Wie der Orlando Sentinel berichtet, war Seddique Mateen, der Vater des mutmaßlichen Attentäters Omar Mateen, der in einem Nachtklub für Homosexuelle in Orlando im Juni 2016 insgesamt 49 Menschen getötet haben soll, auf der Gehaltsliste des FBI. Für diesen Umstand, der bereits Gegenstand von Spekulationen im Nachgang zu dem Anschlag war, gebe es nun auch gerichtliche Beweise.
Die Anwälte von Nur Salman, der Ehefrau des mutmaßlichen Terrorschützen Omar Mateen, haben am Samstag einen Antrag auf Einstellung des gegen sie geführten Verfahrens eingebracht mit der Begründung, dass die Staatsanwaltschaft es verabsäumt habe, vor Beginn der Hauptverhandlung relevante Beweise offenzulegen. Diese beinhalteten unter anderem Erkenntnisse dahingehend, dass der Vater Omar Mateens über elf Jahre hinweg als Informant für das FBI gearbeitet habe.
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Salman, die von ihrem Ehemann schwer misshandelt worden sein soll und lediglich über einen IQ von 84 verfügt, ist der Beihilfe zum Anschlag ihres bei dem Angriff erschossenen Ehemannes und der Behinderung der Justiz durch Falschaussagen angeklagt. Ursprünglich hatte sie bestritten, von dessen Plänen gewusst zu haben, später hatte sie jedoch eingeräumt, darüber informiert gewesen zu sein.
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Der klinische Psychologe Bruce Frumkin erklärte, Nur Salman sei mithilfe von Drohungen und List zu dem Geständnis bewegt worden:
Nach Stunden der Befragung, in denen die Beamten ihr stetig sagten, sie wüssten, sie habe ihrem Mann geholfen, und ihren Aussagen zufolge sie auch bedroht hätten, ihr den Sohn wegzunehmen und in einen 'christlichen Haushalt' zu stecken, habe sie eigenen Angaben zufolge ihren Widerstand aufgegeben und die Protokolle unterschrieben, damit sie endlich nach Hause gehen konnte.
Salman gab zu, den Nachtklub am 8. Juni 2016, also vier Tage vor dem Attentat, besucht zu haben. Frumkin war zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ehefrau des mutmaßlichen Attentäters, abgesehen von ihrem niedrigen IQ, eine "leicht beeinflussbare Persönlichkeit" mit Blick auf Befragungstechniken vonseiten der Polizeibehörden sei.
Der zuständige Bezirksrichter Paul Byron erklärte, er wolle sich mit dem Antrag befassen, sobald es die Zeit erlaube.
Ermittlungen in den Jahren 2013 und 2014 eingestellt
Wie das Nachrichtenportal PJ Media bereits am Tag des Massakers im Nachtklub "Pulse" berichtete, war Omar Mateen selbst beim FBI bereits auffällig geworden und die Bundesbehörde hatte in den Jahren 2013 und 2014 bereits gegen ihn ermittelt. Belastbare Hinweise auf Affinitäten zu radikalem islamischem Terrorismus wolle man damals jedoch nicht gefunden haben.
Salman-Verteidiger Fritz Scheller jedoch geht fest davon aus, dass die Einstellung der Ermittlungen gegen Omar Mateen nicht nur auf sachlichen Gründen beruhten, sondern dass die langjährige Arbeitsbeziehung zwischen dem FBI und dessen Vater bei der Entscheidung, den Sohn nicht anzuklagen, "eine signifikante Rolle gespielt" habe:
Die verspätete Eröffnung [des Sachverhalts] durch die Regierung macht offenbar, dass Frau Salman gezwungen war, sich in einem Fall zu verteidigen, ohne überhaupt über alle Fakten und Beweise in Kenntnis gesetzt worden zu sein, die die Regierung ihr zugänglich machen hätte müssen.
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Dem Antrag zufolge habe das FBI nach dem Anschlag auch gegen den Vater ermittelt, nachdem Beamte Bestätigungen für Geldtransfers gefunden hatten, die in die Türkei und nach Afghanistan gingen.
Hätte Salmans Verteidigungsteam über diese Transfers Bescheid gewusst, hätte man "untersucht, ob es eine Verbindung gab zwischen Seddique Mateen und seinem Sohn, insbesondere hinsichtlich einer allfälligen Teilnahme oder Vorahnung bezüglich des Pulse-Angriffs".
Präsidentschaftskandidat in spe Seddique Mateen wurde selbst nie verhört
Für die Verteidigung wäre das, so Scheller, insbesondere deshalb relevant, weil die Regierung erklärt hatte, Salman habe ihrem Ehemann geholfen, sich eine Geschichte zurechtzulegen, die er seinen Eltern erzählt hätte bezüglich der Frage, wohin er denn unterwegs wäre in der Nacht, bevor er am frühen Morgen das Massaker im Pulse-Klub durchziehen sollte. Hätte Seddique Mateen "ein bestimmtes Maß an Vorahnung" über den Plan seines Sohnes gehabt, wäre eine solche zurechtgelegte Geschichte völlig unnötig gewesen, so die Verteidigung im Antrag.
Wie der Sentinel berichtete, stand Seddique Mateen zwar auf der Zeugenliste, aber wurde nie zur Vernehmung vorgeladen. Lediglich sein Frau Shahla Mateen sprach mit den Ermittlungsbehörden.
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Mateen sen. hatte nach einem Bericht von PJ Media im April 2016 den US-Kongress und das US-Verteidigungsministerium besucht, um Lobbyismus im Zusammenhang mit seinen eigenen Ambitionen für Afghanistan zu betreiben. Er betrieb auch eine eigene, auf Afghanistan zugeschnittene Fernsehshow, in der er seine Unterstützung für die Taliban zum Ausdruck und sich selbst als möglichen künftigen Präsidenten für das Land am Hindukusch ins Spiel brachte. Dazu habe er, wie die Washington Post berichtete, sogar ein Video auf Facebook veröffentlicht.
Mateen sen. auf Wahlkampfveranstaltung Hillary Clintons
Sohn Omar war ebenfalls auch auf der Leinwand zugegen. Eine gegen die Ölindustrie gerichtete Dokumentation unter dem Titel "The Big Fix", produziert von der Ökolobby-nahen Filmgesellschaft Green Planet Productions, zeigte ihn in Aufnahmen als Wachmann für das Sicherheitsunternehmen G4S. Er sprach darin in Uniform mit einem Reporter in der Nähe von Pensacola, kurz nach der Explosion auf der Öl-Plattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko 2010.
Der Vater des mutmaßlichen Attentäters schien sich durch die Ereignisse von Orlando indessen nicht in seinem politischen Engagement bremsen zu lassen: Bereits im August 2016 wurde Seddique Mateen als Gast auf einer Wahlkampfveranstaltung der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton in Kissimmee, Florida, identifiziert.