Sie gelten als Mittel der Wahl von Sondereinsatzkräften der Polizei und auch beim Militär: Blendgranaten. Die Argumentation für den Einsatz von Flashbangs, wie die Blendgranaten auch genannt werden, lautet, dass durch den lauten Knall oder das grelle Blitzlicht keine ernsthaften Verletzungen zugeführt und so Gefahrenquellen relativ sicher neutralisiert werden können.
Auch in Frankreich werden sie häufig von der Polizei bei den Protesten gegen die Regierung von Präsident Emmanuel Macron angewendet, die seit bald eineinhalb Jahren Woche für Woche stattfinden. Dabei wurden Hunderte Menschen zum Teil schwer verletzt, nachdem die Granaten zu nah an ihren Körpern explodiert waren. Bilder aus Paris gingen Anfang Februar 2019 um die Welt, als einem Mann die Hand durch die Detonation einer Blendgranate abgerissen wurde. Doch am Nutzungsverhalten der französischen Polizei hat dieser Vorfall nichts geändert. Im Gegenteil. Die Polizeigewalt hat solche Ausmaße erreicht, dass selbst Innenminister Christophe Castaner vor Kurzem die Polizei zur Mäßigung im Einsatz aufgerufen hat.
In den USA geht die Entwicklung der Flashbang-Granate noch eine Stufe weiter. Dort testete die Armee 81-mm-Mörsergranaten, die mit 14 kleineren Blendgranaten gefüllt sind und über einem "Ziel" – sprich Menschenmengen – explodieren und die Ladung dort freisetzen sollen.
Dass es sich bei den von Sicherheitskräften benutzen Blendgranaten nicht nur um ungefährliche Einsatzmittel handelt, bestätigte nun das Oberste Gericht des US-Bundestaates North Carolina in einem möglicherweise wegweisenden Urteil. Die Richter entschieden, dass Flashbang-Granaten "Massentötungs- und Massenvernichtungswaffen" sind.
Dem Urteil ging ein Gerichtsprozess voraus, den der US-Soldat Adam Carey gegen den Bundesstaat führte. Bei einer Polizeikontrolle aufgrund überhöhter Geschwindigkeit im Jahr 2016, wurden bei ihm im Auto verschiedene Waffen, eine Schutzweste und drei Blendgranaten gefunden. Carey wurde wegen des unerlaubten Mitführens von "Massenvernichtungswaffen" angeklagt, wogegen er sich zur Wehr setzte.
Er argumentierte so, wie wohl alle Polizisten argumentieren würden, die Blendgranaten verwenden. Es handle sich zwar technisch betrachtet um eine Granate, aber diese sei längst nicht so gefährlich wie beispielsweise eine militärische Handgranate.
Das Berufungsgericht gab Carey im vergangen Jahr Recht und begründete die Entscheidung damit, dass die Klassifizierung einer Granate mit "einem hellen Blitz und einem sehr lauten Knall" als Massenvernichtungswaffe "übermäßig vereinfacht und falsch" sei. Demnach müsste man auch eine Kirschbombe als "Bombe" oder Feuerwerksraketen als "Raketen" einstufen, die "Massenmorde" verursachen können. Es gebe aber "keine Hinweise" darauf, dass diese "Flashbang-Geräte" als Waffe zum Massenmord oder einer weitläufigen Zerstörung eingesetzt werden können.
Doch das Oberste Gericht wollte die Entscheidung der ersten Instanz nicht hinnehmen und entschied mit dem Urteil vom 28. Februar, dass "eine Massenvernichtungswaffe jegliche Spreng- oder Brandgranate einschließt." Man habe mit größter Vorsicht sämtliche Argumente und Unterlagen gegeneinander abgewogen und sei zum Schluss gekommen, dass "solch eine Granate eine Massenvernichtungswaffe ist und dass das Berufungsgericht sich bei seiner konträren Entscheidung geirrt" habe.
Damit ist North Carolina der erste Bundesstaat, der Blendgranaten zu einer gefährlichen Waffe erklärt hat. Ob dieses Urteil Signalwirkung für weitere Bundesstaaten haben wird, muss sich erst noch zeigen. In Frankreich dürfte aber vor allem die Gelbwestenbewegung mit großem Interesse diese Entwicklung verfolgt haben, auch um eventuell mit ähnlichen Prozessen gegen die eigene Regierung vorzugehen und so auf diese Gefahr aufmerksam zu machen.
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