von Pierre Lévy
Gäbe es eine Weltmeisterschaft in der Kunst, sich selbst ins Knie zu schießen, dann hätten bestimmte westliche Politiker zweifellos gute Chancen, einen Platz auf dem Siegerpodest zu erhalten.
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So verdiente bereits die (heute aufgegebene) Idee des Präsidenten der Italienischen Republik, einen ehemaligen Verantwortlichen des Internationalen Währungsfonds zum Regierungschef zu ernennen, nachdem bei den Wahlen jenseits der Alpen gegen die Sparpolitik gestimmt wurde, einen Glückwunsch; auch vor der Intervention des EU-Kommissars Oettinger, in der er erklärte, die Märkte würden die Italiener lehren, das Richtige zu wählen, kann man den Hut ziehen (er hat sich inzwischen entschuldigt); ohne natürlich den amerikanischen Präsidenten zu vergessen, der das Abkommen mit dem Iran einfach zerreißt und so (ein wenig) zur Erwärmung der Beziehungen zwischen Paris und Berlin auf der einen und Moskau auf der anderen Seite beiträgt und nebenbei die Erdölpreise zum Steigen bringt, wovon Russland profitiert.
Die – hoffentlich nur vorläufige – Siegestrophäe jedoch könnte sicherlich für die Leistung vergeben werden, die gerade der ukrainische Geheimdienst (SBU) vollbracht hat. Wie mittlerweile bekannt wurde, hat dieser sich eine feine Inszenierung einfallen lassen, um die ganze Welt glauben zu machen, dass der russische Journalist Arkadi Babtschenko, ein erklärter Gegner des Kreml mit Wohnsitz in der Ukraine, ermordet worden sei. Gemeint war damit selbstverständlich: vom russischen Geheimdienst.
Mit stolzgeschwellter Brust deckte der Chef des SBU den Schwindel selbst auf. In den sogenannten Mainstreammedien (zum Beispiel auf Arte), waren erste Reaktionen nach dem Motto "also gut, die Russen waren es nicht, aber das hätte doch sein können" zu vernehmen. Doch ach, dieser Tonfall war nicht lang zu halten, denn schnell galt die Affäre als vollkommen verantwortungslos.
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Kiew hat damit heftigen Widerstand provoziert, sowohl unter den internationalen Institutionen als auch unter den Journalisten, die es sehr übel nehmen, so zum Narren gehalten worden zu sein. Offiziell haben die ukrainischen Verantwortlichen verlauten lassen, dass damit ein wirkliches Komplott abgewendet und dessen, natürlich russische, Drahtzieher entlarvt werden sollten, doch dieser These haben selbst die Kiew freundlichst gesinnten Unterstützer keinen Glauben geschenkt. Letztere haben auch die Botschaft, die Präsident Poroschenko und seine Sicherheitsdienste damit unfreiwillig vermittelt haben, bedauert: In Sachen "Fake News" sind wir erste Klasse.
Das alles ist bekannt. Ein Detail wurde jedoch kaum kommentiert: Die inneren Sicherheitskräfte der Ukraine "genießen" die Unterstützung und Ausbildung durch eine permanente Mission, die von der Europäischen Union nach Kiew geschickt wurde und EUAM Ukraine genannt wird. Sie "berät" insbesondere den SBU.
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Also dürfte es zwei Möglichkeiten geben: Entweder haben sich die mittelmäßig begabten ukrainischen Gauner der (doch recht engen) Kontrolle ihrer Mentoren aus der EU entzogen, oder letztere waren eingeweiht und haben sie machen lassen (oder sogar ein bisschen geholfen). Auf jeden Fall muss die Kiewer Spionageabwehr ihre Trophäe mit den Paten aus Brüssel teilen.
Wohl zum großen Leidwesen von Donald Tusk, dem Präsidenten des Europarates. Als dieser Regierungschef in Polen war, zählte er nämlich zu den treuesten Unterstützern Kiews. Nach diesem Eklat muss Herr Tusk nun wahrscheinlich den bitteren Ausspruch wiederholen, den er kürzlich auf Donald Trump gemünzt von sich gab: "Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr."
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