"Ein großartiges Land": Amazon und der Mega-Deal des US-Verteidigungsministeriums

Der Amazon-Konzern plant eine zweite Firmenzentrale in New York und Virginia zu eröffnen - womit man sich in unmittelbarer Nähe des US-Verteidigungsministeriums ansiedelt. Für dieses soll Amazon mutmaßlich eine Plattform und einen Cloud-Service aufbauen.

Amazon-Konzernchef Jeff Bezos konnte seine Freude über die Möglichkeit, neue Jobs zu schaffen und vor Ort zu investierenm, kaum zurückhalten:

Wir sind sehr erfreut darüber, ein neues Hauptquartier in New York und im nördlichen Virginia aufzubauen. Das Team hat großartige Arbeit damit geleistet, die Örtlichkeiten auszuwählen und wir freuen uns darauf, ein noch größerer Bestandteil der Gemeinschaften zu werden", erklärte Bezos.

Beobachter vermuten jedoch, dass die Standortwahl weniger auf sozialen als vielmehr auf kommerziellen Motiven basiert. Konkret geht es dabei um einen Deal im Wert von 10 Milliarden US-Dollar und das nicht mit irgendeinem anderen Unternehmen, sondern mit dem US-Verteidigungsministerium mit Sitz in Arlington County, Virginia.

Die Wahl Virginias als Standort würde Amazon "in den Schatten des Pentagons" stellen und Tausende weiterer Amazon-Mitarbeiter in dessen Orbit bringen. Zudem sei die Entscheidung ein "zeitlich gut geplanter Zug", zeigten sich die Technologie-Analysten Daniel Ives, Michael Pachter und Strecker Backe überzeugt.

Bei der Auftragsvergabe des Pentagon scheint es, zumindest nach Ansicht zweier republikanischer Kongressabgeordneter, derweil nicht mit rechten Dingen zugegangen zu sein. Bereits im Juli schickten die beiden Kongressmitglieder Steve Womack (Arkansas) und Tom Cole (Oklahoma) einen Brief an den amtierenden Generalinspektor des Verteidigungsministeriums, Glenn Fine. Darin behaupteten sie, dass der Auftrag im Wesentlichen schon vorab an Amazon vergeben worden sei.

Bei dem äußerst lukrativen Pentagon-Auftrag, dem Joint Enterprise Defense Infrastructure (JEDI) Contract, geht es um den Aufbau einer Internetplattform und die Entwicklung eines Cloud-Service für sämtliche Operationen des US-Verteidigungsministeriums. Der JEDI-Auftrag kann demnach nur von einem Dienstleister erfüllt werden, der Sicherheitsstufe 6 für Informationssysteme des Verteidigungsministeriums erfüllt.

Die höchste Stufe an Cloud-Sicherheit" umschrieb ein Kongressmitglied das Ausschlusskriterium gegenüber dem US-Magazin Rolling Stone.

Demzufolge erfülle nur Amazon Web Services (AWS) diese Voraussetzung. Andere Quellen berichteten, dass der Auftrag ebenfalls vorsieht, dass der Bieter einen Cloud-Umsatz von 2 Milliarden US-Dollar vorweisen können muss, was fast alle Wettbewerber aus dem Rennen warf. Zum Wettbewerber der Wahl dürfte Amazon auch der Umstand machen, dass der Konzern bereits im vergangenen Jahr die Gunst von Regierung und Pentagon erwarb.

Einkäufe bei Amazon für über 50 Milliarden US-Dollar

So wurde der Dienstleister durch den "Amazon Zusatz" (Amazon Amendment) zum Portal für Regierungsanschaffungen auserkoren. Unter Dach und Fach wurde der Deal durch die Defense Authorization Bill gebracht. Staatliche Einkäufe im Wert von stattlichen 53 Milliarden US-Dollar sind dadurch nun abgedeckt.

Wo es dem einen aufgrund der nebulösen und zunehmenden Verquickungen von Industrie und Militär kalt den Rücken runter läuft, sieht Amazon-Boss Bezos keinen Grund für Sorge oder gar Skrupel – im Gegenteil.

Wir werden das Verteidigungsministerium unterstützen und ich denke, das sollten wir auch. Eine der Aufgaben von Führungskräften ist es, die richtige Entscheidung zu treffen, auch wenn sie unpopulär ist", verkündete Bezos vor einem Monat bei einer Rede in San Francisco.

Auch firmeninterne Kritik an anderen Aufträgen für die US-Regierung, darunter die zur Bereitstellung von Gesichtserkennungssoftware, lässt den reichsten Mann der Welt demnach kalt.

Dies ist ein großartiges Land und es muss verteidigt werden", brachte Bezos seine Einstellung zur Thematik auf den Punkt.

Teil der patriotischen Pflicht ist es offensichtlich auch, dass Bezos' Privatunternehmen Blue Origin im September einen großen Regierungsauftrag an Land zog, um das Pentagon mit Trägerraketen für dessen Satelliten zu versorgen.

Derweil ist die Freude über die Ankündigung, neben Seattle einen zweiten Firmensitz (HQ2) in Virginia und New York zu eröffnen, bei den Bewohnern des Big Apple eher verhalten. Zu den 50.000 Arbeitsplätzen, die an beiden Standorten insgesamt entstehen sollen, muss die Stadt 48.000 US-Dollar drauf legen. Das stößt unter anderem den Steuerzahlern bitter auf. Virginia muss demnach für die Entstehung der Arbeitsplätze, gestreckt auf die kommenden zwölf Jahre, jeweils 22.000 US-Dollar berappen.

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