In seinem ersten Fernsehinterview seit dem desaströsen Auftritt in der Fernsehdebatte mit Trump bekräftigte der amerikanische Präsident, dass er der qualifizierteste Kandidat seiner Partei sei.
US-Präsident Joe Biden wies in einem Fernsehinterview bei ABC jegliche Zweifel an seiner Eignung als Präsidentschaftskandidat zurück und reagierte uneinsichtig auf die zunehmende Kritik.
"Ich glaube nicht, dass jemand qualifizierter ist, Präsident zu sein oder dieses Rennen zu gewinnen, als ich", sagte er in dem rund 20-minütigen Gespräch mit dem Sender ABC News. Zum Rückzug könne ihn nur Gott bewegen.
Biden wird nicht von allein gehen. Doch das Rumoren in seiner Partei ist durch das Interview nicht leiser geworden – im Gegenteil.
Die Entscheidung steht weiterhin aus. Während die Zahl der Kongressmitglieder zunimmt, die Joe Biden zum Verzicht auf eine erneute Kandidatur auffordern, hat der amerikanische Präsident betont, dass er den Willen und den Rückhalt unter ranghohen Demokraten habe, um Donald Trump im November zu schlagen.
Bei der Wahl im November werden neben dem Präsidentenamt auch viele Sitze im Parlament neu vergeben. Innerhalb der Demokratischen Partei wächst die Sorge, dass die Republikaner sowohl das Weiße Haus als auch den Kongress übernehmen könnten.
Biden weigerte sich, näher darauf einzugehen, was geschehen würde, wenn Vertraute ihn darauf hinweisen, dass sich sein Verhalten negativ auf die Mehrheiten im US-Kongress auswirken könnte.
"Ich werde diese Frage nicht beantworten. Das wird nicht passieren", erwiderte Biden. Alle würden ihm raten, im Rennen zu bleiben.
Die Reaktion der Medien fällt jedoch anders aus: Von Deutschland bis Amerika fordern viele Stimmen, dass Biden zurücktritt.
New York Times:
"Das Interview des Präsidenten mit ABC News war nicht nur eine Übung in Schadensbegrenzung, sondern auch in Realitätskontrolle."
New York Post:
"Verdrängung oder senil? Egal. Biden ist nicht fit für das Amt und hat das sture Stadium des mürrischen alten Mannes erreicht, der sie alle von seinem Rasen fernhalten will."
Wall Street Journal:
"Biden sprach im Interview zeitweise langsam und vervollständigte seine Gedanken nicht immer. Er machte jedoch im Gegensatz zu seiner Debatte keine eklatanten Fehler. Dennoch waren die Auswirkungen des Alters sichtbar."
BBC:
"Seine Stimme klang erneut schwach und gelegentlich heiser."
CNN:
"Das Interview von Präsident Joe Biden mit ABC News konnte die wachsenden Bedenken um seine Kampagne nicht zerstreuen. Sein Kampf, seine Stärke und seine kognitiven Fähigkeiten für eine zweite Amtszeit unter Beweis zu stellen, wird zu einer qualvollen persönlichen und nationalen Belastung."
Focus:
"Gibt Biden auf? Um eine gute Entscheidung zu treffen, muss er vor allem: klar denken."
Die Zeit:
"Das reicht nicht. Joe Biden schafft es im Interview mit dem US-Sender ABC nicht, die Zweifel an seiner Amtsfähigkeit zu zerstreuen. Er hat offenbar nicht einmal verstanden, dass er das jetzt tun muss, soll seine politische Karriere nicht so ein tragisches wie unwürdiges Ende nehmen."
Frankfurter Allgemeine Zeitung:
"Biden lehnte es ab, sich einer kognitiven Untersuchung zu unterziehen, um eine neurologische Erkrankung auszuschließen."
Neue Zürcher Zeitung:
"Das war kein Interview. Das war eine Intervention. … Doch der demokratische Präsidentschaftskandidat wollte sich von Stephanopoulos, der in den neunziger Jahren für den damaligen Präsidenten Bill Clinton gearbeitet hatte, nicht überzeugen lassen."
Kurz vor dem ABC-Interview machte Joe Biden eine weitere irritierende Aussage. Dem US-Sender WURD aus Philadelphia sagte Biden, er sei "stolz", die erste "schwarze Frau zu sein, die unter einem schwarzen Präsidenten dient". Der Präsident verhaspelte sich in dem Satz mehrmals: Er verwechselte sich mit Kamala Harris, seiner eigenen Vizepräsidentin, und meinte wohl seine eigene Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama.
Diese Aussage hat erneut Fragen zu Bidens Klarheit und Konzentration aufgeworfen, gerade zu einem Zeitpunkt, da seine Eignung für eine weitere Amtszeit intensiv diskutiert wird.
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