Afghanistan-Flüchtlinge haben auf US-Militärstützpunkten nach Angaben des US-Militärs offenbar Schäden in Millionenhöhe verursacht. Das geht aus einem Bericht des Generalinspekteurs des US-Verteidigungsministeriums hervor, der Mitte vergangener Woche veröffentlicht wurde. Nach der Unterbringung von mehr als 80.000 afghanischen Flüchtlingen zwischen Sommer 2021 und 2022 haben die betroffenen Dienststellen demnach mehr als 270 Millionen US-Dollar für notwendige Reparaturen aufwenden müssen.
Die Afghanen, die im Rahmen der Operation "Allies Welcome" (OAW) in den letzten Wochen vor dem endgültigen Abzug der USA aus Kabul ausgeflogen worden waren, waren nach ihrer Evakuierung auf diversen US-Militärstützpunkten untergebracht worden. Dort erhielten sie Unterkunft, medizinische Versorgung und Unterstützung bei der Neuansiedlung. "Die Einrichtungen des DoD (Department of Defense) erlitten Schäden in Millionenhöhe und verbrauchte Vorräte, die ihren normalen Betrieb und ihre militärische Bereitschaft beeinträchtigten", heißt es in dem Bericht. Und weiter:
"Das DoD sollte über Verfahren zur Risikobewertung verfügen, um künftige vorübergehende Unterbringungen besser planen zu können, damit die Einrichtungen schneller zum normalen Betrieb zurückkehren können."
Ursprünglich hatten die betroffenen Stützpunkte beim Pentagon Schäden in Höhe von mehr als 362 Millionen US-Dollar angezeigt. Der Generalinspekteur des Verteidigungsministeriums warf daraufhin allerdings die Frage auf, ob das Geld tatsächlich ausschließlich für Reparaturen im Zusammenhang mit der Unterbringung von Evakuierten beantragt wurde. Nach einer Überprüfung stellte das Pentagon fest, dass einige der beantragten Reparaturen, wie zuvor vermutet, außerhalb des zulässigen Erstattungsumfangs lagen, darunter etwa die Instandsetzung von Straßen auf dem Marine Corps Stützpunkt in Quantico, Virginia, oder die Instandsetzung des Flugfelds auf der Air Base Ramstein.
Insgesamt kamen die Gutachter jedoch zu dem Schluss, dass zahlreiche Einrichtungen und Ausrüstungsgegenstände des US-Militärs aufgrund der Beherbergung der Flüchtlinge "überbeansprucht und beschädigt" wurden, "was zu kostspieligen Instandsetzungsarbeiten führte". Die meisten der beim Verteidigungsministerium angezeigten Schäden wurden demnach von dem Stützpunkt in Fort McCoy, Wisconsin, gemeldet, wo zeitweise fast 13.000 Afghanen untergebracht waren. Allein dort werden die für die Reparaturen veranschlagten Kosten auf mehr als 145 Millionen US-Dollar geschätzt. "Der Großteil der Kosten in der Schätzung für Fort McCoy stammt von den gemeldeten erheblichen Schäden an den 213 Gebäuden, in denen afghanische Flüchtlinge untergebracht sind", heißt es in dem Bericht:
"Fort McCoy berichtete, dass alle Baracken Reparaturen oder den Austausch von Wänden, Decken, Böden, Türen, Badezimmern, Sanitäranlagen, elektrischen Systemen, Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie Außenverkleidungen benötigten."
Da viele der sich auf dem Stützpunkt befindenden Unterkünfte jedoch bereits während des Zweiten Weltkriegs errichtet wurden, zeigten sich die vom Pentagon beauftragten Gutachter dem Bericht zufolge besorgt, dass die Verantwortlichen in McCoy die Möglichkeit der Kostenerstattung möglicherweise nutzten, um Einrichtungen zu modernisieren, die schon lange zuvor baufällig waren. "Die von Fort McCoy geschätzten Kosten sind mehr als dreimal so hoch wie die von Fort Pickett und Camp Atterbury zusammen, obwohl dort nur 12.706 afghanische Flüchtlinge untergebracht sind", heißt es in dem Bericht. "Aufgrund der hohen Kosten des Kostenvoranschlags für Fort McCoy haben wir Bedenken, ob die gemeldeten Schäden an den Kasernen und anderen Gebäuden in Fort McCoy eine Folge des OAW-Einsatzes sind oder bereits vor dem OAW-Einsatz vorhanden waren."
Letztlich wurde dem Antrag in Höhe von 139 Millionen US-Dollar dann aber doch stattgegeben.
Nahezu alle Stützpunkte, die Flüchtlinge aus Afghanistan beherbergten, machten beim DoD Ersatzansprüche für beschädigte Zelte und Feldbetten sowie erschöpfte medizinische Vorräte geltend. "Beamte der Luftwaffe beschrieben Tische, Stühle und Feldbetten, die von den Gästen zerbrochen wurden, sowie Zelte und Feldbetten, die durch Sprühfarbe, menschliche biologische Substanzen und Löcher zerstört wurden". Einige der Gegenstände seien dabei so in Mitleidenschaft gezogen worden, erläuterten Soldaten der Air Force gegenüber den Gutachtern, dass die von den "Gästen" verursachten Schäden "nicht zu reparieren waren".
So auch auf der Joint Base McGuide-Dix-Lakehurst, New Jersey, wo "Gäste das Wassersystem der Einrichtung beschädigten, indem sie große Gegenstände in die Rohre drückten, was zu Verstopfungen führte", heißt es in dem Pentagon-Bericht. "Beamte der Luftwaffe erklärten, dass diese verstopften Wassersysteme so stark waren, dass die Facility-Manager die Verstopfungen nicht mit herkömmlichen Klempnerwerkzeugen beheben konnten. Angesichts der enormen Schäden hatte die US-Luftwaffe ursprünglich 150 Millionen US-Dollar für Reparaturen beantragt. Nach der Überprüfung durch die Gutachter des Verteidigungsministeriums wurde der Kostenvoranschlag jedoch auf 57 Millionen US-Dollar gesenkt.
Letztendlich kommt der Generalinspekteur des US-Verteidigungsministeriums aufgrund der zahlreichen Beanstandungen in dem Bericht zu dem Schluss, dass die Dienststellen bessere Verfahren zur Risikobewertung für künftige Maßnahmen entwickeln müssen. Überdies sollte das Pentagon die Reparaturen der Anlagen überwachen, um sicherzustellen, dass die Mittel auch angemessen verwendet werden. Ferner wird empfohlen, dass das Pentagon "für künftige humanitäre Hilfsaktionen Richtlinien entwickelt, die vorschreiben, dass DoD-Einrichtungen Bewertungen von Gebäuden durchführen müssen, die vor der Unterbringung von durch das Außenministerium unterstützten Operationen genutzt werden sollen. Die Bewertungen bilden die Grundlage für die Rückerstattung der Kosten für die Wiederherstellung, nachdem die vom Außenministerium unterstützte Operation abgeschlossen ist."
Der Rechnungsprüfer des Verteidigungsministeriums soll den Angaben zufolge nun einen Plan zur Deckung des verbleibenden Reparaturbedarfs auf den betroffenen Stützpunkten vorlegen. Die letzten US-Truppen hatten Afghanistan im August 2021 nach einem fast 20 Jahre andauernden "Krieg gegen den Terror" verlassen. Die Taliban hatten daraufhin die Macht in Kabul übernommen. Der internationale Abzug wurde durch ihren rasanten Eroberungsfeldzug erschwert und gestaltete sich chaotisch. Insgesamt stieß der Afghanistan-Abzug der USA vor allem bei den "Verbündeten" auf heftige Kritik und Unverständnis.
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