Lieferten die USA insgeheim Hochgeschwindigkeitsraketen und Präzisionslenkmunition an die Ukraine?

Haben die USA der Ukraine hinter vorgehaltener Hand doch mehr Waffen geliefert als angekündigt? Das geht aus einem Bericht der US-Tageszeitung Politico hervor. Darunter könnten sich auch Hochgeschwindigkeits-Anti-Strahlungsraketen vom Typ HARM befunden haben.

Die USA liefern den ukrainischen Streitkräften im Geheimen offenbar mehr Waffen als angekündigt. Das geht aus einer vom US-Verteidigungsministerium am Freitag veröffentlichten Mitschrift zu einem Pressebriefing sowie einem Yahoo News-Bericht hervor, wie die US-Tageszeitung Politico  berichtet

Die USA lieferten der Ukraine offenbar auch Langstreckenraketen 

Unter anderem sollen die USA das osteuropäische Land nach Angaben eines hochrangigen Pentagon-Beamten bereits seit einiger Zeit schon heimlich mit Hochgeschwindigkeits-Anti-Strahlungsraketen vom Typ HARM beliefert haben, die zur Bekämpfung von Radarsystemen verwendet werden. "Als wir anfangs die erste Lieferung von HARM-Raketen verkündeten, thematisierten wir sie nicht besonders. Wir erklärten, dass wir eine Gegenradaranlage bereitstellen", entgegnete der Beamte auf die Frage, ob dies die erste offizielle Ankündigung sei.

"Wir wollen vorsichtig sein, wenn wir öffentlich über Waffen sprechen, die der Ukraine einen erheblichen asymmetrischen und unerwarteten Vorteil verschaffen." Da die Ukraine die Raketen inzwischen aber erfolgreich eingesetzt habe, fühle man sich nun allerdings "wohler", darüber zu sprechen, so der Pentagon-Beamte weiter. "Dies ist tatsächlich die zweite Tranche an HARMS, die wir liefern."

Zwei Tage später veröffentlichte Yahoo News dann einen Bericht, wonach die jüngsten Angriffe auf russische Ziele auf der Krim offenbar nicht das Ergebnis von Sprengstoff mit sich führenden Spezialeinheiten seien, wie die Ukraine behauptet. Vielmehr sollen die Explosionen auf die Einschläge von Langstreckenraketen zurückzuführen sein, wie ehemalige US-Spezialkräfte den US-Sicherheitsanalysten Michael Weiss und James Rushton erklärten. 

Offiziell besitzt das osteuropäische Land tatsächlich keine Raketen, die über eine ausreichende Reichweite verfügen, von ukrainischen Positionen an der Frontlinie aus den Saki-Luftwaffenstützpunkt auf der Krim zu treffen – zumindest sind dazu keine Raketen in der Lage, die die USA und ihre Partner eigen Angaben zufolge geliefert haben. Laut Weiss und Rushton sei es jedoch möglich, dass die USA der Ukraine hinter vorgehaltener Hand heimlich das sogenannte Army Tactical Missile System (ATACMS) zukommen ließen.

Bei dem MGM-140 Army Tactical Missile System handelt es sich um einen Boden-Boden-Flugkörper, der von dem US-Verteidigungsunternehmen Lockheed Martin hergestellt wird und über eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern verfügt. Der Stützpunkt Saky liegt etwa 180 Kilometer von der Frontlinie entfernt.

Sollten die USA der Ukraine tatsächlich taktische Raketensysteme geliefert haben, würde dies allerdings den Aussagen widersprechen, die der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, auf dem Aspen Security Forum tätigte. Dort versicherte er im Juni, dass die Vereinigten Staaten nicht dazu bereit seien, der Ukraine taktische Langstrecken-Raketensysteme zur Verfügung zu stellen. Die Entsendung solcher Raketen könne Russland weiter provozieren und möglicherweise den Dritten Weltkrieg auslösen, so Sullivan. 

Haben die USA der Ukraine auch Präzisionslenkmunition geliefert?

Daneben spreche laut Politico zudem noch ein weiterer Fakt dafür, dass die USA den ukrainischen Streitkräften hinter den Kulissen insgeheim doch mehr als die ursprünglich angekündigten Waffen liefern. So sollen zwei anonyme Quellen der Zeitung bestätigt haben, dass Washington dem Waffenpaket vom 19. August auch sogenannte Excalibur-Präzisionslenkmunition, ein gelenktes 155-mm-Artilleriegeschoss, beigefügt habe – ohne dies zuvor zu erwähnen.

Zudem weise ein der Zeitung vorliegendes Schreiben, mit dem die US-Regierung US-Kongress-Abgeordnete am Freitag über den Inhalt des 775-Millionen-Dollar-Pakets aufklärte, darauf hin, dass die Lieferungen an die Ukraine nicht auf das beschränkt seien, was in der Meldung aufgeführt wird. Gleichzeitig betonte Politico in dem Bericht jedoch, dass es sich bei diesem Sachverhalt derzeit noch um Spekulationen handele.

USA bereiten Lieferung von Switchblade-600-Drohnen an Ukraine vor 

Ganz öffentlich hingegen arbeitet das US-Verteidigungsministerium laut dem US-Militärmagazin Defense News derzeit noch immer an einem Vertrag über die Lieferung zuvor versprochener Switchblade-600-Drohnen. Der Vertrag über die Lieferung von zehn "Kamikaze-Drohnen" an die Ukraine, der bereits vor Monaten angekündigt wurde, werde demnach innerhalb von 30 Tagen erwartet, berichtete Defense News am Montag unter Berufung auf einen Pentagon-Sprecher.

Der tatsächliche Liefertermin für die "Kamikaze-Drohnen" werde nach Abschluss des Vertrags festgelegt, erklärte die Pentagon-Sprecherin Jessica Maxwell auf Anfrage des Militärmagazins. Die Verzögerungen seien dem Defense News-Bericht zufolge insbesondere darauf zurückzuführen, dass sich die Switchblade 600 noch in der Prototypenphase befindet und zudem noch einer Bewertung unterzogen werden muss.

Zwar genehmigten die USA bereits im Frühjahr die Weitergabe von taktischen Switchblade-Drohnen an die Ukraine, allerdings handelte es sich dabei um die Version Switchblade 300, die lediglich für die Zerstörung kleinerer Punktziele ausgelegt ist. Die Switchblade 600, eine panzerbrechende "Loitering Munition", ist mit einem Gewicht von fast 23 Kilogramm hingegen fast zehnmal so schwer und kann eine Nutzlast von bis zu 14 Kilogramm tragen.

Als Loitering Munition werden Lenkwaffen mit integrierter Sprengfunktion bezeichnet, die zunächst ohne bestimmtes Ziel gestartet werden und anschließend längere Zeit über dem Zielgebiet kreisen, bevor ein Bekämpfungsvorgang eingeleitet wird. Die Switchblade 600 wurde für den Einsatz gegen gepanzerte Ziele entwickelt, kann bis zu 40 Kilometer weit fliegen und bis zu 20 Minuten in der Luft bleiben. 

Erst letzten Monat hatte der ukrainische Verteidigungsminister Alexei Resnikow den Westen dazu aufgefordert, neue sowie fortschrittlichere Waffensysteme an die Ukraine zu liefern, damit diese im Kampf erprobt werden können:

"Wir tauschen alle Informationen und Erfahrungen mit unseren Partnern aus. Wir sind daran interessiert, moderne Systeme im Kampf gegen den Feind zu erproben, und wir laden die Waffenhersteller ein, ihre neuen Produkte hier zu testen."

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