Auf den Tag genau 50 Jahre nach dem Aufsetzen der letzten Apollo-Mondmission auf der Mondoberfläche hat die NASA mit der Rückkehr der unbemannten "Orion"-Kapsel der NASA-Mondmission Artemis 1 am Sonntag einen wichtigen Meilenstein bei der für 2024 geplanten Rückkehr von Menschen auf den Mond erreicht. Wie auf Live-Bildern der US-Raumfahrtbehörde NASA zu sehen war, landete die Kapsel am Abend erfolgreich im Pazifik vor der Küste Mexikos. Die Landung markierte somit das Ende des 25,5-tägigen Artemis-1-Testflugs ohne Besatzung. Unter der Führung der USS Portland soll die Raumkapsel mithilfe von Spezialisten und Tauchern nun in den Hafen von San Diego (Kalifornien) gebracht werden. Dort wird sie auf etwaige Schäden untersucht.
"Dies war eine außerordentlich erfolgreiche Mission", sagte NASA-Administrator Bill Nelson bei einem Briefing etwa drei Stunden nach der Wasserlandung. "Es ist der Beginn eines neuen Anfangs, und das ist die Erforschung des Himmels." Nach der Abtrennung vom europäischen Antriebs- und Versorgungsmodul um genau 12:00 Uhr östlicher Zeit führte die Orion-Besatzungskapsel demnach einen sogenannten "Skip"-Wiedereintritt durch, bei dem sie zunächst auf eine Höhe von etwa 60 Kilometern abgestiegen und von der Erdatmosphäre dann wieder rund 90 Kilometer aufgestiegen war, bevor sie anschließend in Richtung Erde fiel. Dieses Manöver soll nach Angaben der NASA die auf das Raumschiff wirkenden g-Kräfte verringern und mehr Flexibilität bei der Wahl des Landeplatzes ermöglichen.
Die erfolgreiche Durchführung des Wiedereintritts bei Geschwindigkeiten von bis zu 40.000 Kilometern pro Stunde war nämlich das oberste Ziel der Artemis-1-Mission, da es zuvor keine andere Möglichkeit gab, das Hitzeschutzsystem des Raumfahrzeugs zu testen. "Es gibt hier auf der Erde keine Arcjet- oder aerothermische Anlage, die einen Hyperschall-Wiedereintritt mit einem Hitzeschild dieser Größe nachbilden kann", erläuterte Mike Sarafin, Artemis-1-Missionsmanager, den bei der anschließenden Pressekonferenz anwesenden Reportern. Deshalb sind die Wissenschaftler vor allem daran interessiert, ob das Hitzeschutzschild den beim Wiedereintritt herrschenden Temperaturen von rund 2.800 Grad Celsius standhalten konnte – eine Voraussetzung für eine bemannte Mondmission in naher Zukunft.
In diesem Zusammenhang verwies Sarafin darauf, dass die an der Mission beteiligten Wissenschaftler zwar erst mit der Auswertung der während des Wiedereintritts gesammelten Daten begonnen hätten, die bisherigen Ergebnisse aber zeigten, dass das Hitzeschutzsystem von Orion die Erwartungen erfüllt habe. "Ich würde sagen, wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir bisher über den Hitzeschild gesehen haben. Die ersten Anzeichen sind sehr positiv, aber es liegt noch mehr vor uns, um genau zu verstehen, was der Wiedereintrittsflugtest ergeben hat." Denn seine erste Einschätzung berücksichtige noch nicht die Daten, die während der beiden durch das Plasma beim Wiedereintritt verursachten Kommunikationsausfälle gesammelt wurden.
Die erfolgreiche Wasserung war der Abschluss einer lange verzögerten Mission, die am 16. November mit dem Start des 98 Meter hohen "Space Launch Systems (SLS)" vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida aus gestartet war. Artemis I war ein Testflug, auf dem das Raumschiff "auf Herz und Nieren" geprüft werden sollte. Es war das erste Mal, dass die SLS-Rakete der NASA flog, sowie das erste Mal, dass die für die künftigen Besatzungen vorgesehene Orion-Kapsel in den unmittelbaren Einflussbereich der Schwerkraft des Mondes eintrat. Schließlich war es auch noch das erste Mal, dass der Hitzeschild dieses Raumfahrzeugs den rasanten Landeanflug durch die Erdatmosphäre überstehen musste.
Dementsprechend ist absehbar, dass bei der Auswertung sämtlicher Daten in den kommenden Wochen noch wichtige Erkenntnisse gesammelt werden, die darauf hindeuten könnten, dass bei der Mission eventuell nicht alles genau nach Plan verlief. Die wichtigsten Meilensteine der Mission wurden bei dem Flug ersten Erkenntnissen zufolge jedoch alle erfolgreich absolviert. So umrundete die Orion-Kapsel – ähnlich wie Apollo 8 und Apollo 13 – den Mond, aber auf einer komplexeren Bahn. Am 21. November kam das unbemannte Raumschiff der Mondoberfläche dabei bis auf 130 Kilometer nahe. Am 25. November schwenkte die Raumkapsel dann in einen sogenannten entfernten retrograden Orbit um den Mond ein – eine weit von seiner Oberfläche entfernte und gegen seine Laufrichtung um die Erde ausgerichtete Umlaufbahn. Am 1. Dezember verließ sie diese dann wieder und führte am 5. Dezember ein Manöver durch, das das Raumfahrzeug auf Kurs zurück zur Erde brachte, wo es am 11. Dezember schließlich sicher landete.
Die Landung erfolgte auf den Tag genau 50 Jahre nach der Landung der Mondlandefähre von Apollo 17 in der Taurus-Littrow-Region des Mondes bei der sechsten und letzten Apollo-Mondlandemission. Seit dem Abschluss dieser Mission ist kein Mensch mehr außerhalb der niedrigen Erdumlaufbahn gewesen. Mit den Artemis-Missionen soll sich das nun wieder ändern. Allerdings war die Testflugbahn von Artemis 1 nicht identisch mit jenen, die für die späteren bemannten Missionen vorgesehen sind. Sollte Artemis 2 fliegen, wird es sich nämlich um eine wesentlich kürzere, zehntägige Mission mit bis zu vier Besatzungsmitgliedern handeln.
Auch wenn sich später herausstellen sollte, dass der erste Testflug des Raumschiffs nahezu ohne größere Probleme verlaufen ist, wird der "Weg zurück zum Mond" dennoch auch weiterhin eine längerfristige und äußerst komplexe Herausforderung bleiben. Die bisher namentlich noch gar nicht auserwählten Astronauten sollen den Mond daher erstmals im Jahr 2024 wieder betreten – wenn der Zeitplan bis dahin eingehalten werden kann. Im Gegensatz zu den Apollo-Missionen, die alle in der Nähe des Mondäquators gelandet waren, wird Artemis 3 jedoch in der Nähe vom Südpol des Mondes landen. Die NASA hat bis jetzt 13 mögliche Landegebiete erkundet und vorgestellt. Jedes dieser möglichen Zielgebiete bildet ein Quadrat von etwa 15 Kilometer Kantenlänge und enthält mindestens zehn mögliche Landeplätze.
Die NASA zieht diese Zielgebiete in Betracht, weil sie verschiedene geologische Merkmale aufweisen, die bisher noch nicht erforscht worden sind. So vermuten die Wissenschaftler, dass sich in ständig beschatteten Senken in der Nähe der Ziellandestellen Mondgestein sowie lockeres Mondmaterial (analog dem irdischen Regolith) finden lässt, in denen sich im Laufe von Milliarden von Jahren Wassereis gehalten haben könnte. Die Gewinnung von Wassereis aus dem Mond-Regolith würde die Gewährleistung einer langfristigen Präsenz von Menschen auf dem Mond erheblich erleichtern – ähnlich etwa den Forschungsstationen in der irdischen Antarktis.
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