Der soeben vom US-Senat verabschiedete National Defense Authorization Act (NDAA) 2020 enthält einen Gesetzentwurf, der Unternehmen sanktioniert, die am Bau der fast fertiggestellten Erdgasleitung Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland beteiligt sind.
Der "Protecting Europe's Energy Security Act of 2019", eingebettet in die 3.500 Seiten starke NDAA, wurde von den Senatoren Ted Cruz von den Republikanern und Jeanne Shaheen von den Demokraten vorgeschlagen. Sie argumentierten, dass die Pipeline "Präsident Wladimir Putin auf Kosten der übrigen freien Welt erheblich stärken würde".
Durch die Sanktionen gegen am Bau der Pipeline beteiligte Unternehmen werde "die Energiesicherheit Europas geschützt und Putin daran gehindert, Milliarden von US-Dollar einzunehmen, die für die russische Aggression verwendet werden könnten", sagte Cruz in der vergangenen Woche. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich die Aufnahme dieser Maßnahme in die Kompromissversion des Gesetzespaketes ab, die mit dem von den Demokraten kontrollierten Repräsentantenhaus ausgehandelt worden war.
Das abschließende Votum im Senat ergab 86 Stimmen dafür und acht dagegen, wobei sechs Senatoren nicht an der Abstimmung teilnahmen. Das massive Gesetzespaket stellt fast 740 Milliarden US-Dollar für Verteidigungsprogramme zur Verfügung, die vom Bau der Mauer an der US-mexikanischen Grenze bis zur Etablierung der US Space Force als neuer Teilstreitkraft des Militärs reichen. Das Gesetz geht nun zur Unterschrift an Präsident Donald Trump.
Die Sanktionen von Cruz und Shaheen richten sich gegen Spezialschiffe, die die Pipeline auf dem Grund der Ostsee verlegen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass diese Strafmaßnahmen die Fertigstellung von Nord Stream 2 verhindern können. Die Verlegung der Erdgasleitung ist bis auf einen letzten Abschnitt vor der dänischen Insel Bornholm nahezu abgeschlossen. Nach Fertigstellung wird die Pipeline Nord Stream 2 die Kapazität für russische Erdgaslieferungen nach Deutschland verdoppeln und es Moskau prinzipiell ermöglichen, die Ukraine und Polen bei der Gaslieferung nach Europa zu umgehen.
Russland hat jedoch bereits angekündigt, dass es den Gastransit durch die Ukraine nicht stoppen wird.
In der vergangenen Woche nannte Bundesaußenminister Heiko Maas die vorgeschlagenen US-Sanktionen "inakzeptabel" und einen "Versuch, auf souveräne Entscheidungen Europas Einfluss zu nehmen". Maas forderte den US-Senat auf, sie abzulehnen.
Washington hat seit langem versucht, das Pipelineprojekt zu stoppen, dessen Fertigstellung ursprünglich für Ende 2019 geplant war. Da es in Dänemark bei der Genehmigung des Teilabschnittes bei Bornholm zu Verzögerungen kam, musste der Abschluss des Projekts auf Mitte 2020 verschoben werden.
Abgeordnete beider Parteien des US-Kongresses, die behaupten, Russland sei in die Ukraine "eingedrungen", zeigen sich beunruhigt darüber, dass Kiew Transitgebühren für russisches Erdgas verliert. Gleichzeitig versuchen sie, die europäischen Länder unter Druck zu setzen, das weitaus teurere US-Flüssiggas zu kaufen, das vom US-Energieministerium ernsthaft als "Moleküle der Freiheit" bezeichnet wird.
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