Bei den US-Zwischenwahlen haben die Republikaner am späten Mittwochabend die Mehrheit im Repräsentantenhaus errungen. Wie die US-Medien einstimmig berichteten, erreichte die Grand Old Party (GOP) die zur Kontrolle über die Kongresskammer nötigen 218 Sitze. Auch wenn die Demokraten die Kontrolle über den US-Senat behalten haben, wird die nun errungene, wenn auch hauchdünne Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus das Regieren für den US-Präsidenten Joe Biden in den kommenden zwei Jahren deutlich schwieriger machen.
So werden die Republikaner beispielsweise die Kontrolle über wichtige Ausschüsse übernehmen, was ihnen ermöglicht, die Gesetzgebung zu beeinflussen und Ermittlungen einzuleiten, unter anderem gegen Biden, seine Administration und seine Familie. Zum Leidwesen der Republikaner hingegen kann jedes Gesetz, das aus dem Repräsentantenhaus hervorgeht, im Senat blockiert werden. Ursprünglich hatten die Republikaner gehofft, die Kontrolle über beide Kammern zurückzugewinnen. Doch Verluste in den wichtigen Bezirken, die sich bereits in der Wahlnacht abgezeichnet hatten, dämpften die Stimmung der Partei. Der von vielen Experten vorhergesagte "rote Tsunami", mit dem die Republikaner seit Monaten geliebäugelt hatten, blieb also aus.
Bei den sogenannten Midterms, der Wahl nach der Hälfte von Bidens vierjähriger Amtszeit, wurden am Dienstag vor einer Woche sowohl alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus als auch ein Drittel der Sitze im Senat neu vergeben. Zudem wurden in zahlreichen Bundesstaaten die Gouverneursämter neu besetzt. Seit den Zwischenwahlen 2018 befand sich das Repräsentantenhaus fest in der Hand der Demokraten. Und obwohl die Republikaner bei den Wahlen 2020 bereits an Boden gewonnen hatten, konnten die Demokraten in den ersten beiden Jahren der Amtszeit von Präsident Biden eine knappe einstellige Mehrheit halten.
Bei ihren Bemühungen, das Repräsentantenhaus zurückzugewinnen, konzentrierten sich die Republikaner in ihrem diesjährigen Wahlkampf auf die Themen, die Biden innenpolitisch zuletzt zugesetzt hatten. Insbesondere die steigende Kriminalität und die schwächelnde Wirtschaft sorgten für Unzufriedenheit unter der Wählerschaft. Ein gefundenes Fressen für die Republikaner, die im Wahlkampf versprachen, die Steuern zu senken und die Grenzsicherung zu verschärfen. Die Demokraten konzentrierten sich hingegen weitgehend auf das Thema Abtreibung, sowie auf das, was die Partei als "Bedrohung für die Demokratie" bezeichnete, obwohl die Wähler diese Themen laut diversen Umfragen als weniger wichtig einstuften.
"In dieser Wahl haben die Wähler ihre Anliegen klar zum Ausdruck gebracht: die Notwendigkeit, die Kosten zu senken, das Recht auf Wahlfreiheit zu schützen und unsere Demokratie zu bewahren", räumte Biden in einem Glückwunschschreiben an den bisherigen republikanischen Minderheitsführer Kevin McCarthy ein. "Ich werde mit jedem zusammenarbeiten – Republikaner oder Demokrat – der bereit ist, mit mir zusammenzuarbeiten, um Ergebnisse für sie zu erzielen."
McCarthy feierte am Mittwochabend auf Twitter, dass seine Partei das Repräsentantenhaus "offiziell umgedreht" habe. "Die Amerikaner sind bereit für eine neue Richtung und die Republikaner im Repräsentantenhaus sind bereit, sie einzuschlagen." Der republikanische Politiker wurde als Anführer der Republikaner in der Kammer bestätigt, jedoch kam er dabei lediglich auf 188 Stimmen. 31 republikanische Abgeordnete stimmten für seinen Herausforderer Andy Biggs. Um die umstrittene Demokratin Nancy Pelosi im Januar auf dem Chefposten der Kammer abzulösen, benötigt McCarthy allerdings die Mehrheit des gesamten Repräsentantenhauses.
Aller Voraussicht nach werden die Republikaner die wiedererlangte Kontrolle über das Repräsentantenhaus auch dafür nutzen, diverse parlamentarische Untersuchungen anzustoßen, etwa zu den Geschäften von Hunter Biden, den Ergebnissen des Ausschusses vom 6. Januar und dem vielfach kritisierten Rückzug der Regierung Biden aus Afghanistan. Sie könnten auch Amtsenthebungsverfahren gegen Mitglieder des Kabinetts in Bewegung setzen. Sicher ist, dass sie Biden und seiner Regierung in den kommenden zwei Jahren das Leben schwer machen werden.
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