von Damian Wilson
Manchesters Oberster Polizist verbietet seinen Untergebenen die tugendhafte, "woke" Geste, sich aus Respekt vor den Forderungen der BLM-Bewegung hinzuknien oder Schnürsenkel in den Farben des Regenbogens zu tragen. Nein, das ist kein Rassismus oder Homophobie – es ist Professionalität. Die woke US-Geste, sich hinzuknien, mag sich durchgesetzt haben, aber der neue Chef von Englands zweitgrößter Polizeitruppe hat seinen Untergebenen diese Tugendsignale verboten, weil "die Öffentlichkeit es satthat und es vorziehen würde, wenn die Polizei stattdessen Verbrecher jagt".
Als ich sah, wie die englische Mannschaft vor Beginn des EM-Spiels gegen Kroatien pflichtbewusst auf die Knie ging, fragte ich mich, was ihre Gegner von dieser aus den USA importierten offen politischen Geste hielten. Fühlten sich die Kroaten in der Startelf plötzlich wie ein Haufen Rassisten? Oder waren sie es einfach leid, wegen eines Themas, für das sie keine starken Gefühle haben, aufgefordert zu werden, vor dem Altar der sozialen Tugend niederzuknien? Letzteres wäre nicht falsch – so ist die Welt nun mal. Nicht jeder verspürt den unwiderstehlichen Drang, ständig seine Sensibilität für soziale Gerechtigkeit zur Schau zu stellen – und niemand sollte für diese Entscheidung bloßgestellt werden.
Die Kroaten waren nicht die Einzigen, die sich der Geste verweigerten. Italien, Ungarn, Russland, Dänemark, Österreich, die Niederlande und andere entschieden sich, ihre persönliche Einstellung zum Thema im Mannschaftsbus zu lassen und vor ihren Spielen nicht auf die Knie zu gehen. Wie viele von uns sind sie in der Sache bestenfalls ambivalent und im schlimmsten Fall gelangweilt vom unerbittlichen Bombardement der aufgeklärten Krieger der sozialen Gerechtigkeit, die darauf bestehen, dass wir in jedem wachen Moment über Rassengleichheit nachdenken. Ob man ihren Anliegen zustimmt oder nicht, spielt keine Rolle – aber kann man nicht einfach mal eine Pause einlegen?
Die Ironie dabei ist, dass nach Jahren der Versuche, ein bisschen Klamauk im US-Stil in unsere Fußballspiele zu importieren, das Einzige, das sich auf dieser Seite des Atlantiks durchsetzen konnte, die politisch aufgeladene Geste des ehemaligen NFL-Spielers Colin Kaepernick war statt von Maskottchen, die dumm herumhüpfen, oder leicht bekleideten Mädchen, die einen choreografierten Tanz vorführen. Das ist seltsam, denn in Großbritannien gibt es mit Kick It Out bereits eine perfekte Anti-Rassismus-Kampagne.
Es sind nicht nur Sportler, die den US-Amerikanern nacheifern – sogar die Polizei hat ihre Bereitschaft gezeigt, die Sache zu unterstützen. Der neue Chef von Englands zweitgrößter Polizeitruppe hat jedoch signalisiert, dass er dies unter seinem Kommando nicht dulden wird. "Ich denke, wir haben eine Grenze überschritten", sagte Stephen Watson, der neu ernannte Polizeichef der Greater Manchester Police, einer britischen Zeitung bei seinem Amtsantritt.
"Die Öffentlichkeit hat die Nase voll davon, dass Polizisten Tugend signalisieren, und zöge es vor, die Polizei würde stattdessen Verbrecher jagen und einsperren."
Das ist nur allzu richtig. Auch wenn Straßenfeste und Karnevalsumzüge in diesem Sommer nicht stattfinden, werde ich jedenfalls keine Bilder von Polizisten im Dienst vermissen, die mit betrunkenen Nachtschwärmern tanzen, Hüte und Küsschen austauschen und sich unter die Partymeute mischen – alles im Glauben, dies sei eine brillante Image-Strategie oder effektive Bürgernähe. Ist es nicht. Und es ist nicht das, was die meisten Leute von der Polizei erwarten. Watson stimmt dem zu.
"Ich glaube nicht, dass Dinge wie Hinknien und damit zeigen, dass man als Beamter die Meinung der Demonstranten teilt, bei deren Demo man für Ordnung sorgen muss, mit den Standards vereinbar sind, die von der Allgemeinheit von ihrer Polizei erwartet werden. Es wird also keine Polizeibeamten bei der Greater Manchester Police geben, die während der Demos, die sie begleiten und überwachen sollen, niederknien, und es wird keine Schulterklappen und Schnürsenkel in den Farben des Regenbogens geben", sagte der Polizeichef.
Watson befürwortet in keiner Weise Rassismus oder Homophobie. Er ist ein Profi, der die Politik beiseiteschiebt und versucht, den Ruf seiner Truppe zu verbessern, die immer noch versucht, sich von einem vernichtenden Bericht des Inspektors Ihrer Majestät für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste zu erholen, der enthüllte, dass die Greater Manchester Police es innerhalb eines Jahres versäumt hatte, 80.000 Verbrechen korrekt zu dokumentieren. Der neue Chef hat also noch ein gutes Stück Arbeit vor sich. Und in einer bewundernswert geschäftsmäßigen Herangehensweise dient er sich nicht der woken Orthodoxie an. Denn sich dieser oder ihren Anhängern an den Hals zu werfen, wird einem irgendwann einfach im Weg stehen, genau wie in so vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens.
Vielleicht, nur vielleicht, ist dies der Anfang von etwas.
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Übersetzt aus dem Englischen. Damian Wilson ist ein britischer Journalist, ehemaliger Herausgeber in der Fleet Street, Berater der Finanzbranche und Sonderberater für politische Kommunikation in Großbritannien sowie der EU.
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