Beeinflussung der Justiz: Einst gefeierter Trudeau in schwerwiegender politischer Krise

Wenige Monate vor den Parlamentswahlen in Kanada kommt eine Ethik-Kommission zu dem Ergebnis, dass Regierungschef Trudeau ethische Grundsätze verletzt und versucht habe, eine ehemalige Ministerin unsachgemäß zu beeinflussen. In Ermittlungen verwies er auf Arbeitsplätze und Stimmen.

Kanadas Regierungschef Justin Trudeau gerät wegen unterdrückter Ermittlungen inmitten eines Bestechungsskandals erneut unter Druck. Eine beim Parlament in Ottawa angesiedelte Ethik-Kommission kam am Mittwoch zum Schluss, Trudeau habe sich gegenüber Ex-Justizministerin Jody Wilson-Raybould falsch verhalten.

Der Ministerpräsident hat, direkt und über seine ranghohen Mitarbeiter, verschiedene Mittel eingesetzt, um Einfluss auf Frau Wilson-Raybould auszuüben", teilte der Chef des Gremiums, Mario Dion, mit.

Hintergrund sind Vorwürfe, dass Ermittlungen Wilson-Rayboulds gegen die Firma SNC-Lavalin wegen Korruption und Schmiergeldzahlungen unterdrückt worden sein sollen. Anfang dieses Jahres warf die ehemalige Justizministerin und Generalstaatsanwältin Jody Wilson-Raybould Trudeau vor, monatelang versucht zu haben, sie davon zu überzeugen, dass die Verurteilung des Bauunternehmens SNC-Lavalin den Kanadiern Arbeitsplätze, unter anderem in seinem Wahlkreis, und Stimmen kosten würde. Das Unternehmen mit Sitz in Montreal soll zwischen 2001 und 2011 Schmiergeld in Höhe von umgerechnet 31 Millionen Euro an die Familie des des 2011 ermordeten libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi gezahlt haben.

Die Anschuldigungen der Generalstaatsanwältin erwiesen sich als politisch kostspielig für Trudeau. Die Affäre führte zu Rücktritten nicht nur von Wilson-Raybould, sondern auch von der für Digitales und Finanzen zuständigen Jane Philpott aus Protest gegen die Einmischung Trudeaus.

Problematisch für Trudeau könnte diese Situation, die größte politische Krise des einst gefeierten Regierungschefs, vor allem im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Oktober sein.

In dem Bericht der Ethik-Kommission hieß es weiter, die Autorität des Amtes des Ministerpräsidenten sei genutzt worden, um die Ermittlungen des Generalstaatsanwalts und die Autorität von Wilson-Raybould "zu umgehen, zu untergraben und letztendlich zu diskreditieren".

Trudeau selbst hatte jegliches Fehlverhalten abgestritten und betont, dass ein Schuldspruch für SNC-Lavalin weitrechende Folgen für Tausende Angestellte, Kunden und Partner der Firma haben könnte.

Bis zu diesem Donnerstag ist Bundesaußenminister Heiko Maas zu Besuch in Kanada.

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(dpa/ rt deutsch)