Mehr als zehn Jahre nach Beginn seiner epischen Reise über die karge Oberfläche des Planeten Mars hat der NASA-Rover "Curiosity" eine weitere erstaunliche Entdeckung gemacht. Der Rover hat "den bisher deutlichsten Beweis" für das entdeckt, was NASA-Wissenschaftler für "uralte Wasserwellen" halten - ein faszinierender neuer Hinweis zur Geschichte des Roten Planeten. Denn die neu entdeckten wellenförmigen Sedimentschichten deuten darauf hin, dass die umliegende "sulfathaltige Fläche", die "Curiosity" seit Herbst letzten Jahres erforscht, einst von einem flachen See bedeckt war.
Ursprünglich gingen die Wissenschaftler davon aus, dass jene Region trocken war. Als "Curiosity" im vergangenen Herbst auf der sulfathaltigen Fläche ankam und die ersten Daten zur Erde sendete, bemerkten die Forscher jedoch schnell, dass ihre ursprüngliche Annahme falsch sein musste. Denn die vom Rover gesendeten Daten lieferten den ersten Beweis dafür, dass diese Region des heute kargen Planeten einst von Seen bedeckt war. Die einstige Fehleinschätzung war insbesondere auf den Umstand zurückzuführen, dass sich die Gesteinsschichten des besagten Gebiets in einer trockeneren Umgebung gebildet hatten, als jene in den Regionen, die zuvor im Rahmen der Mission erforscht wurden. Nun steht jedoch fest: Die Sulfate – salzige Mineralien – in diesem Gebiet blieben zurück, als das Wasser in der Region bis auf die Größe eines Rinnsals versiegte.
Vor Milliarden von Jahren wirbelten Wellen an der Oberfläche eines flachen Sees Sedimente am Seeboden auf, die im Laufe der Zeit kräuselnde Strukturen im Gestein hinterließen. Als das Wasser verdampfte und der Planet austrocknete, verwandelte sich der Eindruck der Wellen in Felsen, die jetzt vom NASA-Rover entdeckt wurden. "Dies ist der beste Beweis für Wasser und Wellen, den wir während der gesamten Mission gesehen haben", wird Ashwin Vasavada, Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Südkalifornien in einer am Mittwoch veröffentlichten Pressemitteilung der Weltraumbehörde zitiert:
"Wir sind durch Tausende von Metern an Seeablagerungen geklettert und haben nie solche Beweise gesehen – und jetzt haben wir sie an einem Ort gefunden, von dem wir erwartet haben, dass er trocken ist."
Seit dem Jahr 2014 erklimmt der Rover die Ausläufer des "Mount Sharp", eines fünf Kilometer hohen Berges, der einst von Seen und Bächen durchzogen war, die ein reichhaltiges Umfeld für mikrobielles Leben boten – falls sich auf dem Mars jemals welches gebildet haben sollte. "Mount Sharp" besteht aus mehreren Gesteinsschichten, wobei sich die ältesten am Fuß des Berges und die jüngsten an seiner Spitze befinden. Während der Rover aufsteigt, bewegt er sich somit entlang einer "marsianischen Zeitlinie". Dies ermöglicht den Wissenschaftlern Untersuchungen darüber, wie sich der Mars von einem Planeten, der in seiner Vergangenheit mit seinem wärmeren Klima und reichlich Wasser eher der Erde ähnelte, zu der eisigen Wüste entwickelt hat, die er heute ist.
Die gewellten Gesteinstexturen entdeckte der Rover im sogenannten "Marker Band" des Berges – einer dünnen Schicht aus dunklem Gestein in rund 800 Metern Höhe, die sich farblich vom Rest des "Mount Sharp" abhebt. Diese Gesteinsschicht ist allerdings so hart, dass es "Curiosity" trotz mehrerer Versuche nicht gelang, eine Probe zu entnehmen. Jenes Problem ist jedoch kein Neues: Weiter unten am Berg, auf dem "Vera Rubin Ridge", musste der Rover ebenfalls drei Versuche unternehmen, bevor er eine Stelle fand, die weich genug war, um zu bohren.
Sollten weitere Versuche, eine Probe zu entnehmen, erfolglos bleiben, möchte das "Curiosity"-Team mit dem Rover zeitnah andere Ziele ansteuern, denn die Forscher haben ihren Blick bereits auf ein neues Ziel am "Mount Sharp" gerichtet. Nahe der jetzigen Fundstelle liegt ein vom Wind geformtes Tal, als "Gediz-Tal" benannt, in dem es offenbar auch Wassererosionen durch einen kleinen Fluss und möglicherweise Erdrutsche und anderes gegeben hat. Zurückgebliebene Trümmer jener vermeintlichen Erdrutsche hatte "Curiosity" bereits im vergangenen Jahr entdeckt.
Bei diesen Erdrutsch-Resten handelt es sich wahrscheinlich um die jüngste wassergetriebene Geologie des Berges, die lange nach der Ära der flüssigen Seen abgelagert wurde. Mit "Curiosity" konnten die Wissenschaftler im vergangenen Jahr zweimal einen Blick auf den Schutt am "Gediz Vallis Ridge" werfen. Allerdings konnten sie ihn nur aus der Ferne vermessen. Das Rover-Team hofft nun, im Verlauf dieses Jahres eine Gelegenheit zu bekommen, die Gesteinsformation aus der Nähe zu betrachten. Eine weitere Struktur innerhalb des "Marker-Bandes", die das Interesse des Forscherteams auf sich gezogen hat, ist eine ungewöhnliche Gesteinstextur, die wahrscheinlich durch eine Art regelmäßiger Wetter- oder Klimazyklen wie Staubstürme entstanden ist.
Auch sie liegt nicht weit von den gewellten Strukturen entfernt, die "Curiosity" gerade untersucht. Die im Fokus stehende Gesteinstextur weist den Forschern zufolge überlappende Schichten auf, die ungewöhnlich regelmäßig in ihren Abständen und ihrer Dicke sind. Von den Wissenschaftlern werden sie daher als rhythmisch bezeichnet. Auf der Erde lässt sich diese Art von rhythmischen Mustern in Gesteinsschichten oft auf atmosphärische Ereignisse wie Staubstürme oder saisonale Wettermuster zurückführen, die in regelmäßigen Abständen stattfinden.
Es ist möglich, dass die rhythmischen Muster in den Gesteinen des Mars auf ähnliche Ereignisse zurückzuführen sind. "Die Wellenkräuselungen, Schuttströme und rhythmischen Schichten zeigen uns, dass die Geschichte des Übergangs von nass zu trocken auf dem Mars nicht einfach war", erklärte Vasavada. Daraus schließt er:
"Das Klima des Mars war einst ähnlich komplex wie das der Erde."
"Curiosity" ist Teil der im Jahr 2004 offiziell ins Leben gerufenen NASA-Mission "Mars Science Laboratory" (MSL). Der rund 900 Kilogramm schwere Rover dient den Forschern dabei als rollendes Minilabor. Mit minimalem Tempo rollt der Rover über die Mars-Oberfläche und nimmt regelmäßig Proben. Die Analyse der bisher gesammelten Proben zeigt den Forschenden, dass es auf dem Mars einst Süßwasser und sogenannte Grundbausteine des Lebens wie Kohlendioxid, Schwefeldioxid und Sauerstoff gab. Der Rover verhalf auch zu der Erkenntnis, dass eine bemannte Mars-Mission, wie sie etwa SpaceX-Chef Elon Musk vorschwebt, tatsächlich möglich ist.
Einer solchen Mission stand bisher neben den noch existierenden technischen Hürden vorrangig die These im Weg, dass die Astronauten sowohl auf dem langen Weg zum Mars als auch auf dem Roten Planeten selbst, einer zu hohen Strahlenbelastung ausgesetzt seien. Von "Curiosity" gesammelte Daten zeigten den Forschenden jedoch, dass die Strahlungsbelastung bei 180 Tagen Hinflug, 500 Tagen Aufenthalt und 180 Tagen Rückflug, lediglich bei knapp einem Sievert liegt. Unter dem Strich steigt das Krebsrisiko laut Angaben der NASA somit nur um etwa fünf Prozent.
Wann die erste bemannte Mars-Mission erfolgen könnte, ist derweil noch offen. Während die NASA frühestens in den 2040er-Jahren mit einer solchen rechnet, ist der Weltraumpionier Musk dagegen davon überzeugt, mit seinem Starship bereits im Jahr 2029 die ersten Menschen auf den Roten Planeten entsenden zu können. Laut der Vision des Tech-Moguls soll das bisher größte Raketensystem der Welt zu gegebener Zeit die Kolonisierung des Mars ermöglichen. Erst vergangene Woche hatte Musk auf Twitter anlässlich des ersten erfolgreichen statischen Feuertests der das Starship antreibenden Triebwerke erklärt, dass er optimistisch sei, dass das Raumfahrzeug noch in diesem Jahrzehnt gen Mars abhebe:
"Ich muss zugeben, dass ich von Natur aus optimistisch bin (sonst gäbe es SpaceX und Tesla nicht), aber ich halte 5 Jahre für möglich und 10 Jahre für sehr wahrscheinlich."
Mehr zum Thema – Ein Bär auf dem Mars? – NASA macht zwei erstaunliche Entdeckungen