US-Geheimdienstausschuss warnt vor DNA-Tests: Daten könnten zur Entwicklung von Biowaffen führen

Nach Russland warnen jetzt auch die USA davor, dass Bioproben, die von verschiedenen DNA-Testdiensten gesammelt werden, zur Entwicklung von perfekt angepassten Biowaffen verwendet werden könnten. In Deutschland übergibt man die Gen-Daten hingegen freiwillig ans Militär – allerdings nicht an das Deutsche.

Mitglieder des US-Geheimdienstausschusses haben die amerikanische Zivilbevölkerung vor der Verwendung verschiedener DNA-Testkits gewarnt. Die daraus gewonnen Daten könnten verkauft und zur Entwicklung von Biowaffen verwendet werden, die speziell auf bestimmte Gruppen oder sogar Einzelpersonen zugeschnitten sind, mahnten mehrere US-Abgeordnete vergangene Woche auf dem Aspen Security Forum. Diese jährlich stattfindende Sicherheitskonferenz wird vom Aspen Institut, eine US-amerikanische Denkfabrik, ausgerichtet.  

"Es gibt jetzt Waffen, die in der Entwicklung sind und entwickelt werden, die auf bestimmte Personen abzielen", sagte der demokratische US-Abgeordnete Jason Crow, Mitglied des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, am Freitag in Colorado.

"Das ist es, worum es hier geht: Man kann tatsächlich die DNA von jemandem nehmen, sein medizinisches Profil, und man kann eine biologische Waffe entwickeln, die diese Person tötet, sie vom Schlachtfeld entfernt oder sie funktionsunfähig macht."

Angesichts dieser Bedrohung sei es beunruhigend, so Crow weiter, dass die Erwartungen an den Schutz persönlicher Daten in den letzten 20 Jahren gesunken seien. Und zwar so weit, dass junge Menschen "nur noch sehr geringe Erwartungen an die Privatsphäre" hätten und ihre Daten bereitwillig an private Unternehmen wie DNA-Testdienste weitergäben. Crow führte weiter aus:

"Die Leute spucken sehr schnell in einen Becher und schicken ihn an 23andMe (ein US-amerikanisches Unternehmen im Bereich der Biotechnologie, das DNA-Tests zur Bestimmung der genetischen Abstammung anbietet), um wirklich interessante Daten über ihren Hintergrund zu erhalten.

Und wissen Sie was? Ihre DNA ist jetzt im Besitz eines privaten Unternehmens. Sie kann mit sehr wenig Schutz des geistigen Eigentums oder der Privatsphäre verkauft werden."

Vor diesem Hintergrund forderte er, dass die USA neue Richtlinien für den Schutz persönlicher Gesundheitsdaten, einschließlich der DNA, bräuchten, "weil diese Daten von unseren Gegnern für die Entwicklung dieser Systeme beschafft und gesammelt werden."

Der republikanische US-Senator für den US-Bundesstaat Iowa, Joni Ernst, ist Mitglied des Senatsunterausschusses für neu aufkommende Bedrohungen und des Ausschusses für die Streitkräfte. Er mahnte mit Blick auf die zuvor von Crow geäußerten Bedenken davor, dass die Gegner der USA dieselbe Technologie nutzen könnten, um gezielt Vieh und Feldfrüchte anzugreifen und damit eine Hungersnot auszulösen:

"Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie wir biologische Waffen betrachten können, und wir müssen sicherstellen, dass wir nicht nur die Menschen schützen, sondern auch die Nahrungsmittel, die uns ernähren."

Mit seinen Äußerungen bezog sich der Senator auf einen Bericht, der Anfang des Jahres von der US-China Economic and Security Review Commission, eine unabhängige US-Regierungskommission zur Beurteilung der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Lage zwischen den Vereinigten Staaten und China, veröffentlicht wurde. Die Autoren der Analyse kamen damals zu dem Schluss, dass China eines Tages versuchen könnte, einen biologischen Krieg gegen gentechnisch veränderte amerikanische Nutzpflanzen zu führen. Denn das Land habe ein "gesteigertes Interesse an der US-Landwirtschaft" und dem geistigen Eigentum an gentechnisch veränderten Organismen.

"Während Chinas Hauptinteresse an der Beschaffung von gentechnisch verändertem Saatgut aus den Vereinigten Staaten darin besteht, seine Ernteerträge zu verbessern, ist die potenzielle Bewaffnung mit geistigem Eigentum in der Landwirtschaft möglich", heißt es in dem Bericht. Und weiter:

"Ähnlich wie beim Hacken eines Computercodes könnte Peking leicht den Code oder die DNA von gentechnisch verändertem Saatgut aus den USA hacken und Biokriegsführung betreiben, indem es eine Art von Schädlingsbefall erzeugt, der die US-Pflanzen zerstören könnte."

Auch die USA sammeln Gen-Proben 

In diesem Zusammenhang warnt Russland seit vielen Jahren vor den Gefahren, die mit der unkontrollierten Sammlung von DNA-Proben einhergehen. So mahnte der russische Präsident bereits 2017, dass nach Angaben der russischen Geheimdienste biologische Proben in ganz Russland von verschiedenen NGOs und anderen Organisationen zu unklaren Zwecken "gezielt und professionell" gesammelt würden.

Auch Generalleutnant Igor Kirillow, Kommandeur der Strahlen-, chemischen und biologischen Verteidigungskräfte des russischen Militärs, mahnte im Mai, dass das Pentagon "sein Forschungspotenzial nicht nur im Bereich der Entwicklung biologischer Waffen erheblich erweitert, sondern auch Informationen über Antibiotika-Resistenzen und das Vorhandensein von Antikörpern gegen bestimmte Krankheiten in der Bevölkerung bestimmter Regionen gewonnen" habe. 

In einer Reihe von Briefings hatte das russische Militär im März damit begonnen, Beweise für eine Beteiligung des Pentagons an der Finanzierung verschiedener Biolabore in der Ukraine vorzulegen. Mehr als 224 Millionen Dollar sollen die USA zwischen 2005 und Anfang 2022 nach Angaben des russischen Untersuchungsausschusses in biologische Forschung in der Ukraine investiert haben.

Washington gab darauf hin zwar zu, in den letzten 20 Jahren 46 biologische Forschungseinrichtungen in der Ukraine unterstützt zu haben. Allerdings beharren die Vereinigten Staaten darauf, dass diese Forschungsbemühungen in dem osteuropäischen Land lediglich Teil eines friedlichen Projektes im Bereich der öffentlichen Gesundheit gewesen seien. 

Deutsches Uniklinikum wertet Gen-Daten umstrittener Firma aus 

An der sogenannten Gensequenzierung, der Analyse zuvor gesammelter Gen-Daten, sind – von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt – auch deutsche Universitäten beteiligt. Bereits im Jahr 2018 ging die Universität des Saarlandes (UdS) eine "strategische Partnerschaft" mit dem stark umstrittenen chinesischen Genom-Unternehmen BGI ein. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Unternehmensangaben und einer Reuters-Analyse wissenschaftlicher Studien berichtete, sammle das Unternehmen demnach genetische Daten schwangerer Frauen aus der ganzen Welt, die anschließend vom chinesischen Militär ausgewertet würden. 

Diese Daten würden dann für umfassende Forschungen zu den genetischen Eigenschaften von Bevölkerungsgruppen genutzt, hieß es in dem Reuters-Bericht. Ein Umstand, den die saarländischen Wissenschaftler offenbar nicht zu stören scheint. Vielmehr sei man überzeugt, "dass die BGI-Technologie die Infrastruktur für Genforschung an der Universität des Saarlandes deutlich stärken wird", erklärten die an dem Projekt beteiligten Forscher der Universität des Saarlandes damals bei der Vorstellung der Kooperation.

Die Universität und das Genom-Unternehmen würden seither auch "eng" im Bereich der "Big-Data-Analyse zusammenarbeiten", so die UdS. Auch die Gensequenzierung, die zuvor noch in China durchgeführt wurde, wird mittlerweile in einem von dem Genom-Unternehmen finanzierten Sequenzierlabor an der Universität vorgenommen: "Dort werden BGI und die Universität des Saarlandes nicht-kodierender RNAs in Blutzellen, Serum, Plasma und teilweise auch in Gewebeproben von Hunderten von PatientInnen und KontrollprobandInnen in Europa und China sequenzieren", hieß es in einer Mitteilung der UdS. Von wem die Gewebeproben stammen, führte die Universität allerdings nicht aus.

Dem Reuters-Bericht zufolge arbeitet das Unternehmen gemeinsam mit dem chinesischen Militär angeblich daran, die "Bevölkerungsqualität" zu verbessern. Ziel der genetischen Forschung sei es demnach, Gehörschäden oder Höhenkrankheit bei Soldaten zu verhindern.

Der damalige Direktor der US-Nachrichtendienste, John Ratcliffe, warnte bereits 2017 davor, dass China angeblich Menschenversuche an den eigenen Soldaten vornehme, um biologisch verbesserte Kämpfer zu entwickeln. "Pekings Machtstreben kennt keine ethischen Grenzen", behauptete Ratcliffe damals.

"BGI arbeitet intensiv mit dem chinesischen Staat und dem chinesischen Militär zusammen", erklärte China-Experte David Missal gegenüber der BILD-Zeitung.

"Dabei sollen Soldaten etwa durch Genforschung gestärkt werden. Auch betreibt BGI Chinas nationale Gendatenbank. Solche Datenbanken sind ebenfalls wichtig für militärische Genforschung. Wir müssen davon ausgehen, dass BGI ein wichtiges Werkzeug für die Kommunistische Partei ist, um ihre militärischen Fähigkeiten zu verbessern."

Insbesondere wegen seiner engen Bindung an das chinesische Militär, sei die Kooperationsvereinbarung des BGI mit der Universität des Saarlandes kritisch zu bewerten, so Missal. "Womöglich helfen also deutsche Forscher dem chinesischen Militär", mahnte der China-Experte. Und er führte weiter aus:

"Falls die Forschungsergebnisse zurück nach China fließen, so droht die Gefahr, dass diese Daten auch militärisch genutzt werden."

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