiter von seinem "neuen transatlantischen 'New Deal'" mit den USA träumen, den er nach den Wahlen dem US-Präsidenten vorschlagen will.
Ähnlich sieht es mit NATO und EU aus. In beiden Organisationen herrschten Häme und Verachtung für Trump. Auch das ist Trump nicht verborgen geblieben. Auch die Verschiebung einer hochrangigen NATO-Konferenz, deren Termin angeblich aufgrund der Erwartung eines Biden-Sieges von einem Zeitpunkt vor der US-Wahlen auf die Zeit unmittelbar danach verschoben wurde, wird Trump nicht unbedingt für die NATO-Europäer einnehmen.
Der bereits erwähnte Foreign-Affairs-Autor Cohen wirft Trump vor, mit seiner Politik des "America First" eine naive und letztlich unhaltbare Form des Isolationismus zu verfolgen. Denn eine zweite Amtsperiode Trumps würde das Ende der US-Führungsmacht, das Ende des US-Exzeptionalismus und das Ende der vielen Kriege zur Ausbreitung der freien US-Marktwirtschaft bedeuten. Da kann man nur hoffen, dass Trump trotz aller Charakterfehler wiedergewählt wird.
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