von Christian Kreiß
Wir hatten ursprünglich nur fünf Wochen geplant und dann zweimal, bis Anfang April, verlängert. Grund dafür waren zum einen die bedrückenden Nachrichten aus Deutschland. Dort wurde der Lockdown entgegen den anfänglichen Ankündigungen und Versprechungen von Monat zu Monat verlängert und immer schlimmer. Im Gegensatz dazu gab und gibt es in Costa Rica einen recht freiheitlichen, lockeren Umgang mit Corona.
Abgesehen von einigen mehrtägigen, weiten Ausflügen ins Landesinnere verbrachten wir praktisch die ganze Zeit in einem spirituellen Zentrum an der nördlichen Pazifikküste von Costa Rica. Dorthin hatte es uns nicht aus weltanschaulichen Gründen verschlagen, sondern weil es die einzige englischsprachige Schule war, die bereit war, unsere Kinder für kurze Zeit aufzunehmen.
Letztlich verbrachten sie in der kleinen, waldorf-inspirierten Schule über zwölf Wochen. Die Schule war während der ganzen Corona-Zeit nie geschlossen. Keiner trägt dort Masken, und es gibt keine Abstandsregeln. Der Unterricht findet in kleinen Gruppe statt, und häufig sind die Kinder draußen, um Sachen zu bauen oder die Pflanzen und Tiere anzusehen.
Die Kinder und Jugendlichen waren nach der Schule normalerweise draußen spielen, auf Bäume klettern, in einen Weiher springen, Wasseräpfel pflücken, Schwimmen, Surfen, Fangen oder Verstecken spielen usw. Außer der "Rache Montezumas", von der die meisten Europäer und Nordamerikaner einmal befallen werden, waren alle Kinder, überhaupt alle Menschen enorm gesund. Viele soziale Kontakte, Freude am Miteinander, reger Austausch sowie viel Bewegung im Freien stärken offenbar das Immunsystem und machen gesund.
In der Region, in der wir waren, gab es unseres Wissens keine schlimme COVID-19-Erkrankung bei irgendjemandem. Wir haben dort sehr viele Menschen, auch Einheimische, kennengelernt. Niemand kannte dort in der Region jemanden, der gravierend an COVID-19 erkrankt oder gestorben wäre. Ein Hotelier erzählte mir, die Regierungszahlen seien alle gefälscht, die Regierung wolle nur Geld machen und Strafen kassieren. Laut offiziellen Regierungsangaben gibt es in Costa Rica per 3.4.2021 knapp 600 COVID-19-Tote pro eine Million Einwohner, in Deutschland etwas über 900.
In dem spirituellen Zentrum sind während der Trockenzeit, die grob von November bis April dauert, immer etwa 250 Menschen. In diesem Zeitraum kommen insgesamt ungefähr 1.000 Menschen aus aller Herren Länder dorthin. Es gibt einen sehr herzlichen, offenen, wenig vorurteilsbelasteten Umgang miteinander, viele Umarmungen und ausführlichen persönlichen Austausch.
Es finden zum einen häufig Massen- oder Großveranstaltungen mit teilweise über 100 Teilnehmern, beispielsweise Tanzveranstaltungen, Tipi-Zeremonie, Vollmond-Zeremonie, tägliche Großgruppenmeditationen, Yoga oder Tai Chi statt. Zum anderen gibt es sehr viele Workshops, von Yoga über Fasten- und Reinigungskuren, Vergangenheitsbewältigung, liebevollen Umgang miteinander, Schweigeretreats usw.
Alle diese Veranstaltungen finden immer ohne Maske und Abstandsregeln statt, häufig eng an eng. Die Menschen waren meiner Erfahrung nach vollkommen Corona-angstfrei. Für mich war das eine große Wohltat. Auch Fußball, Tennis, organisierte Busfahrten zum Strand usw. finden alle immer ohne Masken, häufig eng an eng und immer sehr fröhlich statt.
Beim häufigen Herumreisen mit dem Mietauto im Land sahen wir, dass alle Läden offen waren, alle Friseure, Restaurants, Hotels usw. Es war kein Lockdown zu erkennen. Fröhliche, unbeschwerte Menschen, die Restaurants und Hotels gut besucht. In den Läden und Restaurants (auf dem Weg bis zum Sitzplatz) gibt es eine Maskenpflicht. Sie wird aber häufig nicht sehr ernst genommen. FFP2-Masken scheinen dort so gut wie nicht zu existieren, auch medizinische Masken sind die große Ausnahme. Es war eine ungeheuer spannende Zeit.
Dann zurück in Deutschland: Ich habe den Eindruck, das Land ist schwer krank – nicht COVID-krank, sondern seelisch und geistig. Selbstverständlich gibt es COVID-19-Erkrankungen in Deutschland, ebenso wie in Costa Rica. Ein guter Bekannter von uns ist Ende März mit 66 Jahren nach wochenlangem Krankenhausaufenthalt und künstlicher Beatmung an COVID-19 gestorben.
Was den tagtäglichen Umgang der Menschen mit dem Virus anlangt, gibt es enorme Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Die Costa Ricaner sind voll Lebensfreude, Fröhlichkeit, Freundlichkeit und wirken vollkommen corona-angstfrei. In Deutschland genau das Gegenteil: Hier haben die Menschen reihenweise geradezu Panik vor dem Virus, es herrschen Angst, Nervosität, Niedergeschlagenheit, Apathie, Aggressivität, viel Polizei, viel Denunziation.
Mein Eindruck ist, dass in Deutschland kein vernünftiges Verhältnis zur realen Gefahr besteht, Besonnenheit oder gar Unbeschwertheit sind Fremdworte. Alles wirkt angstdurchsetzt, angstzersetzt.
Der Umgang mit dem Virus bei uns ist geradezu krankmachend. Vor allem unsere Kinder werden durch das Wegfallen von Sport, Bewegung im Freien, Treffen mit Freunden usw. systematisch in ihrem Immunsystem geschwächt und anfällig für Krankheiten gemacht.
Die Staats- und Mainstreammedien verzerren die Darstellungen zu Corona in beängstigendem Ausmaß oder lügen auch schlichtweg. Kritische Stimmen kommen nicht zu Wort oder werden mundtot gemacht. Youtube löscht systematisch kritische Darstellungen, Amazon verweigert den Verkauf kritischer Bücher zum Thema Corona. Es herrscht ganz offene Zensur, nur merken es viele Menschen leider nicht, solange sie nicht selbst betroffen sind.
In Deutschland werden Vernunft und Logik in einem Ausmaß missachtet, das ich bis 2020 für unmöglich gehalten hätte. Ein paar Beispiele:
- Nach der Rückkehr aus Costa Rica muss man mindestens fünf Tage in Quarantäne, obwohl die Neuinfektionen pro eine Million Einwohner weniger als halb so hoch sind wie in Deutschland. Vor dem Flug muss man einen Corona-Test machen, sonst darf man nicht mitfliegen. Ist man nachgewiesenermaßen negativ, so sitzen alle Nichtinfizierten mit FFP2- oder medizinischen Masken im Flugzeug und müssen hinterher mindestens fünf Tage in Quarantäne.
- Kinder werden in den Schulen getestet, und alle, die nachweislich gesund sind, sitzen hinterher mit Maske im Unterricht.
- Der Gesundheitsminister sagt, dass es ein Fehler war, den Einzelhandel zu schließen, dass das nicht wieder passieren werde … und ein paar Monate später wird der Einzelhandel wieder geschlossen.
- Die Kanzlerin erklärt im November einen "Lockdown light" für zwei Wochen – dann wird er von Monat zu Monat schlimmer, um nach über fünf Monaten für unzulänglich erklärt und von einem "harten Lockdown" abgelöst zu werden.
- Die Kanzlerin erklärt im Oktober, dass uns vier schwere Monate bevorstehen, und im März sagt sie das Gleiche wieder.
- Die Kanzlerin sagt: "Corona ist und bleibt also eine Gefahr für jede und jeden von uns." Sie ist offenbar nicht besonders fit im Lesen von Statistiken, denn diese widersprechen alle dieser Aussage.
- Der Staatsvirologe sagt, dass Masken gegen die Pandemie nichts nützen, und ein halbes Jahr später tragen sie selbst Kinder im Unterricht.
- Im Freien auf einer Bank sitzen ist verboten (Nordrhein-Westfalen).
- "In der Sonne sitzen ist verboten." (Aussage eines bayerischen Polizisten Ende März 2020)
- Wenn man bei der Impfung Begleiterscheinungen hat, ist es ein Zeichen dafür, dass sie wirkt.
- Wenn man bei der Impfung keine Begleiterscheinungen hat, ist es ein Zeichen dafür, dass sie gut verträglich ist.
Die Liste könnte fast beliebig verlängert werden. Argumente werden so hingebogen, wie man sie braucht. Vernunft und Wissenschaft werden beliebig gebeugt. Der gesunde Menschenverstand wird systematisch ausgeschaltet. Das erinnert mich sehr an einen Ausspruch von Mephisto in Goethes Faust:
Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen allerhöchste Kraft,
Laß nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab ich dich schon unbedingt.
Es hat ganz den Anschein, als wäre ein großer Teil unserer Corona-Politik hiervon inspiriert – und als hätte er uns schon unbedingt.
Auch in Costa Rica gibt es Verordnungen, die allem gesunden Menschenverstand widersprechen. Beispielsweise, dass nur Autos mit bestimmten Kennzeichen-Endziffern an bestimmten Wochentagen fahren dürfen. Dadurch werden die Menschen in Busse gedrängt, wo die Leute extrem dicht an dicht beieinanderstehen und sich viel leichter infizieren können.
Aber das Ausmaß an Absurdität scheint in Deutschland doch erheblich größer zu sein. Vor allem aber: Das Ausmaß an Staatsgläubigkeit in den beiden Ländern ist wie Tag und Nacht. Die Costa Ricaner glauben und vertrauen ihrer Regierung meinem Eindruck nach grundsätzlich so gut wie gar nicht. Zu Recht. Wir könnten in dieser Hinsicht, was Corona-Politik anlangt, viel von ihnen lernen.
Fazit:
Der Umgang mit Corona in Costa Rica erscheint mir komplett anders, sehr viel entspannter als in Deutschland. Die Menschen sind nicht annähernd so verängstigt, aggressiv und nervös, sondern sehr fröhlich und lebensbejahend – "pura vida" ist eine sehr oft gehörte Begrüßungs- und Abschiedsformel. Das passt gut zu dem Land. Trotzdem gibt es offiziell ein Drittel weniger COVID-19-Tote als bei uns. Offenbar kann man mit dem Virus auch ganz anders umgehen, als wir es tun. Wir könnten viel von Costa Rica lernen, was den Umgang mit Corona anbelangt.
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Zum Autor:
Dr. Christian Kreiß, früher Investmentbanker, seit 2002 Professor für Finanzierung an der Hochschule Aalen. 2019 erschien sein Buch "Das Mephisto-Prinzip in unserer Wirtschaft". Es kann kostenlos als PDF auf dieser Webseite heruntergeladen werden: www.menschengerechtewirtschaft.de
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