"Konvoi der Freiheit" mischt Hauptstadt auf – Kanadischer Premier vorsorglich in Sicherheit gebracht

Tausende Trucker machten sich vor einigen Tagen auf den Weg in die kanadische Hauptstadt, um gegen das eingeführte Impfmandat zu protestieren. In Ottawa angekommen, wurden sie von Tausenden Menschen begeistert empfangen. Die Demonstranten protestieren gegen die Corona-Maßnahmenpolitik. Premierminister Trudeau soll sich an einem unbekannten Ort befinden.

Der gewaltige Konvoi setzte sich am vergangenen Sonntag im kanadischen Vancouver in Bewegung. Den Tausenden Truckern aus ganz Kanada und selbst den USA schlossen sich immer weitere Sympathisanten teils mit Privatfahrzeugen an, sodass der Protestzug eine Länge von Dutzenden Kilometern erreicht haben soll.

Immer wieder wurden die Lkw-Fahrer auf ihrer Strecke von Menschen gefeiert, die sie am Straßenrand oder auf Brücken begrüßten und mit kanadischen Flaggen und Plakaten ihre Solidarität bekundeten.

Hintergrund des Protests ist eine Mitte Januar in Kraft getretene Impfpflicht, die auch für Lastwagenfahrer gilt. Das Mandat verlangt von ungeimpften oder nicht vollständig geimpften Truckern, die aus den USA kommend die Grenze nach Kanada überqueren wollen, dass diese sich zwei Wochen in Quarantäne begeben. Seit dem 22. Januar gilt die Impfpflicht auch für kanadische Lkw-Fahrer, die die US-Grenze überqueren.

Das brachte nicht nur für die Trucker das Fass der Corona-Maßnahmen zum Überlaufen. In kanadischen Städten wie Toronto brachten zahlreiche Menschen ebenfalls ihre Solidarität mit den Truckern zum Ausdruck.

Von den großen transatlantischen Medienerzeugnissen zunächst ignoriert, erreichte der enorm bildgewaltige "Konvoi der Freiheit" am Samstag sein Ziel, die kanadische Hauptstadt Ottawa, um vor Ort von den der Maßnahmenpolitik längst kritisch gegenüberstehenden Kanadiern begeistert empfangen zu werden.

Tausende Demonstranten versammelten sich am Samstag bei äußerst frostigen Temperaturen vor dem kanadischen Parlament zu einer lautstarken Demonstration. Die sich vor Ort versammelnden Menschen stammen aus dem ganzen Land. Sie reisten nach Ottawa, um ihren Unmut über die als unverhältnismäßig empfundene Maßnahmenpolitik der kanadischen Regierung zum Ausdruck zu bringen.

Hupende Trucks und mit Flaggen oder Transparenten bewehrte Privatwagen und Pick-ups blockieren derweil die angrenzenden Verkehrsadern der Stadt, während viele Anwohner die Trucker mit dem Nötigsten versorgen.

Selbst die bislang die Maßnahmenpolitik der Regierung konsequent verteidigenden und fördernden Kirchen öffneten vor Ort ihre Pforten für die Lastwagenfahrer.

Nach Angaben der Polizei verliefen die längst einem sozialen Großereignis gleichenden Protestaktionen bislang friedlich. Es habe bis zum Samstagabend keine Festnahmen gegeben. Tausende von Demonstranten zogen zu Fuß durch die von Fahrzeugen verstopften Straßen und den zäh fließenden Verkehr oder versammelten sich auf dem Rasen vor dem Parlament. Nur wenige der Sympathisanten legten dabei Wert auf das Tragen von Masken oder die Einhaltung von Abstandsregeln.

Währenddessen verurteilte der Branchenverband der kanadischen Lastwagenfahrer (CTA) die Proteste. Der allergrößte Teil der kanadischen Trucker sei geimpft und gehe weiterhin seiner Arbeit nach. Die Impfquote unter den Truckern läge in etwa so hoch wie innerhalb der Gesamtbevölkerung.

Viele der in Ottawa Protestierenden hätten keine Verbindung zum eigenen Wirtschaftszweig, wird unterstrichen. Ansonsten werde man in Sachen COVID-19 weiterhin mit der kanadischen Regierung zusammenarbeiten, auch was eine erneute Erhöhung der Impfquote im eigenen Sektor anbelangt.

Premierminister Justin Trudeau hat derweil seine Einordnung der Trucker-Proteste bereits vorgenommen und sein Urteil gefällt. Es handele sich um eine "kleine Randgruppe von Leuten, die auf dem Weg nach Ottawa" sei und "nicht zu akzeptierende Ansichten" zum Besten geben würde, ist Trudeau überzeugt.

Bei der "Blockade" der Hauptstadt Ottawa handele es sich um die vielleicht drastischste, am besten organisierte, von COVID-19 inspirierte Demonstration, die die Welt je gesehen hat, davon ist man an anderer Stelle überzeugt. Gleichzeitig handele es sich bei den Protesten allerdings vor allem um einen Leckerbissen für die "internationale Rechte".

Vor allem wurde seit Beginn des Trucker-Protests immer wieder darauf verwiesen, dass dieser von Tamara Lich, ihres Zeichens Generalsekretärin der relativ neuen Maverick Party, mit initiiert worden sei. Bei der Maverick Party handelt es sich um eine "rechtsgerichtete Gruppe", die sich für die Abtrennung der drei westlichen Provinzen Kanadas vom Rest des Landes einsetzt.

An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass Demonstranten am Denkmal des unbekannten Soldaten getanzt und es dadurch entweiht hätten, was wiederum den Minister für Veteranenangelegenheiten, Lawrence MacAulay, und den Chef des Verteidigungsstabs, General Wayne Eyre, auf den Plan rief.

Womöglich auf der Suche nach einer griffigen Faustformel, um den Ereignissen einen endgültig negativen Stempel aufdrücken zu können, legte die Canadian Broadcasting Corporation (CBC) nun eine keineswegs neue, aber vielleicht an dieser Stelle dennoch unerwartete Verschwörungstheorie auf den Tisch. Könnte nicht Russland hinter dem Steuer sitzen und die Proteste lenken? So fragte die besorgt dreinblickende und dennoch selbst nicht ganz überzeugt wirkende CBC-Moderatorin:

"...angesichts der Unterstützung Kanadas für die Ukraine... Ich weiß nicht, ob es weit hergeholt ist zu fragen, aber es besteht die Sorge, dass russische Akteure die Dinge weiter anheizen könnten, während dieser Protest wächst... diesen vielleicht sogar angestiftet haben..."

Derweil wurde das Großaufgebot an Polizeikräften in Ottawa durch Beamte aus Hunderten von Kilometern entfernten Städten sowie durch die Provinzpolizei von Ontario und die Royal Canadian Mounted Police ergänzt. Zwischenzeitlich wurden Befürchtungen laut, die Protestler könnten sich Zutritt zum Parlament verschaffen wollen.

Nun mehren sich die Berichte, wonach sich Premierminister Trudeau samt Familie derzeit an einem der Öffentlichkeit unbekannten Ort aufhalte.

"Aufgrund von Sicherheitsbedenken wurden Trudeau und seine Familie aus ihrem Haus an einen ungenannten Ort in der Hauptstadt gebracht."

Das Büro des Premiers wollte sich demzufolge nicht zum Verbleib des kanadischen Premierministers äußern.

Zuvor hatte Trudeau auf Twitter mitgeteilt, dass er COVID-19-Kontakt gehabt hätte und sich daher für fünf Tage in Selbstisolation begebe. Ohne nähere Angaben zu machen, hatte er zuvor angegeben, dass eines seiner drei Kinder positiv getestet worden sei.

Derweil fühlen sich auch Trucker außerhalb Kanadas von den Protest inspiriert. Lkw-Fahrer in den USA wollen sich nun auf den Weg gen Washington machen. Auch in Italien machten Lkw-Fahrer lautstark auf sich und ihre Kritik an der Corona-Politik aufmerksam.

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