Auf dem US-Portal The Hill erschien ein Kommentar, der im Kern eine aktive militärische Beteiligung der USA fordert. Unter der Überschrift "Biden verliert den III. Weltkrieg" fassen die beiden Autoren Mark Toth und Jonathan Sweet ihre Sicht auf die Weltlage zusammen. Was eine persönliche Entgleisung wäre, die ignoriert werden könnte – wenn nicht The Hill das Portal wäre, das den tiefsten Einblick in die derzeit in Washington stattfindenden Debatten ermöglicht, die beiden Autoren nicht eine regelmäßige Kolumne zu Sicherheitsfragen hätten, ihre Meinung also durchaus Einfluss besitzt, und nicht einer der beiden, Jonathan Sweet, von 2012 bis 2014 Leiter der nachrichtendienstlichen Abteilung von EUCOM gewesen wäre.
Wer meint, die Überschrift deute auf Einsicht in die militärische Lage, irrt sich. Im Gegenteil: Die beiden Autoren vergleichen US-Präsident Joe Biden mit dem 15. Präsidenten James Buchanan, der "weithin für den schlechtesten der Geschichte gehalten werde" – weil er, der selbst eher die Vorstellungen der Südstaaten teilte, diesen gegenüber zu nachgiebig gewesen sei. Als am Ende seiner Amtszeit, als Lincoln bereits gewählt war, das Amt aber noch nicht angetreten hatte, der Konflikt zwischen Nord und Süd schärfer wurde, versuchte er, jeden Schritt hin zu einer militärischen Auseinandersetzung zu vermeiden.
"1860 weigerte sich Buchanan, der eine Eskalation fürchtete, die strategische Festung, die die Zufahrt zum Hafen von Charleston bewachte, ausreichend zu verstärken. Obwohl ein solcher Schritt das Ergebnis des Krieges nicht verändert hätte, hätte dies eine sehr nötige rote Linie für die Sezessionisten des Südens gezogen.
Stattdessen tat Buchanan das minimal Erforderliche, so, wie die Biden-Regierung es jetzt in der Ukraine tut, im Indopazifik und im Nahen Osten. Die US-Verbündeten zu verteidigen, genügt nicht, so wie es sich als nutzlos erwies, Fort Sumter minimal zu verteidigen."
Die USA befänden sich derzeit in mehreren Kriegen: "der Krieg in der Ukraine, der Krieg im Nahen Osten, und der drohende Krieg um Taiwan und das Südchinesische Meer". Und dann stocken die Autoren noch auf, mit "dem Krieg um Einfluss, den wir in der Sahel-Region in Afrika verlieren".
Biden weigere sich, mit Blick auf die Wahlen im November, anzuerkennen, dass der Dritte Weltkrieg bereits begonnen habe. Das (und nicht die realen industriellen Gegebenheiten) sei der Grund, warum das Militär, die Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie und die Fähigkeiten im Cyberkrieg so mangelhaft seien.
"Die Losung des Tages im Weißen Haus von Biden darf nicht mehr 'verteidigen' heißen, sondern 'siegen'. Sorge vor möglicher Eskalation 'hat nur zu luftleeren Räumen geführt, die von den Feinden unserer Nation gefüllt werden'."
An keiner Stelle im Text wird erwähnt, warum diese Eskalation gefürchtet wird; das Wort "Atomkrieg" kommt darin nicht vor. Die Entscheidungen, die James Buchanan traf, betrafen nur die Bürger der Vereinigten Staaten selbst; bei einer direkten Konfrontation der Vereinigten Staaten mit China und/oder Russland ist das anders. Der Unterschied zwischen einem Krieg im 19. und einem Krieg im 21. Jahrhundert zwischen Atommächten wird nicht wahrgenommen, obwohl einer der Autoren pensionierter Oberst ist. Stattdessen endet der Artikel mit Sätzen, die nur als Aufruf zu einer direkten militärischen Beteiligung gelesen werden können:
"Der Dritte Weltkrieg hat begonnen, und unsere Nation ist schutzlos. Fort Sumter steht symbolisch leer. Die Streitkräfte des Landes sind überlastet, sehen sich möglicherweise gleichzeitig drei Kriegen gegenüber und sind nur auf einen vorbereitet.
Statt Abraham Lincoln und seinen Siegeswillen zu verkörpern, imitiert Biden Buchanan und versagt in seiner Pflicht als Führer der freien Welt."
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