"Thanks for leaving Germany!" – Richard Grenell und der US-Truppenabzug

Leo Ensel

Die Trump-Administration zieht gegenüber dem rüstungsfaulen Verbündeten in Mitteleuropa ab sofort andere Saiten auf: Der als Botschafter verkleidete US-Gouverneur in Deutschland droht mit Truppenabzug – und der Mainstream zittert. Wieso eigentlich?

von Leo Ensel

Normalerweise läuft es ja eher umgekehrt: Drohungen oder Befehle werden in der westlichen Welt seit Jahrzehnten nur noch in Watte verpackt serviert. "Thanks for no smoking!" bedeutet natürlich in klarer deutscher Prosa: "Rauchen verboten!" Der vorgebliche Dank ist in Wirklichkeit ein Befehl.

Dass aber auch das Gegenteil möglich ist, ein Versprechen nämlich als Drohung verkauft werden kann, diese Einsicht verdanken wir seit Freitagmorgen dem als Botschafter verkleideten US-Gouverneur in Deutschland, Richard Grenell. Der versprach nämlich für den Fall, dass das aufrüstungsfaule Deutschland seine Verteidigungsausgaben nicht schleunigst auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöhe, amerikanische Truppen aus Deutschland abzuziehen und ins willfährigere Polen zu verlegen.

Da der Skandal schon seit Längerem andauert und der deutsche Rüstungsanteil trotz wiederholter devoter Versprechen sich immer noch auf lumpige 1,36 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beschränkt, hat sich die Trump-Administration nun offenbar entschlossen, andere Saiten aufzuziehen. So tönte Grenell:

Es ist wirklich beleidigend, zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden.

Und der Mainstream erläuterte:

Die Bundesrepublik ist das Land, in dem die meisten US-Truppen in Europa stationiert sind: Insgesamt sind es 35.000 Soldaten. Hinzu kommen 17.000 amerikanische und 12.000 deutsche Zivilisten, die von den US-Truppen beschäftigt werden.

Dies ist, da Deutschland nach wie vor von Freunden umzingelt ist, in der Tat ein Skandal, aus dem es umgehend die Konsequenzen zu ziehen gilt: Die Amerikaner sollten dem guten Beispiel der Russen folgen, die ihre Truppen bekanntlich schon vor einem Vierteljahrhundert aus Deutschland abgezogen haben!

Der Charme des amerikanischen Versprechens besteht zudem darin, sowohl Deutschland als auch den USA Vorteile zu gewähren: Deutschlands Infrastruktur und Staatssäckel würden geschont – und die USA wären näher am prospektiven Schlachtfeld. Eine Win-Win-Situation also!

Mein Vorschlag zur Güte: Teilen wir den USA mit, wir sind einverstanden! Unter einer Bedingung: Wenn ihr eure Truppen abzieht, dann bitte zusammen mit den noch hier im rheinland-pfälzischen Büchel lagernden 20 Atomsprengköpfen! Und nehmt Eure Airbase in Ramstein gleich mit. Und last but not least: Eure Kommandozentrale in Stuttgart, das Hauptquartier in Wiesbaden und den Truppenübungsplatz in Grafenwöhr bitte auch noch schließen und besenrein übergeben.

Wenn schon, denn schon! Wir bestehen auf dem All-inclusive-Paket!

Oder, in Watte verpackt: "Thanks for leaving Germany!"

RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Mehr zum Thema - Abzug von US-Truppen aus Deutschland: Warum eigentlich nicht?