Im Januar 2002, nach den Anschlägen vom 11. September auf die USA, wurde der US-Stützpunkt in der Guantánamo Bay auf Kuba um ein Internierungs- und Folterlager erweitert. Die USA internierten dort "feindliche Kombattanten" ohne Recht auf Anhörung und rechtlichen Beistand. Die Internierten werden gefoltert und ihrer fundamentalen Rechte beraubt. Die USA begingen und begehen dort grausamste Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Lager existiert inzwischen über zwanzig Jahre und ist zum Sinnbild für die vom Westen begangenen Verstöße gegen die Menschenrechte, das Völkerrecht und die Erosion der Rechtsstaatlichkeit im Westen geworden.
In einem Bericht der Vereinten Nationen bescheinigt die Sonderberichterstattung für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Terrorismusbekämpfung, Fionnuala Ni Aolain, den USA auf Guantánamo anhaltend und systematisch Menschenrechte zu verletzen. Sie fordert, das Lager zu schließen.
Die Schließung des Lagers war vielfach versprochen, aber nie umgesetzt worden. Barack Obama war unter anderem für das Versprechen, das Lager zu schließen und die USA zurück zur Rechtsstaatlichkeit zu führen, zum Präsidenten gewählt worden. Wort gehalten hat er nicht.
Mit Ni Aolain hat zum ersten Mal eine unabhängige Berichterstatterin Zugang zum Lager erhalten. Ihre Schilderungen sind bedrückend. Noch immer sind 34 Menschen im Lager interniert. Auf dem Höhepunkt der Verfolgung von vornehmlich muslimischen Menschen durch die USA in ihrer "Anti-Terror-Kampf" genannten Zerstörung der rechtsbasierten und codierten Nachkriegsordnung und des Umbaus der internationalen Ordnung zum Recht des Stärkeren waren über 800 Personen im Folterlager eingesperrt.
Den im Lager festgehaltenen Personen werden grundlegende Rechte vorenthalten. Darunter das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Das Leid der Inhaftierten sei dauerhaft und anhaltend, sagt Ni Aolain. Sie beschreibt das Lager als "grausam, unmenschlich und herabwürdigend".
Der deutsche Staatsbürger Murat Kurnaz war von 2002 bis 2006 in Guantánamo interniert. Kurnaz berichtet von Folter und Schlafentzug. Er wurde unter anderem der Folterpraktik "Waterboarding" unterzogen, bei dem der Gefolterte den Eindruck bekommt, zu ersticken. Kurnaz wirft dem damaligen Kanzleramtschef und heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier vor, seine frühzeitige Auslieferung hintertrieben zu haben. Seine Gefangenschaft auf Guantánamo beschreibt er in einem Interview mit dem Journalisten Thilo Jung.
Wie mit den verbliebenen 34 Insassen weiter verfahren wird, ist unklar. Es ist zu befürchten, dass die Mehrheit von ihnen ihr Leben in Unfreiheit beendet.
Die USA weisen die Vorwürfe der UN-Sonderberichterstatterin zurück. Sie habe lediglich ihre individuelle Sichtweise dargelegt, heißt es in Washington.
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