Einsatz von Kindersoldaten, gezielte Angriffe auf Zivilisten, Folterungen und Hinrichtungen durch private Söldner – ganz abgesehen von der nicht eben liberalen Innenpolitik: Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) müssten sich anhand ihrer Außenpolitik und insbesondere die Methoden im Jemenkrieg eigentlich zum Pariastaat degradiert haben. Dennoch florieren die internationalen Beziehungen, die Rüstungsexporte auch aus dem Westen fließen, und anhand der alltäglichen Presseschau würde man die VAE wohl weit hinter den internationalen Top-Bösewichten Iran, Nordkorea und Russland verorten.
Mehr zum Thema - Jemen-Krieg: Söldner der Emirate begehen gezielt Kriegsverbrechen
Zurückzuführen ist dies auf eine massive Einflussmaschinerie der Vereinigten Arabischen Emirate in den USA, so ein aktueller Bericht des Center for International Policy (CIP).
Die in Washington ansässige Nichtregierungsorganisation ist der Frage nachgegangen, wie es sein kann, dass die Vereinigten Arabischen Emirate, anders als ihr Koalitionspartner Saudi-Arabien, trotz des Engagements im Jemenkrieg weitgehend als verlässlicher Verbündeter des Westens angesehen werden. Schließlich haben die Emirate, ebenso wie Saudi-Arabien, eine "abscheuliche Menschenrechtsbilanz" inklusive willkürlicher Festnahmen eigener Bürger sowie westlicher Wissenschaftler und sogar des Verschwindenlassens unliebsamer Kritiker. Wie haben die VAE dann ihren privilegierten Status beibehalten?
Laut der Studie des CIP ist dafür eine "riesige und ungemein einflussreiche" Lobbying- und PR-Kampagne der Vereinigten Arabischen Emirate in den Vereinigten Staaten ausschlaggebend.
Mit ihrer Transparenzinitiative (Foreign Influence Transparency Initiative) will die Organisation Aufschluss über die insgesamt "eine halbe Milliarde Dollar schwere ausländische Einflussindustrie geben, die jeden Tag daran arbeitet, die US-Außenpolitik zu gestalten".
Für den aktuellen Bericht hat sich das CIP alle Aktivitäten angesehen, die laut dem Registrierungsgesetz für Auslandsvertreter (Foreign Agents Registration Act, FARA) verzeichnet sind. FARA schreibt vor, dass Akteure, die in den USA politisch für ausländische Regierungen tätig sind, diese Tätigkeit beim Justizministerium registrieren und genehmigen lassen müssen.
Mehr zum Thema - Trotz Einsatz von Kindersoldaten im Jemen: Pompeo nimmt Saudis von US-Kindersoldatenliste
Laut den Autoren nutzen nicht nur die Emiratis, sondern auch die Saudis PR-Kampagnen, um ihr Image zu verbessern.
Obwohl sich die Einflussnahme der Emiratis in vielerlei Hinsicht deutlich von der der Saudis unterscheidet, stützen sich beide stark auf ihre von der FARA registrierten Lobbying- und PR-Firmen, um ihr Image in den USA zu verbessern und ihre Vergehen so weit wie möglich aus dem öffentlichen Bewusstsein zu halten", schreiben die Autoren des Berichts.
Allein im vergangenen Jahr erhielten 20 US-Firmen von emiratischen Kunden 20 Millionen Dollar für ihre Arbeit. Die Einflusskampagne im Namen der Golfnation umfasste 3.168 "politische Aktivitäten", die Hälfte davon mit einem Fokus auf den zunehmend umstrittenen Krieg im Jemen.
So wurden offensichtliche Propagandakampagnen, "unverblümt pro-emiratische" Positionen mit eher lückenhafter Darstellung des Situation im Jemen, über die Netzwerke per E-Mail versendet. Darunter ein Artikel von Michael Knights, Senior Fellow am Institute for Near East Policy (WINEP), in dem es um die "Befreiung" der Hafenstadt Hudaida im Jemen durch die VAE geht, vermeintlich aus humanitären Gründen. Dabei war es zu dem Zeitpunkt die saudisch geführte Koalition, die beschlossen hatte, die Warenströme am Hafen von Hudaida zu stoppen – eine absolut beschönigende Darstellung der Rolle der Emiratis im Hinblick auf die bitter benötigten Hilfsgüter im Jemen.
Neben derartigen E-Mails vor allem an Abgeordnete und Ausschüsse zielten die Kampagnen auf Nichtregierungsorganisationen und Denkfabriken sowie Medien und die Exekutive ab.
Dass die Einflusskampagnen auf fruchtbaren Boden fallen, dürfte zudem an dem immensen strategischen Wert liegen, den die Vereinigten Arabischen Emirate für die USA haben. Der Bericht nennt unter anderem die Ölvorkommen am Golf sowie die
militärische Verbindung zwischen den beiden Ländern.
Mehr zum Thema - VAE im Jemen: "Vielleicht bin ich ein Monster" – US-Unternehmen für Todeskommando angeheuert