Österreich hat 2024 mit einer Sozialquote von 31,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erstmals den höchsten Anteil an Sozialausgaben weltweit erreicht. Nahezu ein Drittel der Wirtschaftsleistung fließt in Pensionen, Pflege, Gesundheit und andere soziale Leistungen, mehr als in Frankreich, Belgien oder Deutschland.
Die hohe Sozialquote ist vor allem auf den demografischen Wandel mit einer alternden Bevölkerung, die pandemiebedingten Ausgaben während der COVID-19-Krise sowie steigende Kosten durch Migration zurückzuführen.
Die Bevölkerung wird älter, wodurch die Ausgaben für Pensionen und Gesundheitsversorgung steigen. Gleichzeitig haben Maßnahmen wie Kurzarbeit und Arbeitslosenhilfe während der Pandemie die Sozialausgaben erhöht. Auch die Ausgaben für Flüchtlinge und Asylberechtigte sind von 54 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 453 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen.
Die gesamten Pensionsausgaben stiegen zwischen 2010 und 2023 von 41,6 Milliarden Euro auf 68,4 Milliarden Euro, ein Plus von 65 Prozent. Für das Jahr 2024 wird ihr Umfang auf nahezu 75 Milliarden Euro veranschlagt, was beinahe die Hälfte sämtlicher Sozialausgaben ausmacht.
Der Gesundheitsbereich macht rund ein Viertel der Sozialausgaben aus, Familien- und Behindertenleistungen wuchsen moderat, tragen aber spürbar zur Gesamtsumme bei.
International bleibt Österreich damit einzigartig. In Lateinamerika liegt Uruguay mit hohen Pensionen und staatlicher Gesundheitsversorgung noch in den hohen Zwanzigern, Brasilien im mittleren Bereich, Südafrika in den mittleren Zehnern.
Andere OECD-Länder wie Deutschland, Frankreich, Belgien und Finnland kommen 2024 auf Sozialquoten zwischen 27,9 und 31,4 Prozent, während Länder wie Chile, Kolumbien, Costa Rica, Irland, Mexiko und die Türkei weniger als 15 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für soziale Zwecke ausgeben.
Bis 2022 lagen andere Länder noch vor Österreich, etwa Frankreich mit 31,6 Prozent und Italien mit 30,1 Prozent, während Österreich damals 29,4 Prozent erreichte. Kombinationen aus demografischem Wandel, pandemiebedingten Krisenmaßnahmen, kontinuierlich hohen Sozialausgaben und schwachem Wirtschaftswachstum haben Österreich an die Spitze katapultiert.
Österreichs Sozialstaat kostet Rekordwerte, fast ein Drittel des BIP fließt in Pensionen, Pflege und Gesundheit. Die hohe Belastung sorgt für Streit in der Regierung.
Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) will Quoten für Beschäftigte über 60 Jahre einführen, Staatssekretär Josef Schellhorn (NEOS) lehnt das strikt ab. Er kritisiert zusätzliche Bürokratie, fordert steuerliche Anreize für längeres Arbeiten und bemängelt die Reformunwilligkeit der Bundesländer. Gleichzeitig steht Schellhorn selbst in der Kritik, da seine angekündigte Entbürokratisierungsliste bislang nicht umgesetzt wurde.
FPÖ-Chef Herbert Kickl verlangt einen Stopp neuer Asylanträge. Er bezeichnet die Kontrolle der Migration als "Schicksalsfrage Europas" und wirft dem Innenministerium Flickschusterei vor. Rückblickend verweist er auf seine Zeit als Innenminister, in der er die Asylantragszahlen deutlich senkte, und fordert künftig eine Quote von null.
Die Financial Times fragte kürzlich: "Kann sich Deutschland seinen 1,35-Billionen-Euro-Sozialstaat leisten?" Die Antwort erweist sich als kritisch, wobei sich die Problematik für Österreicher noch akuter gestaltet – die Zeitbombe im Sozialstaat birgt nicht die Frage, ob, sondern lediglich wann sie explodieren wird.
Die österreichische Staatsverschuldung hat zu Beginn des Jahres 2025 412,6 Milliarden Euro erreicht und liegt damit bei 84,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Damit setzt sich der Trend steigender Schulden fort, der durch hohe Sozialausgaben und anhaltend hohe Inflation verstärkt wurde.
Im Jahr 2024 betrug die Verschuldung 394,1 Milliarden Euro, rund 81,8 Prozent des BIP. Das Haushaltsdefizit von 4,7 Prozent lag deutlich über der EU-Obergrenze von drei Prozent, weshalb die Europäische Kommission ein Verfahren wegen übermäßiger Defizite eingeleitet hat.
Ökonomische Prognosen gehen davon aus, dass die Schuldenquote ohne umfassende Konsolidierungsmaßnahmen bis 2026 auf rund 85,8 Prozent steigen könnte.
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