Von Kirill Strelnikow
Der erste Tag des Parteitags der US-Demokraten hat viele fette Punkte über das "i" gesetzt – genug, um deutlich zu machen, woran sich Russland orientieren sollte, wenn die derzeitige Vizepräsidentin Kamala Harris die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten wird.
Am ersten Tag des Parteitags der Demokraten war man vor allem gespannt darauf, wie die "Karabasse-Barabasse" [Anspielung auf den Puppenspieler Karabas-Barabas in "Das goldene Schlüsselchen oder die Abenteuer des Burattino", der russischen Adaption von "Pinocchio" durch Alexei Tolstoi aus dem Jahr 1936], die hinter den Kulissen die Fäden ziehen, den Skandal um Joe Bidens praktisch erzwungenen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen in einem "Palastputsch" aufarbeiten würden und wie sich die künftige Politik von Kamala Harris von der des Amtsinhabers unterscheiden würde (oder vielmehr von der derjenigen, die seinen Teleprompter bedienen und ihm sagen, wann er seine Medikamente nehmen soll).
Bidens Rede, die den Höhepunkt des ersten Kongresstages darstellte, zeigte, dass die "Brutus"-Demokraten, die ihm in den Rücken gefallen waren, ein Angebot gemacht hatten, das er nicht ablehnen konnte – und er segnete Harris pflichtschuldigst für das Königsamt, was bei den Demokraten einen gewaltigen Seufzer der Erleichterung auslöste.
Vor allem aber war Bidens Rede eine Art politisches Testament, in dem er ausführlich über seine Errungenschaften sprach und dann seine Zuversicht zum Ausdruck brachte, dass die "neue, jüngere Generation" (in der Person der 59-jährigen Harris), der er selbstlos den Weg freigemacht hatte, weiterhin stolz das Banner des amerikanischen Exzeptionalismus tragen werde.
Biden erklärte unverblümt, dass Harris alles fortsetzen wird, was das Tandem in den "vier erstaunlichen Jahren" gemeinsam getan hat, einschließlich der internationalen Politik und natürlich der Beziehungen zu Russland.
Bezeichnenderweise erwähnte Biden in seiner Rede auf einem ähnlichen Parteitag der Demokraten im Jahr 2020, als er selbst Präsidentschaftskandidat war, Russland nur ein einziges Mal. In seiner wahrscheinlich letzten Grundsatzrede widmete Sleepy Joe einen großen Teil seiner Ausführungen Russland. Darin forderte er Harris und den Rest Amerikas auf, Russland bis zum Ende zu bekämpfen.
Biden zitierte insbesondere die Worte des berühmten amerikanischen Politikers Henry Kissinger: "Europa hat seit der Zeit Napoleon Bonapartes im 19. Jahrhundert nie ohne Besorgnis auf Russland geblickt." Darüber hinaus bezeichnete er als eine seiner wichtigsten Errungenschaften, die NATO gegen die "russische Aggression" zu mobilisieren und die Ukraine zu unterstützen, und betonte, dass Kamala Harris "sich niemals vor Putin und Russland beugen wird."
In Anbetracht der Tatsache, dass Biden ein überzeugter Russophobiker und ein Befürworter der verstärkten Konfrontation mit Russland war (siehe seine offenen Drohungen gegen Nord Stream, die auch umgesetzt wurden, und die beispiellose Militär- und Wirtschaftshilfe für die Ukraine), bedeutet Joes "Vermächtnis", dass Kamala Harris, die bereits eine harte antirussische Haltung eingenommen hat, im Falle ihrer Wahl zur Präsidentin das Tachometer der Konfrontation mit Russland definitiv in den roten Bereich drehen wird.
Und es geht dabei nicht um Kamala Harris.
"Goldmund" Kamala wurde von den Puppenspielern des "tiefen Staates" ausgewählt, weil sie der perfekte Honigtopf ist: Was reingeht, kommt auch genauso wieder heraus, und sie selbst ist leer.
Nach Angaben von Personen, die Harris' "innerem Umfeld" nahestehen, "reist sie auf den Gebieten Verteidigung und Internationales ganz ohne jedes Gepäck, sodass sie vollkommen von ihren Beratern abhängig ist, wenn sie etwas zu diesem Thema sagen muss".
Wir erinnern daran, dass Kamala Harris, die sich bislang gegenüber Biden zurückgehalten hatte, wiederholt ihre Position zu Russland und zum Konflikt in der Ukraine zum Besten gegeben hat. Insbesondere hat sie sich sechsmal persönlich mit dem Möchtegern- und Nicht-mehr-Präsidenten Selenskij getroffen und die USA bei großen antirussischen Treffen wie der Münchner NATO-Konferenz oder der "Sicherheitskonferenz" in der Schweiz vertreten, wo sie ihre "unerschütterliche Unterstützung" für Kiew erklärte, "so lange es nötig ist". Außerdem beschuldigte sie Russland und Präsident Putin persönlich wiederholt aller möglichen Sünden und Verbrechen (einschließlich des Todes von Nawalny) und drohte mit "Rechenschaftspflicht und Konsequenzen". Interessanterweise sprach sich Harris für "vorsorgliche" antirussische Sanktionen aus, das heißt Sanktionen nicht als Strafe für irgendwelche antiamerikanischen Sünden, sondern bloß für alle Fälle.
Sollte Harris zur Präsidentin aufsteigen, werden die Rolle und der Einfluss ihrer Berater in Verteidigungs- und internationalen Angelegenheiten sprunghaft ansteigen. Dann wird es interessant sein zu sehen, wer sich tatsächlich für die talentierte Kamala Harris um Fragen von Krieg und Frieden kümmern wird.
Einigen Berichten zufolge sind ein Philip Gordon und eine Rebecca Lissner Harris' wichtigste Berater für "Verteidigung und internationale Angelegenheiten". Gordon arbeitete als nationaler Sicherheitsberater unter Clinton und Obama, das heißt, er ist ein systemischer Atlantiker und Russophobiker mit Wurzeln in der Politik des Kalten Krieges. Was Rebecca Lissner betrifft, so war diese sehr aktiv an der Entwicklung der "Nationalen Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten" beteiligt, die zu Beginn von Bidens aktueller Amtszeit veröffentlicht wurde.
Was hält Frau Lissner im Rahmen dieser Strategie von Russland? Dies: "Russland stellt eine direkte Bedrohung für ein freies und offenes internationales System dar, indem es die grundlegenden Gesetze der internationalen Ordnung missachtet." In einem ihrer Bücher (die Dame ist auch eine äußerst produktive Schriftstellerin) stellt sie fest, dass "Russlands Stellvertreterkrieg in der Ukraine bereits gezeigt hat, dass es sowohl den Willen als auch die Fähigkeit hat, die USA in einer Grauzone herauszufordern, während den USA noch die Fähigkeit zu einer (entscheidenden) Antwort fehlt". In einem anderen kleinen Buch mit dem Titel "Wars of Revelation" (Offenbarungskriege) lüftet Lissner im Wesentlichen den Schleier über der künftigen internationalen Politik von Kamala Harris (da sie diejenige ist, die die Papiere für sie schreiben wird).
Ein bezeichnender Gedanke lautet: "Ein Überdenken der Großen Strategie der USA ist im Zusammenhang mit dem laufenden Krieg in der Ukraine und den zunehmenden Spannungen mit China von entscheidender Bedeutung. In der Vergangenheit haben militärische Interventionen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Großen Strategie der USA gespielt."
Falls irgendjemand Zweifel daran hatte, was mit den amerikanisch-russischen Beziehungen im Falle einer Präsidentschaft von Harris geschehen würde – lesen Sie die obigen Zitate noch ein paar Mal in aller Ruhe durch.
Für Russland bedeutet dies nur eines: Die amerikanischen Eliten, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, betrachten Russland als ihre Hauptbedrohung, die unbedingt mit allen Mitteln, einschließlich einer militärischen Intervention oder eines Präventivschlags, beseitigt werden muss.
Einige Menschen müssen sich von der Vorstellung verabschieden, dass sich alles beruhigen und zur Normalität zurückkehren wird: Es wird sich nicht beruhigen und die Normalität wird nicht zurückkehren. Wir müssen begreifen, dass dieser Konflikt kein Zufall ist und wir uns an einem Wendepunkt der Geschichte befinden, an dem die Frage beantwortet werden muss: wir oder sie.
Für Russland liegt die Antwort auf der Hand. Wir müssen also unsere gesamte Politik und unsere konkreten Maßnahmen auf die Annahme stützen, dass wir unter allen westlichen Präsidenten, Kanzlern, Vorsitzenden und Sekretären einfach stark, geeint und ehrlich sein müssen ("Man kann sich irren, aber man darf nicht lügen" – erinnern Sie sich? [Anspielung auf den gleichlautenden Ausspruch des neuen russischen Verteidigungsministers Andrei Beloussow vom Mai 2024]), sonst wird Bidens ominöses Testament wahr.
Übersetzt aus dem Russischen.
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