Forscher von der University of Texas in Austin glauben, dass sich die nächste Energie-Revolution in den Vereinigten Staaten im Golf von Mexiko vollziehen wird. Ihre treibende Kraft wird jedoch nicht das Erdöl, sondern die Windenergie sein. Die Expansion der sauberen Stromerzeugung im Land soll durch eine Initiative ermöglicht werden, die der US-Kongress am 13. August verabschiedet hat.
Das sogenannte Inflationsbekämpfungsgesetz sieht unter anderem Investitionen in den Klimaschutz vor. Demnach sollen in den kommenden zehn Jahren in diesen Bereich rund 370 Milliarden Dollar (etwa 359 Milliarden Euro) investiert werden. Die US-Regierung hat vor, mit dem Geld die Herstellung von Solarzellen und Windturbinen zu fördern, finanzielle Anreize für den Bau von Werken für Elektroautos zu schaffen und die Energieforschung voranzutreiben. Dies alles soll zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes der USA von rund 40 Prozent bis zum Jahr 2030 führen. In ihrem Meinungsartikel für das Magazin The Conversation heben Professoren Michael Webber und Hugh Daigle hervor, dass die Offshore-Windenergie zu den wichtigsten Branchen gehöre, die für ein Wachstum am besten vorbereitet seien.
Momentan gibt es in den USA lediglich zwei kommerzielle Offshore-Windparks, die schon im Betrieb sind. Sie liegen vor der Küste der Bundesstaaten Rhode Island und North Carolina. Ihre Gesamtkapazität beläuft sich auf 42 Megawatt. Zum Vergleich: Der neue Onshore-Windpark Traverse im Bundesstaat Oklahoma verfügt über 356 Turbinen mit einer Gesamtkapazität von 998 Megawatt.
Vor diesem Hintergrund hat die Administration von Präsident Joe Biden im Golf von Mexiko, der bislang mit der Erdöl- und Erdgasförderung assoziiert wird, zwei Zonen für die Entwicklung der Windenergie bestimmt. Im Rahmen seiner Klima-Strategie will das Weiße Haus bis zum Jahr 2030 mindestens 30.000 Megawatt mit Hilfe von Offshore-Windparks erzeugen lassen. Das reicht, um zehn Millionen Haushalte mit CO2-freiem Strom zu versorgen.
Die Experten aus der University of Texas in Austin schreiben in diesem Kontext:
"Die Offshore-Windenergie im Golf von Mexiko bietet einer geografischen Region mit einer starken Belegschaft und Infrastruktur im Energiebereich eine einmalige Möglichkeit, den Bedarf der Gesellschaft an einer zuverlässigen und CO2-armen Energie zu decken."
Derzeit leben mehr als die Hälfte der US-Einwohner weniger als 80 Kilometer von der Küste entfernt, was gute Voraussetzungen für die Entwicklung der Offshore-Windenergie schafft. Dies trifft insbesondere auf den Golf von Mexiko zu, an dem Großstädte wie Houston und New Orleans liegen und an dem sich viele Häfen und Petrochemie-Betriebe befinden. Somit können Stromunternehmen Unterseekabel nutzen, um Industriewerke mit Elektrizität zu versorgen.
Nach Einschätzung der Experten wird die Offshore-Windenergie die Beschäftigung in den anrainenden Bundesstaaten deutlich steigern, da allein 345.000 Menschen im Jahr 2019 in der Erdöl- und Erdgas-Produktion im Golf von Mexiko beschäftigt waren. Der Bundesstaat Louisiana entwickelt bereits Regeln für die neue Branche, während die örtlichen Behörden zusammen mit den Bundesstaten Arkansas und Oklahoma die föderale Finanzierung für ein Projekt ersuchen, das die Errichtung eines großen Wasserstoffhubs vorsieht. Der Betrieb soll mit Strom aus Offshore-Windparks funktionieren.
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