Slowakei beschließt Verfassungsänderung: Nur zwei Geschlechter anerkannt

Die Slowakei hat eine Verfassungsänderung beschlossen, die ab November nur noch zwei biologische Geschlechter anerkennt. Zudem werden Adoptionen auf verheiratete Paare beschränkt, Leihmutterschaften verboten und der Vorrang nationalen Rechts in kulturellen Fragen festgeschrieben.

Die Slowakei hat eine weitreichende Verfassungsänderung beschlossen, die ab dem 1. November in Kraft tritt. Das Parlament in Bratislava legte fest, dass im Land künftig nur noch zwei Geschlechter – männlich und weiblich – anerkannt werden. Damit sendet die Regierung unter Premierminister Robert Fico ein Signal zugunsten traditioneller Werte, zugleich aber auch gegen die Rechte sexueller Minderheiten.

Für die Reform stimmten 90 Abgeordnete, sieben votierten dagegen. Enthaltungen gab es keine. Bemerkenswert ist, dass neben der Regierungsmehrheit auch Abgeordnete der Opposition, vor allem der christdemokratischen KDH, das Vorhaben unterstützten. Damit erreichte die Regierung die notwendige Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen.

Die Novelle sieht weitere Einschränkungen vor: Künftig dürfen nur verheiratete Paare Kinder adoptieren, wodurch gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausgeschlossen bleiben. Zudem wird Leihmutterschaft verboten.

Besonders brisant ist die verfassungsrechtliche Klarstellung, dass in "kulturell-ethischen Fragen" das nationale Recht Vorrang vor EU- und internationalem Recht hat. Dazu zählen Themen wie Familienpolitik, Bildung und Sprache. Kritiker warnen vor einer möglichen Kollision mit den europäischen Verträgen.

Rechtsgutachter des Europarates und die Venedig-Kommission äußerten bereits deutliche Bedenken. Sie sehen die Gefahr von Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität. Premier Fico hingegen bezeichnete die Reform als "Bollwerk gegen Progressivismus" und verwies auf die kulturelle Eigenständigkeit der Slowakei.

Die Entscheidung fiel überraschend, nachdem zuvor lange unklar war, ob eine ausreichende Mehrheit zustande kommen würde. Das Land ist stark katholisch geprägt: Laut der Volkszählung aus dem Jahr 2021 bekennen sich 55,8 Prozent der 5,5 Millionen Einwohner zum römisch-katholischen Glauben.

Kritik kam unmittelbar auch aus dem Ausland. Der österreichische SPÖ-Politiker Mario Lindner sprach von einem "Frontalangriff auf die Grundwerte der Europäischen Union". Die slowakische Regierung orientiere sich an einer Politik nach dem Vorbild von Donald Trump und Viktor Orbán und instrumentalisiere gesellschaftliche Minderheiten für parteipolitische Zwecke.

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