von Sebastian Range
"Die russischen Trolle sind zurück – und sie wollen sich in die Wahlen 2020 einmischen" – so lautete bei CNN die Schlagzeile eines am Dienstag erschienenen Artikels anlässlich der Schließung von 50 Nutzerkonten durch Facebook. Das Unternehmen hatte tags zuvor die Löschung von Instagram- und Facebook-Accounts bekannt gemacht, die einen Bezug zur Internet Research Agency (IRA) haben soll.
Dem russischen Unternehmen mit dem hochtrabenden Namen wird vorgeworfen, sich in die US-Präsidentschaftswahlen 2016 zugunsten von Donald Trump durch Stimmungsmache in den sozialen Medien mittels Fake-Accounts eingemischt zu haben.
"Rund ein Jahr vor der US-Präsidentenwahl läuft die Propaganda-Maschine aus Russland warm", leitete die Deutsche Presse-Agentur ihren Beitrag zur aktuellen Bekanntmachung von Facebook ein. Weiter heißt es darin:
Facebook ergriff zugleich am Montag weitere Maßnahmen, um die Verbreitung von Propaganda und gefälschter Nachrichten bei dem Online-Netzwerk einzudämmen. So sollen künftig staatlich kontrollierte Medien – wie etwa der russische Fernsehsender Russia Today – gut sichtbar als solche gekennzeichnet werden. Zudem wird das Online-Netzwerk bei Beiträgen, die von unabhängigen Faktenprüfern für falsch erklärt wurden, prominenter darauf hinweisen, wie Facebook am Montag mitteilte.
Das Unternehmen erklärte nicht, wie es festgestellt haben will, dass die nun gelöschten Konten mit der IRA verbunden sind. Es gab lediglich bekannt, dass diese zusammen rund 250.00 Follower gehabt hätten.
Aufgedeckt wurde die angebliche Verbindung von der Firma Graphika, deren Sicherheitsforscher Ben Nimmo gegenüber Reuters erklärte, das von den Konten verbreitete Material habe gleichermaßen Demokraten wie Republikaner in den USA ansprechen können.
Zum großen Teil seien die Mitglieder des Netzwerkes damit beschäftigt gewesen, "echtes Material von echten Amerikanern" zu kopieren. "Dies könnte auf einen Versuch hinweisen, sprachliche Defizite zu vertuschen", sagte Nimmo. Diese hätten in der Vergangenheit die Aufdeckung der Fake-Accounts erleichtert.
Ein Sturm im Wasserglas: Die IRA und die US-Präsidentschaftswahlen 2016
Während sich die jahrelang von Mainstreammedien unterstellte "Russland-Affäre" des US-Präsidenten spätestens nach der Veröffentlichung des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller als faktenlose Verschwörungstheorie erwiesen hat, feiert das Narrativ von der russischen Wahleinmischung weiter fröhliche Urstände – auch in Muellers Bericht selbst, laut dem Russland in den sozialen Medien insgeheim Stimmung gegen Hillary Clinton gemacht und damit Trump zum Sieg verholfen habe. Im Mittelpunkt der Vorwürfe damals wie heute steht die IRA, hierzulande auch bekannt als "Sankt Petersburger Trollfabrik".
In der Mainstream-Berichterstattung wird die IRA zumeist mit "Russland" gleichgesetzt, als handele es sich um eine staatliche Institution und nicht um eine private Firma. Im Juli 2019 untersagte jedoch ein Bezirksrichter in Washington der US-Regierung nach einer Klage der IRA, weiterhin zu behaupten, die Aktivitäten des Unternehmens würden von der russischen Regierung "finanziell gefördert".
Einen genaueren Einblick in die Tätigkeiten der IRA gab eine Anhörung vor dem US-Kongress vor zwei Jahren, bei der Vertreter von Google, Twitter und Facebook aussagen mussten. Demnach hätten zwei mit der IRA verbundene Konten während des US-Wahlkampfs 2016 Werbeanzeigen auf Google in Höhe von 4.700 US-Dollar geschaltet, die sich an kein spezifisches Publikum gerichtet hätten, so Google-Vertreter Richard Salgado.
Facebook hingegen bezifferte den Wert der von der IRA zwischen Januar 2015 und August 2017 geschalteten Anzeigen auf insgesamt 100.000 US-Dollar. Über die Hälfte davon seien erst nach der Wahl geschaltet worden. Die demnach von 470 "nicht authentischen" Konten geschalteten Anzeigen hätten sich inhaltlich über das gesamte "ideologische Spektrum" erstreckt und keine Präferenz für einen bestimmten Präsidentschaftskandidaten erkennen lassen.
Rund 11,4 Millionen US-Bürger hätten nach Schätzungen des Unternehmens eine dieser Anzeigen zu Gesicht bekommen, deren Anteil am Gesamtvolumen der in diesem Zeitraum geteilten Inhalte Facebook auf 0,004 Prozent veranschlagt, was einem Verhältnis von etwa 1 zu 23.000 entspricht.
Twitter dagegen sprach von 3.841 identifizierten Konten mit angeblicher Verbindung zur IRA. Diese hätten in den zehn Wochen vor der Wahl rund 175.000 Tweets abgesetzt, wovon jedoch nicht einmal zehn Prozent einen Bezug zur Wahl gehabt hätten.
Insgesamt habe man 50.248 automatisierte "russische Konten" identifiziert, die Inhalte mit Wahlbezug verbreiteten. Als "russisch" gelten demnach Accounts, die beispielsweise kyrillische Buchstaben oder eine russische E-Mail verwenden, die sich mindestens einmal mit einer russischen IP-Adresse eingeloggt oder "Russland" als Standort angegeben haben – was allerdings kaum für eine "verdeckte Operation" spricht. Ihr Anteil an sämtlichen Twitter-Konten betrug seinerzeit 0,016 Prozent.
Die Angaben der Kurznachrichtenplattform sind jedoch mit Vorsicht zu genießen, wie die von NBC veröffentlichte Datenbank mit den von Twitter gelöschten Tweets vermeintlicher russischer Trolle zeigt. Daraus ist ersichtlich, dass viele davon keinerlei politische Inhalte hatten. Tweets mit Bezug zu den US-Wahlen waren sowohl Pro-Trump als auch Pro-Clinton ausgerichtet. Einige richteten sich sogar explizit gegen Russland oder stützten die These von der russischen Wahleinmischung und einer Komplizenschaft Trumps mit Moskau.
Zudem hatte Twitter fälschlicherweise auch US-Bürger als russische Trolle identifiziert und deren Konten gelöscht. Im Februar 2019 musste das Unternehmen eingestehen, Russland versehentlich 228 Konten zugerechnet zu haben. Offenbar sind die Kriterien, mit denen "russische Konten" identifiziert werden, nicht besonders belastbar.
Davon abgesehen verdeutlichen die Zahlen – selbst wenn sie stimmen – das geringe Ausmaß der vermeintlichen Wahleinmischung durch die IRA, die für dieses Anliegen knapp über 100.000 US-Dollar investiert haben soll. Zum Vergleich: Hillary Clinton gab über 1,2 Milliarden US-Dollar für ihren Wahlkampf aus.
Wie soll es der IRA mit diesen bescheidenen Mitteln, die diffus und zu einem Großteil nach der Wahl eingesetzt wurden, gelungen sein, Trump ins Präsidentenamt zu hieven?
Fake News zur Aufrechterhaltung des Narrativs von der Wahleinmischung
CNN lieferte dafür im Oktober 2017 die Erklärung: Die von der IRA geschalteten Werbekampagnen waren trotz ihres vergleichsweise bescheidenen Umfangs entscheidend für den Wahlausgang, weil sie sogenannte "Swing States" wie Michigan, Pennsylvania und Wisconsin ins Visier genommen haben, die Trump nur mit knappen Vorsprung für sich entscheiden konnte.
Kurz zuvor hatte bereits der Vizevorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Senats, der Demokrat Mark Werner, behauptet, die Bemühungen der IRA hätten sich auf diese drei Swing States konzentriert. Dabei hätte Werner es besser wissen müssen. Denn laut Richard Burr, dem Vorsitzenden desselben Ausschusses, entfielen von den 100.000 US-Dollar für Facebook-Anzeigen lediglich 300 US-Dollar auf Pennsylvania und 823 US-Dollar auf Michigan. Für Wisconsin wurden 1.979 US-Dollar ausgegeben, allerdings – bis auf 54 US-Dollar – bereits bevor Trump von den Republikanern zum Präsidentschaftskandidaten gewählt wurde.
Einer Analyse der Washington Post zufolge zielten die meisten der Anzeigen "nicht auf ein spezifisches geografisches Ziel ab", sondern auf die USA "als Ganzes". Die IRA interessierte sich demnach nicht für die entscheidenden Swing States Michigan, Wisconsin oder Pennsylvania, in denen der Ausgang der Wahlen laut Umfragen ungewiss war. Insgesamt sahen in diesen Staaten in den letzten fünf Wochen vor dem Wahltag weniger als eintausend Menschen die Anzeigen der IRA. Es gebe "keine Beweise", dass die Russen "irgendein spezifisches Targeting" betrieben hätten, so das Fazit der Washington Post.
Nun mag man daran glauben, dass etwa im Fall von Wisconsin besagte 54 US-Dollar das Zünglein an der Waage gespielt haben. Clintons Wahlkampfmanager John Podesta hatte in einem Interview mit Spiegel Online jedoch eine einleuchtendere Erklärung parat:
Am Ende war entscheidend, dass wir im Bundesstaat Wisconsin nicht präsent genug waren, das war eindeutig ein Versäumnis. Wir waren uns zu sicher, dass wir in Wisconsin gewinnen würden. Wir hatten ein gutes Team dort, viel mehr Leute als Obama damals. Aber wir haben dort nichts gemacht. Trump war nicht sehr aktiv in dem Bundesstaat, also dachten wir, wir müssten es auch nicht sein. Die Waffenlobby NRA hat in Wisconsin eine sehr aggressive Kampagne für Trump geführt, viel Geld investiert. Das haben wir unterschätzt.
Dessen ungeachtet fasste Hillary Clinton unverzüglich nach ihrer Niederlage den von manchen bereits vorhergesagten Entschluss, für ihr Versagen Russland verantwortlich zu machen.
Ein altbekannter Stichwortgeber mit NATO-Hintergrund
Der nun bei der vermeldeten Neuauflage der russischen Wahleinmischung zitierte Graphika-Experte Ben Nimmo ist in diesem Zusammenhang kein unbeschriebenes Blatt. So ist er "Experte für russische Desinformation" bei der stramm russophoben US-Denkfabrik Atlantic Council. Zwischen 2011 und 2014 war er Pressesprecher der NATO, in den sieben Jahren davor diente er als Korrespondent des Militärbündnisses bei der Deutschen Presse-Agentur. Er ist auch in das vom britischen Institute of Statecraft finanzierte, verdeckt arbeitende Einflussnetzwerk "Integrity Initative" involviert, das sich der Aufgabe verschrieben hat, die öffentliche Meinung mittels konspirativer Methoden zu manipulieren und gegen Russland in Stellung zu bringen.
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Nimmos Verbindung zu Facebook beschränkt sich nicht auf seine Rolle bei Graphika. So hat er eine leitende Funktion beim Digital Forensic Research Lab (DFR Lab) inne, einem Projekt des Atlantic Council, das von Facebook als Konsequenz der US-Präsidentschaftswahlen für den Kampf gegen Fake News engagiert wurde. Diesen "Digital Sherlocks" gehört auch der ehemalige Mitarbeiter des US-Außenministeriums Richard Stengel an, der letztes Jahr erklärte, mit Propaganda kein Problem zu haben, solange sie "gegenüber der eigenen Bevölkerung" gemacht wird.
Wie aggressiv der Atlantic Council seine antirussischen Positionen verfolgt, zeigt sich beispielsweise an dem Aufruf an die Ukraine, mit "Spezialoperationen" die von Russland gebaute Krim-Brücke zu sabotieren.
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Passend dazu stellte Facebook im Juni im Kampf gegen "russische Desinformation" die ukrainische Maidan-Aktivistin Kateryna Kruk als neue Public Policy Managerin ein, die offen mit Neonazis sympathisiert – so viel zu den "unabhängigen Faktenprüfern" bei Facebook.
Auf der Webseite des Atlantic Council wird Nimmos Expertise mit "Desinformation" unfreiwillig korrekt beschrieben: Schließlich machte er sich als Verbreiter von Desinformation bereits einen Namen, als er beispielsweise einen politisch interessierten britischen Rentner zu einem russischen Bot erklärte.
Facebook-Überwacher Graphika im "Informationskrieg": Propaganda für Regime-Change in Syrien
Woher der politische Wind bei Graphika weht, wird beim Sichten der Webseite schnell deutlich. Zu den aufgeführten Partnerinstitutionen zählen die Pentagon-Forschungsschmiede DARPA, die Minerva Research Initiative des US-Verteidigungsministeriums und die sich für "Qualitätsjournalismus" engagierende Knight Foundation.
Zu Graphikas Partnern aus der Sparte "Menschenrechte" gehört neben Amnesty International und Human Rights Watch auch das Projekt The Syria Campaign, das sich für westliche Militärinterventionen zum Sturz der syrischen Regierung einsetzt. Graphika kooperierte beispielsweise mit dem Regime-Change-Projekt im Rahmen einer "Studie", deren Zweck es ist, die syrischen Weißhelme von dem nachgewiesenen Vorwurf freizusprechen, mit islamistischen Terrorgruppen zu kooperieren.
Zu den institutionellen Partnern der Organisation zählt auch der Geheimdienstausschuss des US-Senats. Dieser beauftragte Graphika-Chef John Kelly mit der Anfertigung einer Studie über die IRA, die in Zusammenarbeit mit dem Oxford Internet Institute erstellt wurde und im Dezember 2018 erschien. Denselben Auftrag erteilte der Geheimdienstausschuss der US-Cybersicherheitsfirma New Knowledge, deren Studie "The Tactics & Tropes of the Internet Research Agency" im selben Monat erschien.
Die beiden Firmen sind somit die wichtigsten Autoritäten im US-amerikanischen Diskurs in Sachen "russischer Wahleinmischung" durch die IRA. Entsprechend wurden Vertreter beider Unternehmen am 1. August 2018 vom Geheimdienstausschuss zu "ausländischen Einflussoperationen" befragt.
Dabei sprach Renee DiResta, Forschungsleiterin bei New Knowledge, von einem "Rüstungswettlauf" in einem "Informationskrieg", in dem man sich befinde. "Die Anzahl der explizit [von der IRA verbreiteten] politischen Inhalte, die die Kandidaten im Jahr 2016 erwähnten, war gering", gestand sie in ihrer Aussage ein, um drei Sätze weiter das große Bedrohungsfass aufzumachen: Die IRA sei "nicht der einzige Gegner" gewesen, der online auf US-Bürger abzielte, so DiResta, die sodann den "Islamischen Staat" nannte.
Wahlmanipulatoren am Werk: Russland-Ankläger operieren unter falscher Flagge
Ihre Firma leistete einen Beitrag zum "Informationskrieg" der ganz besonderen Art: New Knowledge war an einem Geheimprojekt der Demokraten zur Manipulation der Senatswahlen in Alabama im Dezember 2017 beteiligt. Zu diesem Zweck wurden über 1.000 russischsprachige Twitter-Konten eingerichtet, die die Werbetrommel für den Republikaner Roy Moore rührten. Ziel der Operation unter falscher Flagge war es, ihn mittels der vermeintlichen Russland-Connection diskreditieren zu können. Laut der New York Times, die den Vorgang im Dezember 2018 bekannt machte, flossen 100.000 US-Dollar in die Finanzierung des Geheimprojekts.
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Wir haben eine aufwändige Operation unter falscher Flagge organisiert, die die Idee vermittelte, dass Moores Wahlkampf in den sozialen Medien durch ein russisches Botnetz unterstützt wurde", heißt es in einem internen Projekt-Bericht, aus dem die US-Zeitung zitiert.
Mit Erfolg: Moores Kontrahent Doug Jones konnte die Wahl mit knappen Vorsprung für sich entscheiden. Erstmals seit 1992 hat ein Demokrat in Alabama den Senatssitz geholt.
Kurz nach Bekanntwerden dieser Operation löschte Facebook das Konto von Jonathon Morgan wegen unzulässiger Einmischung in die Alabama-Wahlen. Noch im Vormonat hatte Facebook auf Anraten des von Medien oft als Experten herangezogenen Chefs und Mitbegründers von New Knowledge 115 Konten gelöscht, die angeblich mit der IRA in Verbindung standen.
Damit ist die Ironie der Geschichte noch nicht erschöpft: Morgan begründete und leitet auch das Projekt "Data for Democracy", das es sich zur Aufgabe gemacht hat, das "Wahlsystem anhand öffentlicher Daten auf Anzeichen von Betrug zu überwachen".
Eine weitere Ironie: In dem Artikel der New York Times heißt es beschwichtigend, 100.000 US-Dollar seien kaum geeignet, eine Wahl zu entscheiden, in die die Kandidaten rund 50 Millionen US-Dollar investiert hätten. Doch "Russland" soll es mit derselben Summe geschafft haben, eine Präsidentschaftswahl zu beeinflussen, für die knapp zwei Milliarden US-Dollar ausgegeben wurden.
Russische Bots: Nicht immer russisch, nicht immer Bots
Morgan ist zudem Mitbegründer der vom German Marshall Fund ins Leben gerufenen Alliance for Securing Democracy, die auf der Webseite "Hamilton 68" Medien regelmäßig über angebliche "russische Bemühungen, Propaganda und Desinformation im Internet zu verbreiten", informiert. Im Dezember 2017 behauptete "Hamilton 68", "mit dem Kreml verknüpfte Nachrichtenseiten und Internet-Trolle" hätten bei den Senatswahlen im US-Bundestaat Alabama "energisch zugunsten von Roy Moore" eingegriffen.
Morgan griff die Steilvorlage in einem Tweet auf und schrieb:
Von Hamilton 68 beobachtete russische Trolle zeigen ihr Interesse an den Alabama-Senatswahlen. Was für eine Überraschung.
Für Morgan war es tatsächlich keine Überraschung, hatte der Mitverfasser der New-Knowledge-Studie für den US-Geheimdienstausschusses die vermeintlich russischen Trolle doch selbst (mit)erschaffen.
"Hamilton 68" fungierte in den letzten Jahren als wichtigster medialer Stichwortgeber, wenn von russischen Bots und Trollen die Rede war. Zum Aufspüren der Einflussversuche des Kreml beobachtet die transatlantische Initiative in Echtzeit 600 Twitter-Accounts, die unter russischem Einfluss stehen sollen – um welche es sich dabei handelt, wird jedoch verschwiegen, wodurch sich die Angaben der Initiative nicht überprüfen lassen.
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Deren Mitbegründer Clint Watts gab im Februar 2018 zu, dass das von ihm und seinen Mitstreitern verbreitete Narrativ von den russischen Bots "übertrieben" sei. Er gestand zudem ein, dass es sich bei den russischen Bots nicht zwangsläufig um Bots oder Russen handelt. "Ich bin nicht überzeugt von dieser Sache mit den Bots", sagte Watts als "einer der Männer, die hinter der Sache mit den russischen Bots stecken", wie BuzzFeed seinerzeit ironisch anmerkte. Das Nachrichtenportal führte dazu aus:
Die Sache ist: Fast jedes Mal, wenn Sie eine Geschichte lesen, in der russische Bots für etwas verantwortlich gemacht werden, können Sie ziemlich sicher sein, dass die Geschichte auf eine einzige Quelle zurückgeführt werden kann – Hamilton 68.
Und bei so einer prominenten Stellung im Informationskrieg überrascht es auch nicht, dass mit Laura Rosenberger eine Vertreterin des Projekts am 1. August 2018 ebenfalls zur Anhörung des Geheimdienstausschusses geladen war.
In der russophoben Filterblase gefangen
Der Kreis schließt sich: Diejenigen Organisationen, die Medien und Politik als Kronzeuge bei der Anklage gegen Russland dienen, sind eingebettet in NATO-nahe transatlantische und russlandfeindliche Netzwerke. Ihre Behauptungen zur russischen Wahleinmischung halten einer Überprüfung nicht stand.
Diese "Kronzeugen" verdrehen nachweislich Fakten, verbreiten Lügen und Fake News, um Russland weiter dämonisieren zu können. Und sie schrecken nicht dafür zurück, selbst mittels Fake-Accounts US-Wahlen zu manipulieren, um es dann Moskau in die Schuhe zu schieben – und sie können dennoch bis zum heutigen Tag problemlos ihre russophoben Verschwörungstheorien in den Mainstreammedien unterbringen.
Ein beliebtes Stilmittel der selbst ernannten Fake-News-Bekämpfer ist auch das entkontextualisierte Übertreiben der behaupteten Bedrohung, an der letztlich auch der eigene Arbeitspatz hängt – im aktuellen Fall der Einfluss der IRA. Wenn 50 Fake-Accounts mit angeblichen Bezug zu dieser Firma gelöscht werden, dann schreiben hiesige Medien, "die Propaganda-Maschine aus Russland" laufe warm.
Eine wirklich niedliche Propagandamaschine muss das sein, wenn man bedenkt, dass Facebook allein im ersten Quartal dieses Jahres über zwei Milliarden Fake-Accounts gelöscht hat.
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