Die US-Armee hat zur Verbesserung ihrer operativen Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld angesichts neuer Bedrohungen laut eigenen Angaben mit der Bildung einer neuen "Abschreckungstriade" aus den bisher getrennt agierenden Kommandos für Spezialeinsätze, für Weltraum- und Raketenabwehr sowie Cyberoperationen begonnen. "Wenn wir unserer Konkurrenz einen Schritt voraus sein wollen, ist eine enge Koordination zwischen dem Special Operations Command (SOCOM), dem Space Command (SPACECOM) und dem Cyber Command (CYBERCOM) ein Muss", sagte General James Dickinson, Leiter des US Space Command, am Dienstag auf dem Space and Missile Defense Symposium, einer Bildungs-, Weiterbildungs- und Networking-Veranstaltung der Weltraum- und Raketenabwehrgemeinschaft, in Huntsville, wo das Konzept von den befehlshabenden Generälen der drei Organisationen erstmals vorgestellt wurde.
Der Sinn der Triade bestehe demnach darin, die Fähigkeiten der einzelnen Kommandos miteinander zu verknüpfen, um effektivere Strategien für die moderne Kriegsführung konzipieren zu können. Das Heer "entwickelt einen innovativen Weg, um asymmetrische Vorteile zu generieren, indem es die Wirkung von weltraumgestützten Cyber- und SOF-Fähigkeiten (Special Operations Forces) über das gesamte Spektrum eines Konflikts hinweg zusammenführt", so Dickinson. "Diese Einfluss-Triade stellt eine wichtige Entwicklung in diesen hochspezialisierten Bereichen dar."
Dies könnte laut Dickinson auch die Bildung kombinierter Teams für die Verteidigung kritischer Cyber-Infrastrukturen oder die Bildung von Zellen für die Informationskriegsführung umfassen, in denen Satelliteneinsätze durch Spezialeinheiten unterstützt werden. "Die Verschmelzung traditioneller weltraumgestützter Fähigkeiten mit Cyber- und Spezialoperationen kann neue und reaktionsschnelle Abschreckungsoptionen schaffen", so Dickinson weiter. Hierbei würde die neue Triade von zwei weiteren Triaden unterstützt:
"Eine, die die Verschmelzung von weltraum-, see- und landgestützten Sensoren beinhaltet, und eine, die auf der Verbesserung der dienststelleninternen und internationalen Partnerschaften basiert."
"Wir wissen, dass die Weltraumkapazitäten der Armee noch eindrucksvoller werden, wenn sie zusammen mit Cyber- und Spezialoperationen eingesetzt werden", ergänzte Generalleutnant Daniel Karbler, Kommandeur des Space and Missile Defense Command. "Dieser neue Dreiklang ermöglicht es uns, die individuellen Stärken optimal zu nutzen und bietet flexible Optionen zur Bekämpfung von Fehlinformationen, Cyberangriffen und irregulären asymmetrischen Bedrohungen. Zu diesen Optionen gehört es, jederzeit und überall überraschend anzugreifen und auf gegnerische Angriffe zu reagieren oder sie zu vergelten."
Dies beinhalte demnach tödliche Operationen in der physischen Welt, gepaart mit nicht-tödlichen Operationen wie Informationskriegsführung. "Wir haben Beispiele im Kampf gegen den IS, bei denen tödliche und nicht-tödliche Operationen für einen viel größeren, ganzheitlichen Effekt kombiniert wurden", erklärte der Kommandeur des US-Special Operations Command, Jonathan Braga, gegenüber den anwesenden Reportern. Diese Strategie hätte eine größere Wirkung erzielt, als man das im Vorfeld für möglich gehalten hatte.
Doch mit dem Ende des 20-jährigen Krieges im Nahen Osten habe sich der Schwerpunkt des Militärs auf "fähigere Gegner in China und Russland" verlagert, die "weitaus raffinierter sind als terroristische Gruppen". In der heutigen Kriegsführung sei nahezu jeder Bereich umkämpft, so Braga. Deshalb müsse die US-Armee auch die Konvergenz von Weltraum-, Cyber- und Spezialoperationsfähigkeiten beschleunigen, um "unsere Beobachter im gesamten Spektrum herauszufordern". Während die gegnerischen Streitkräfte weiterhin in das Sammeln von Informationen und das Ausnutzen kritischer Schwachstellen investieren, müsse die US-Armee die drei Kommandos hingegen dafür nutzen, die gegnerischen Streitkräfte abzuschrecken.
"Informationsoperationen sind extrem wichtig, Einflussoperationen sind extrem wichtig, ein Beitrag zur integrierten Abschreckung ist extrem wichtig."
Laut Braga soll das "neue moderne Konzept der Cyberspace- und Special Operations-Triade" die nukleare Triade der Vereinigten Staaten aber nicht ersetzen, sondern lediglich die "integrierte Abschreckung" verbessern. "Wenn man sich noch einmal ansieht, was die Triade als Teil der integrierten Abschreckung bringt – nämlich die Fähigkeit, das Kalkül des Gegners zu beeinflussen –, dann wird die Triade das beeinflussen", fügte er hinzu. "Unser erster Schritt ist die Integration über gemeinsame und mehrere Kampfkommandos hinweg sowie mit unseren Verbündeten und Partnern."
"Wir alle nutzen die Erkenntnisse der Nachrichtendienste für alles, was wir tun", so Braga weiter. "Aber als wir darüber nachdachten, stellte sich immer mehr heraus, dass wir uns in gewisser Weise ähneln: Wir sind alle überregional tätig, wir arbeiten alle für mehrere Vorgesetzte. Wir alle bringen Effekte ein, um zu versuchen, mit relativ kleinen Kräften, die zu einer viel größeren gemeinsamen Kraft beitragen, größere übergeordnete Effekte zu erzielen. Wir gehen philosophisch alle auf dieselbe Weise vor."
"Wir sehen das weltweit", erklärte General Maria Barrett, Befehlshaberin des US-Cyber Command. Keiner der Teilnehmer der Triade sei auf eine bestimmte Region beschränkt. "Sie ermöglicht es uns, mehr Optionen über das gesamte Spektrum von Wettbewerben, Krisen und Konflikten hinweg anzubieten", fügte sie hinzu. Da die Triade einen Rahmen schaffe, "können wir diese Dinge schneller als bisher umsetzen und Daten leichter austauschen", so Barrett.
Die befehlshabenden Generäle der drei Kommandos wollen in den nächsten 12 Monaten deshalb auch nach weiteren Möglichkeiten suchen, künftig effektiver zusammenzuarbeiten. So sollen auch im Einsatz stehende Kommandeure auf die Triade aufmerksam werden und sie zukünftig bei Operationen auf dem Schlachtfeld einsetzen.
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