Am 3. Februar waren im Osten Ohios in der Kleinstadt East Palestine 53 Waggons eines mit giftigen Chemikalien teilbeladenen Gütertransports entgleist und in Brand geraten. Im Rahmen erster Maßnahmen wurden am 5. Februar die Anwohner im Umkreis von rund anderthalb Kilometern um den Unglücksort aufgefordert, ihre Häuser vorerst zu verlassen. Fünf Tage später erfolgte die behördliche Erlaubnis zur Rückkehr.
Um einer Explosion zuvorzukommen, beschloss das zuständige Zugunternehmen Norfolk Southern laut einer offiziellen Mitteilung am dritten Tag nach dem Ereignis eine kontrollierte Entlüftung und Verbrennung des Vinylchlorids aus den fünf betroffenen Waggons am Nachmittag des 6. Februar. Demnach verkündeten im Anschluss "die Gouverneure von Pennsylvania und Ohio", dass die Bewohner "in ihre Häuser zurückkehren können und keinen Schutz mehr suchen müssen".
Meldungen zu der umgehenden massiven Umweltbelastung der Region und den daraus resultierenden Auswirkungen auf Menschen und Tiere der betroffenen Kleinstadt belegen die hohe Kontamination durch die in der Luft zirkulierenden hochtoxischen Gase.
Eine seitens des Zugunternehmens Norfolk Southern beauftragte Firma, das Zentrum für Toxikologie und Umweltgesundheit (Center for Toxicology and Environmental Health, CTEH) wurde beauftragt, ermittlungstechnisch die Wasser-, Boden- und Luftqualität in East Palestine zu testen. Der US-Sender Fox News wie auch weitere alternative US-Podcasts berichten nun über das Ereignis, dass Betroffene der gerade mal 4.750 Einwohner kleinen Ortschaft seitens CTEH vor Start der Testungen unter zusätzlichen Druck gesetzt wurden.
In der Behördenmitteilung vom 8. Februar heißt es bezüglich getätigter Luftuntersuchungen:
"Luftqualitätsproben im Bereich des Wracks und in den nahe gelegenen Wohnvierteln ergaben durchweg Messwerte, die unter den Sicherheitsgrenzwerten für bedenkliche Schadstoffe lagen. Auf der Grundlage dieser Informationen haben die staatlichen und örtlichen Gesundheitsbehörden entschieden, dass es für die Gemeindemitglieder nun sicher ist, in ihre Häuser zurückzukehren."
Dem bekannten US-Moderator Tucker Carlson schilderten zwei Bewohner East Palestines nun ihre Erfahrungen mit dem beauftragten Unternehmen CTEH. So wurde seitens der Mitarbeiter auf dem Grundstück bestätigt, dass sie nicht "unabhängig" agieren würden, in Bezug des Auftraggebers Norfolk Southern. Vor Start der Untersuchungen und Wasser-Probeentnahmen musste demnach jeder Bewohner eine vorbereitete Verzichtserklärung unterschreiben:
Ein US-Podcast-Moderator bestätigt durch das Interview mit einer weiteren Bewohnerin der Kleinstadt diesen Vorgang. So hätte Katlyn Schwarzwaelder, wohnhaft in East Palestine, ihm erklärt, dass die mit der US-Regierung unterstellten Umweltschutzbehörde EPA (Environmental Protection Agency) verbundene Firma CTAH, im Auftrag des Zugunternehmens auch sie am 11. Februar aufgefordert hatte, die Verzichtserklärung zu unterschreiben. Sie weigerte sich demnach, hätte aber die Information, dass rund 340 betroffene Einwohner dies bereits als Vorbedingung für Untersuchungen akzeptierten.
Der Wortlaut der Erklärung lautet laut Verfügungstellung durch Katlyn Schwarzwaelder, dass die/der Unterzeichnende den Zutritt auf das Grundstück allen Mitarbeitern "Norfolk Southerns, seinen verbundenen Unternehmen, Tochtergesellschaften, Muttergesellschaften, Auftragnehmern, assoziierten Umweltfachleuten und unterstützenden lokalen, staatlichen und bundesstaatlichen Behörden" damit gestatten würde. Des Weiteren wird verlangt:
"Der Landeigentümer erklärt sich damit einverstanden, den Durchführenden von allen rechtlichen Ansprüchen freizustellen und schadlos zu halten, auch für Personen- und Sachschäden, die sich aus der Durchführung der Lufttestung oder der Umweltprobenahme durch das Überwachungsteam ergeben."
Ein auf der Webseite Substack veröffentlichter Artikel zur Causa CTEH beschäftigt sich mit der fraglichen Rolle dieses Unternehmens. Aktuell würden Kritiker erinnern, dass CTEH in der Vergangenheit die Auswirkungen von Umweltkatastrophen im Rahmen von Untersuchungsaufträgen heruntergespielt hatte, um dadurch "seine Arbeitgeber zufriedenzustellen". Weiter heißt es in dem Artikel:
"Das in Arkansas ansässige Unternehmen bietet zwar Beratungsdienste für verschiedene Branchen an, ist aber dafür bekannt, dass es für die Öl- und Gasindustrie nach Gesundheits- und Sicherheitsvorfällen toxikologische Untersuchungen durchführte."
So wäre das Unternehmen bei einem größeren US-Umweltereignis im Jahr 2005 involviert, als eine Million Liter Öl in einer Stadt in Louisiana ausgelaufen waren. Grund des Ereignisses war ebenfalls ein Norfolk-Southern-Zugunglück. 2008 wurde CTEH engagiert, nachdem eine Flut giftiger Kohleasche das Zentrum von Tennessee überschwemmte. In beiden genannten Beispielen wurde das Unternehmen im Anschluss beschuldigt, "die von seinen Arbeitgebern gewünschten Daten zu liefern und der Öffentlichkeit fälschlicherweise zu versichern, dass sie vor Schäden sicher sei". Kritiker beriefen sich demnach "auf ungenaue Überwachungsverfahren des Unternehmens bei der Luftqualitätsuntersuchung nach dem Kohleascheunfall im Jahr 2008, auf schlechte Probeentnahmetechniken zur Bewertung der Bodenverschmutzung im Jahr 2005 und auf eine umstrittene Analyse von giftigen Trockenbauwänden im Jahr 2006".
Als weiteres kritisches Beispiel wird die Arbeit CTEHs für das Mineralölunternehmen BP, ehemals British Petroleum, nach der Deepwater-Horizon-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im Jahr 2010 genannt. In der Nachbearbeitung bezeichnete die New York Times CTEH in einem Artikel als "Fuchs, der den Hühnerstall bewacht". Demokraten im US-Kongress erkannten die Aktivitäten als "Interessenkonflikt". Damalige Beobachter der Ereignisse monierten, dass CTEH "ein persönliches Interesse daran hat, eine saubere Unbedenklichkeitsbescheinigung zu finden, um seinen Arbeitgeber (Auftraggeber BP) zufriedenzustellen".
Auch zwölf Tage nach der Entgleisung, den giftigen Gasen und daraus resultierenden körperlichen Symptomen bei den Anwohnern und einer Spur von toten oder kranken Tieren in der betroffenen Gegend hat sich das Weiße Haus öffentlich kaum zu dem Vorfall geäußert. Ein Statement seitens US-Präsident Joe Biden fand nicht statt. So endete auch am 13. Februar die tägliche Pressekonferenz des Weißen Hauses ohne ein einziges Wort über die Tragödie in East Palestine. Am 14. Februar teilte die zuständige Sprecherin Karine Jean-Pierre den Journalisten lediglich mit:
"Die EPA arbeitet Hand in Hand mit dem Staat Ohio. Die Biden-Administration steht in Kontakt mit den lokalen Beamten, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden."
Bis dato ist weiterhin kein einziger offizieller US-Regierungspolitiker in East Palestine vor Ort gewesen, um sich einen persönlichen Eindruck der fatalen Lage der Bewohner zu verschaffen. Die Verunsicherung unter den Einwohnern der Kleinstadt wächst täglich. So stellte ein besorgter Anwohner gegenüber dem US-Sender CNN die berechtigte Frage:
"Ist es in Ordnung, noch hier zu sein? Sind meine Kinder sicher? Sind die Menschen sicher? Ist die Zukunft dieser Gemeinde sicher?"
Am 15. Februar veröffentlichte Mike DeWine, Gouverneur des Bundesstaats Ohio, erste "Ergebnisse der kommunalen Wassertests". Dazu heißt es in der Mitteilung auf der Webseite:
"Neue Wassertestergebnisse wurden an die Ohio EPA zurückgeschickt. Die Ergebnisse zeigen, dass im Rohwasser der fünf Brunnen, die in das städtische Wassersystem von East Palestine einspeisen, keine Schadstoffe nachgewiesen wurden. Aufgrund dieser Testergebnisse ist das Ohio EPA zuversichtlich (sic!), dass das Wasser der Gemeinde sicher zu trinken ist."
Ausführendes Unternehmen der Wassertests war bekanntermaßen CTEH, das in Kritik geratene "Zentrum für Toxikologie und Umweltgesundheit".
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