Ein geleaktes Memo aus dem US-Außenministerium zeugt von einem internen Streit innerhalb des Ministeriums zum Umgang mit Israel. Das Dokument kritisiert US-Präsident Joe Biden scharf. Die Verfasser fordern von der US-Regierung die Bereitschaft, Israel öffentlich zu kritisieren.
“Wir müssen Israels Verstöße gegen internationale Normen öffentlich kritisieren. Beispielsweise die Tatsache, dass Israel seine Angriffe nicht auf legitime militärische Ziele beschränkt“,
zitierte das US-Magazin Politico aus dem Memo. Dort heißt es weiter.
"Wenn Israel Siedlergewalt und illegale Landbeschlagnahmungen unterstützt oder exzessive Gewalt gegen Palästinenser anwendet, müssen wir öffentlich kommunizieren, dass dies gegen unsere amerikanischen Werte verstößt …"
Das Memo räumt ein, dass Israel ein "legitimes Recht und eine legitime Pflicht" zur Selbstverteidigung habe. Dieses Recht beziehe sich auf die Taten der Hamas. Es wird jedoch argumentiert, dass "dass die Zahl der Opfer inakzeptabel ist". Der Text bezieht sich dabei auf die tausenden Palästinenser, die meisten von ihnen Zivilisten und viele Kinder, die bisher von Israel getötet wurden. Die Zahl der zivilen Opfer durch den Beschuss von Gaza durch die israelische Armee hat bereits nach einem Monat die Zahl der getöteten Zivilisten in 20 Monaten Ukraine-Krieg übertroffen.
Die Toleranz der US-Regierung gegenüber der hohen Opferzahl im Gazastreifen nähre Zweifel an der "regelbasierten Ordnung". Die USA müssten die Hamas und die israelische Regierung mit demselben Maß messen.
Damit wird deutlich, dass die offizielle US-Politik zum Nahostkonflikt nicht nur von der kritischen US-Öffentlichkeit, sondern auch innerhalb der Administration infrage gestellt wird. US-Präsident Joe Biden hat Forderungen nach einem Waffenstillstand eine Absage erteilt. Zuletzt hat sich die Botschaft der US-Regierung verschoben. Der Schutz von Zivilisten wurde stärker akzentuiert, allerdings ohne direkte Kritik am extrem brutalen Vorgehen Israels.
Die israelischen Verstöße gegen internationales Recht und insbesondere die Genfer Konvention werden von der Mehrheit der Länder außerhalb des kollektiven Westens deutlich kritisiert. Zuletzt nahm die UN-Generalversammlung am 27. Oktober mit einer Mehrheit von 120 Stimmen eine nicht bindende Resolution an, die einen sofortigen humanitären Waffenstillstand fordert. Aus Protest ziehen immer mehr Länder ihr diplomatisches Personal aus Israel ab – zuletzt auch Südafrika. Der Sicherheitsrat, der bindende Resolutionen verabschieden kann, ist durch das Veto der USA faktisch handlungsunfähig.
Deutschland bleibt von der immer lauter werdenden Diskussion um die Legitimität und vor allem Angemessenheit der israelischen militärischen Maßnahmen weiterhin unberührt. Deutsche Politik übt den Schulterschluss mit der rechtsnationalistischen Regierung Netanjahus. Mit seinem Bekenntnis zur bedingungslosen Unterstützung Israels gerät Deutschland allerdings nicht nur außerhalb des Westens, sondern auch innerhalb der EU immer weiter in die Isolation. Der Blog Lost in Europe merkt in diesem Zusammenhang an, dass in Deutschland Kritik am rechtsextremen Kurs Netanjahus weiterhin tabu ist. Der Blogautor schreibt:
"Deutschland isoliert sich nicht nur politisch, sondern auch intellektuell – und alles aus einer falsch verstandenen, weil gleichzeitig (innenpolitisch) zu engstirnigen und (außenpolitisch) zu weit ausgelegten Staatsräson …"
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