von Dr. Leo Ensel
Eigentlich hätte Arkadij Babtschenko als belesener Mann seine gestrige Pressekonferenz in Kiew mit einem Mark-Twain-Zitat eröffnen müssen: "Die Nachrichten von meinem Tod sind stark übertrieben." Jammerschade, dass er sich das hat entgehen lassen! Dies hätte seiner atemberaubend schnellen Auferstehung von den Toten – selbst Jesus hatte dafür immerhin drei Tage gebraucht! – auch noch eine humoristische Pointe hinzugefügt.
Wie dem auch sei, die spektakuläre vorgestrige Ermordung Babtschenkos bedeutet für das mediale Wettrüsten einen qualitativen Sprung: Von der Fake News zum Fake Fact! Und dieses Kunststück hat der ukrainische Geheimdienst SBU fertiggebracht. Kein Wunder, dass man sich in den westlichen Qualitätsmedien mittlerweile um das Ansehen der Ukraine sorgt.
Deshalb hier ein Vorschlag zur Güte: Natürlich steckt hinter der ganzen Affaire in Wirklichkeit – wer sonst? – mal wieder Russland!
Warum? Die bewährte Frage "Wem nützt es?" führt auch hier weiter.
Jedes Kind im Westen glaubt mittlerweile, dass Russland – siehe Giftanschlag auf Skripal, Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf, Grüne Männchen auf der Krim oder Cyberangriffe auf deutsche Regierungsnetze – chronisch lügt! Dem musste dringend und unwiderlegbar Einhalt geboten werden.
Was lag also für Putins FSB näher, als die alten KGB-Kontakte zu reaktivieren und den chronisch klammen ukrainischen SBU mit hohen Summen aus den Gasdevisen zu bestechen? Dieser wiederum versprach Babtschenko eine ungeahnte Popularität – der Rest ist bekannt!
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Und die Strategie Russlands, will sagen: des FSB, will sagen: Putins ging auf: Selbst die polnische Rzeczpospolita musste kleinlaut einräumen: "Die Russen haben nicht gelogen, als sie sagten, sie hätten Babtschenko nicht umgebracht. Er lebt."
Wieder mal also ein gelungener russischer Propagandacoup – und die ganze Welt fiel darauf rein! Weitere werden sicher folgen.
Dr. Leo Ensel ("Look at the other side!") ist Konfliktforscher und interkultureller Trainer mit Schwerpunkt "Postsowjetischer Raum und Mittel-/Ost-Europa". Autor einer Reihe von Studien über die wechselseitige Wahrnehmung von Russen und Deutschen. Im Neuen Ost-West-Konflikt gilt sein Hauptanliegen der Überwindung falscher Narrative, der Deeskalation und der Rekonstruktion des Vertrauens.
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