Richter James Boasberg hat der Klage der US-Bundeshandelskommission FTC gegen das soziale Netzwerk Facebook im zweiten Anlauf stattgegeben. Wie aus Gerichtsdokumenten von Dienstag hervorgeht, sah der Richter nun den Vorwurf des unfairen Wettbewerbs viel besser begründet, nachdem er die erste Version im Sommer 2021 mit Verweis auf eine unzureichende Argumentation, darunter fehlende Zahlen, abgewiesen hatte. Boasberg ließ diesmal Facebooks Forderung nicht gelten, die Klage wegen einer angeblichen Befangenheit der FTC-Chefin Lina Khan abzuweisen. Der Richter betonte zugleich, dass damit aber noch völlig offen sei, wer sich am Ende in dem Verfahren durchsetze werde. Es dürfte sich über Jahre hinziehen.
Ein Sprecher des Facebook-Konzerns Meta sagte dem Wall Street Journal nach der Entscheidung des Richters, man sei überzeugt, dass die Tatsachen die Vorwürfe widerlegen würden. Facebooks Investitionen in den Chatdienst WhatsApp und in die Foto-Plattform Instagram seien gut für den Wettbewerb gewesen.
In der Klage wirft die US-Handelsbehörde Facebook unter anderem vor, WhatsApp und Instagram gekauft zu haben, um die eigene Monopolstellung in dem Markt zu schützen. Deshalb sollen die Übernahmen wieder rückgängig gemacht werden. So hält die FTC fest, dass Facebook von 2016 bis 2020 bei täglich aktiven Nutzern einen Marktanteil im Schnitt von 80 Prozent auf Smartphones und 98 Prozent auf dem PC gehabt habe. Zu keinem Zeitpunkt und auf keinem Gerätetyp sei der Anteil unter 70 Prozent gesunken.
Facebook hatte Instagram im Jahr 2012 für etwa eine Milliarde Dollar und WhatsApp im Jahr 2014 für am Ende rund 22 Milliarden Dollar gekauft. Die US-Wettbewerbshüter gaben die Übernahmen damals frei. Die ursprüngliche Klage wurde im Dezember 2020 noch am Ende der Amtszeit des damaligen US-Präsidenten Donald Trump eingereicht. Nachgebessert wurde sie unter seinem Nachfolger Joe Biden. Neben der FTC reichte auch ein Bündnis von mehr als 40 Bundesstaaten eine Klage gegen die Deals ein. Diese wurde von Richter Boasberg im Juni jedoch komplett abgewiesen.
Unabhängig vom Ausgang könnte das Verfahren eine feste Definition des Marktes für soziale Netzwerke im US-Justizsystem verankern und damit einen klareren Rahmen für Kartellverfahren schaffen. Die FTC beschreibt jetzt als persönliche soziale Netzwerke Plattformen, auf denen Nutzer Kontakte mit Freunden und Familie pflegen und in einem gemeinsamen Raum Beiträge und Erlebnisse teilen. Basierend auf dieser Definition sieht die FTC zum Beispiel Twitter, Youtube und TikTok in anderen Kategorien, weil sie mehr auf die Nutzung von Inhalten denn auf persönliche Verbindungen ausgerichtet seien. Als direkter Wettbewerber von Facebook wird in der Klage unter anderem Snapchat genannt.
Im bisher größten Wettbewerbsverfahren in der Tech-Industrie in den 1990er-Jahren war es um Microsoft gegangen. Der Konzern bündelte den Webbrowser Internet Explorer mit seinem Windows-Betriebssystem. Das US-Justizministerium argumentierte damals, angesichts der dominierenden Marktposition von Windows seien Browser-Rivalen wie Netscape aus dem noch neuen Markt gedrängt worden. Ein Richter ordnete zwischenzeitlich die Zerschlagung von Microsoft an, was jedoch von einem Berufungsgericht gekippt wurde. Am Ende einigten sich das Justizministerium und Microsoft auf mildere Auflagen.
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(rt/dpa)