Kanadas voraussichtlicher neuer Premierminister Mark Carney hat nach seiner Wahl zum frisch gekürten Vorsitzenden der Liberalen Partei angekündigt, den aktuellen Handelskrieg mit den USA auszukämpfen und zu gewinnen. Der Ex-Zentralbanker warnte Washington am Wochenende davor, dass die eingeleiteten Vergeltungszölle in Kraft bleiben werden, "bis die Amerikaner uns Respekt zollen".
Der 59-Jährige kann laut US-Medien für seine neue Rolle als kommender kanadischer Premier "jahrzehntelange Erfahrung auf den höchsten Ebenen des globalen Finanzwesens" aufweisen, da er dreizehn Jahre lang bei Goldman Sachs in London, Tokio, New York und Toronto tätig war. Carney siegte mehr als souverän vor der Zweitplatzierten Chrystia Freeland.
Carney wurde mit 85,9 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden der kanadischen Liberalen Partei gewählt und hat damit die eindeutige Chance, der nächste Premierminister des Landes zu werden, um damit den unpopulären Justin Trudeau abzulösen. Er setzte sich dabei gegen vier Gegenkandidaten durch, darunter die ehemalige Finanzministerin Chrystia Freeland.
Carney ist wenig überraschend auch auf der Webseite des World Economic Forum (WEF) gelistet. Sein letzter Artikel ist dabei aus dem Jahr 2016 und trägt den Titel. "Wirtschaftswachstum: Den Patienten am Leben erhalten – Geldpolitik in einer Zeit großer Unruhe". Laut WEF-Biografie ist Carney neben diversen Verwaltungsratsposten auch Vorsitzender der Bilderberg Foundation und "externes Mitglied" der "Bloomberg Philanthropies" des Milliardärs und Medienunternehmers Michael Bloomberg. Bloomberg ist in den USA dabei Mitglied der Demokraten und seit Jahrzehnten enger Kooperationspartner von Bill Gates.
In seiner Dankesrede am Wochenende ging Carney direkt auf die jüngsten Zolldrohungen aus Washington ein, um vor den Anwesenden zu erklären:
"Donald Trump hat, wie wir wissen, ungerechtfertigte Zölle auf das erhoben, was wir bauen, was wir verkaufen, wie wir unseren Lebensunterhalt verdienen. Er greift kanadische Familien, Arbeitnehmer und Unternehmen an, und wir können und werden nicht zulassen, dass er Erfolg hat."
Die Spannungen zwischen den beiden Ländern eskalierten im Februar, als US-Präsident Donald Trump Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Kanada und Mexiko sowie Zölle in Höhe von 10 Prozent auf chinesische Einfuhren ankündigte.
Die Maßnahmen wurden dann zunächst um einen Monat verschoben und traten am vergangenen Dienstag in Kraft, wobei Automobilhersteller und Waren, die unter das Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) fallen, bis April ausgenommen waren. Ottawa reagierte daraufhin mit Zöllen auf amerikanische Produkte im Wert von 30 Milliarden US-Dollar, weitere Zölle im Wert von 125 Milliarden US-Dollar sind für den nächsten Monat vorgesehen.
Carney erklärte dazu weiter am Sonntag:
"Die kanadische Regierung schlägt zu Recht mit eigenen Zöllen zurück, die in den Vereinigten Staaten maximale und hier in Kanada minimale Auswirkungen haben werden. Meine Regierung wird unsere Zölle aufrechterhalten, bis die Amerikaner uns Respekt zollen."
Carney ging in seiner Rede auch auf Trumps provokatorische Aussage ein, Kanada solle der 51. US-Bundesstaat werden, um zu kommentieren:
"Kanada wird nie und nimmer in irgendeiner Form Teil von Amerika sein. Wir haben nicht um diesen Kampf gebeten, aber die Kanadier sind immer bereit, wenn jemand anderes die Handschuhe fallen lässt. Die Amerikaner sollten also keinen Fehler machen (...) Im Handel wie im Eishockey wird Kanada gewinnen."
Der kommende Premier warnte aber gleichzeitig davor, dass "dieser Sieg nicht einfach sein wird". Die regierende Liberale Partei rief nach dem Rücktritt von Justin Trudeau im Januar eine Wahl zum Parteivorsitzenden aus, nachdem die Zustimmungsraten aufgrund von Inflation, Immobilienkrise und wirtschaftlichen Problemen rapide gesunken waren. Aller Voraussicht nach wird nun Carney in den kommenden Tagen als Premierminister vereidigt werden.
In der Zwischenzeit hat Trump bestätigt, dass die Zölle am 2. April in Kraft treten werden, und nannte die Verzögerung "eine kleine Pause". US-Handelsminister Howard Lutnick erklärte in der NBC-Sendung Meet the Press, dass die Zölle auf Stahl und Aluminium am Mittwoch in Kraft treten werden, während die Zölle auf kanadische Milchprodukte und Holz folgen werden. Lutnick sagte, die Beschränkungen würden so lange aufrechterhalten, bis Trump mit dem Umgang Kanadas und Mexikos mit dem Zustrom von Fentanyl in die USA "zufrieden" sei. Der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Kevin Hassett, bezeichnete die Maßnahmen als "Drogenkrieg, nicht als Handelskrieg".
Einer Umfrage des Senders CTV News zufolge gehen 40 Prozent der Kanadierinnen und Kanadier davon aus, dass Carney der geeignetste Politiker für Verhandlungen mit Washington wäre. Der Noch-Premier Justin Trudeau und sein potenzieller Nachfolger Carney werden nun Kanadas Regionalgouverneurin Mary Simon aufsuchen, die offizielle Repräsentantin von König Charles III. Das Land gehört dem Britischen Commonwealth an. Der britische Monarch ist zugleich Staatsoberhaupt von Kanada, seine aktuelle Vertreterin für fünf Jahre ist die ernannte Generalgouverneurin. Diese wird Carney dann mit der Regierungsbildung beauftragen.
Carney war während der Finanzkrise 2008 Gouverneur der Bank of Canada und wurde im Jahr 2013 als erster Nichtbrite zum Gouverneur der Bank of England ernannt, wo er 2020 den Übergang der Bank nach dem Brexit beaufsichtigte.
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