Hunter Biden, der Sohn von US-Präsident Joe Biden, hat einem Bericht der Washington Post zufolge eine Gegenklage gegen den Besitzer jener Computerwerkstatt in Delaware eingereicht, bei der Hunter 2019 seinen berüchtigten Laptop zur Reparatur abgegeben und nicht mehr abgeholt hatte. Die Klage ist demnach eine Reaktion auf eine Verleumdungsklage, die der Ladenbesitzer John Paul Mac Isaac im vergangenen Jahr eingereicht hatte. Dies ist Bidens erste juristische Einreichung, seit sein Laptop im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht.
In der 42-seitigen Klageschrift vom Morgen des 17. März 2023 machen Bidens Anwälte sechs Gegenforderungen geltend und behaupten, dass der Computerreparateur John Paul Mac Isaac kein Recht gehabt habe, Bidens private Informationen zu kopieren und zu verbreiten. Sie beschuldigen den Laptop-Reparateur und weitere Personen unter anderem der Verletzung der Privatsphäre sowie der Verschwörung zur Beschaffung und Weitergabe von Daten zu politischen Zwecken. So wird Mac Isaac insbesondere vorgeworfen, die Daten von Hunter Bidens Laptop an "politische Feinde" weitergegeben zu haben, um den damaligen US-Präsidenten Donald Trump bei dessen Kampagne zu unterstützen.
"Der Zweck des Eindringens in die Privatsphäre von Herrn Biden und der Verbreitung seiner Daten bestand nicht in einem legitimen Zweck, sondern darin, Herrn Biden Schaden zuzufügen und ihn in Verlegenheit zu bringen", heißt es in der Klageschrift. Mac Isaac beharrt hingegen darauf, rechtmäßig gehandelt zu haben, da sowohl der Laptop als auch die externe Festplatte 2019 nach 90 Tagen rechtmäßig in sein Eigentum übergangen seien, nachdem das Gerät nicht abgeholt worden war. Vielmehr habe Biden ihn verleumdet, indem er behauptete, er habe illegal auf die Daten zugegriffen, so Mac Isaac.
Der Sohn des Präsidenten fordert nun ein Schwurgerichtsverfahren und "Schadenersatz" von Mac Isaac. In der am Freitag eingereichten Klageschrift werden von Hunter Bidens Anwälten mehrere Wege aufgezeigt, wie Mac Isaac die Daten an andere weitergegeben haben soll. Demnach habe er eine Festplatte in einem ausgestopften Tier an seinen Vater in New Mexico und an einen Anwalt geschickt, der mit Trumps Anwalt Rudy Giuliani zusammenarbeitete. Auf diesem Weg hätten Giuliani, Steve Bannon und politische Berater der Republikaner schließlich Zugang zu einigen von Bidens Daten erhalten, die laut der Klage "sensibles, privates Material" enthielten:
"Der unbefugte Zugriff auf die Daten von Herrn Biden und deren Verbreitung ist für Herrn Biden beleidigend und verwerflich."
Der Sohn des US-Präsidenten habe die "mehr als berechtigte Erwartung" gehabt, dass seine Daten nicht abgerufen, kopiert oder ins Internet gestellt würden, "damit andere sie gegen ihn oder seine Familie verwenden können oder die Öffentlichkeit sie einsehen kann", heißt es in der Klage weiter. Mac Issac hätte wissen müssen, dass die Personen, denen er die Informationen bereitstellte, diese gegen Joe Biden verwenden würden. "Seriöse Computerfirmen und Reparateure löschen routinemäßig persönliche Daten auf Geräten, die ausgetauscht, zurückgelassen oder aufgegeben werden", argumentieren die Anwälte. "Sie öffnen und kopieren diese Daten nicht und stellen sie dann anderen zur Verfügung, wie es Mac Isaac hier getan hat."
Ende Januar hatte Mac Isaac einen Privatdetektiv damit beauftragt, Biden in Culver City, Kalifornien, ausfindig zu machen und dem Sohn des Präsidenten eine Klage über 1,5 Millionen Dollar Schadensersatz zuzustellen. Der Computertechniker behauptet, dass Biden und sein Anwaltsteam versuchten, ihn strafrechtlich zu belangen, weil er den Inhalt des Laptops weitergegeben hat. "Er versucht, uns einzuschüchtern. Und es ist interessant für mich, dass dies zu diesem Zeitpunkt passiert ist", erklärte Mac Isaacs Anwalt Brian Della Rocca im Januar gegenüber Fox News.
Biden hatte den berüchtigten Laptop am 12. April 2019 in das Geschäft von Mac Isaac gebracht, um festzustellen, ob die auf dem Gerät enthaltenen Daten wiederhergestellt werden können. Der Sohn des US-Präsidenten holte den Laptop jedoch nicht wieder ab und bezahlte Mac Isaac auch nie für seine Dienste. Weniger als einen Monat vor den US-Präsidentschaftswahlen 2020 gelangten die Dateien über Guilliani schließlich zur New York Post. Unter dem Titel "The Laptop from Hell" (Der Laptop aus der Hölle) veröffentlichte die Zeitung unter Berufung auf eine E-Mail zu einem Treffen Joe Bidens mit einem Vorstandsmitglied des ukrainischen Gasunternehmens Burisma – dem auch Hunter Biden vorstand – kurze Zeit später einen Bericht. Darin wurde dargelegt, dass der damalige Vizepräsident seine Zuständigkeit für die Ukraine zugunsten seines Sohnes ausgenutzt habe.
Aber auch in anderen Ländern sollen laut den von der Post veröffentlichten Daten fragwürdige Geschäfte gelaufen sein, die auf Einflussnahme schließen lassen. Twitter schränkte die Verbreitung des Artikels der Post daraufhin kurzerhand ein und sperrte die Nutzer für die Weitergabe von Links und Bildern des Artikels. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte damals, dies entspreche den Richtlinien für gehacktes Material. Der Kurznachrichtendienst war daraufhin mit heftiger Kritik konfrontiert worden und änderte schließlich seine Richtlinien. Aber auch Facebook schränkte die Möglichkeit der Nutzer ein, die Post-Story zu teilen.
Spätere Berichte anderer Nachrichtenorganisationen bestätigten die Echtheit des von der Post zitierten Materials und schürten die Kritik, dass soziale Medienplattformen und Mainstream-Medien legitime Nachrichten unterdrückt hätten. Der ehemalige Twitter-CEO Jack Dorsey räumte daraufhin ein, dass die Sperrung von Links zu der Geschichte falsch gewesen sei. In einer seiner ersten Amtshandlungen als neuer Twitter-Eigentümer veröffentlichte Elon Musk interne E-Mails, die beweisen, welchen Einfluss Politiker und Ideologen bei Twitter ausgeübt haben.
Ebenso wie die Social-Media-Konzerne hatte Hunter Biden seit der Veröffentlichung der Inhalte seines Computers durch die New York Post versucht, Zweifel an der Herkunft seiner persönlichen Daten zu streuen, die laut der Zeitung von dem Laptop stammen. Denn neben den brisanten Geschäftskorrespondenzen waren auf dem Laptop damals auch fragwürdige Fotos von Hunter Biden gefunden worden, die ihn beim Drogenkonsum oder Sex zeigen, und die inzwischen im Internet kursieren. "Es könnte ein Laptop da draußen sein, der mir gestohlen wurde", erklärte der jüngere Biden im Jahr 2021 in einem CBS-Interview. "Es könnte sein, dass ich gehackt wurde. Es könnte sein, dass es der – dass es der russische Geheimdienst war. Es könnte sein, dass er mir gestohlen wurde."
Der juristische Schritt Bidens stellt die jüngste Eskalation in dem Streit zwischen ihm und Mac Isaac dar. In dessen Verlauf hatte der Sohn des Präsidenten den prominenten Strafverteidiger Abbe Lowell engagiert, der in den letzten Wochen eine Reihe von Unterlassungserklärungen an Rudy Giuliani, Steve Bannon, das US-Justizministerium und die in dem Fall ermittelnde Steuerbehörde gerichtet hat. Ein weiterer von Hunter Biden beauftragter Anwalt, Bryan Sullivan, nahm den Fox News-Moderator Tucker Carlson ins Visier und forderte den Sender auf, seine frühere Berichterstattung über den Laptop zurückzuziehen. Der Star-Moderator, so Sullivan, verstoße "in eklatanter Weise gegen jegliche journalistische Professionalität", was den Nachrichtensender für "mögliche Rechtsstreitigkeiten" haftbar machen könnte.
Inzwischen wird allerdings auch von US-Behörden untersucht, ob Hunter und seine Geschäftspartner bei ihren Geschäften gegen Steuer- und Geldwäschegesetze verstoßen haben. Und auch die Republikaner im US-Repräsentantenhaus haben ihre Untersuchungen gegen den Präsidenten und seine Familie zur obersten Priorität erklärt. Im Rahmen eines Untersuchungsausschusses soll nun festgestellt werden, ob die Familie Biden die "nationale Sicherheit auf Kosten der amerikanischen Bevölkerung gefährdet hat."
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