Ein Kommentar von Zachary Leeman
Der Prozess gegen Kyle Rittenhouse war, unabhängig von seinem Ausgang, eine Peinlichkeit für das gesamte Justizsystem des Staates Wisconsin und der USA. Es ist bezeichnend, dass – während es in diesem Fall mit Anthony Huber und Joseph Rosenbaum zwei tote Opfer gab und ein 18-Jähriger vor Gericht um sein Leben kämpfte – zwei andere Protagonisten zu Blitzableitern für Kontroversen und Aufmerksamkeit wurden.
Der Anklage führende Staatsanwalt Thomas Binger verbrachte den größten Teil des Prozesses um die Ereignisse in Kenosha vom Sommer 2020 damit, Rittenhouse sowie den Richter Bruce Schroeder und alle anderen Anwesenden, die sich die Mühe machten, ihm zuzuhören, zu verwirren. Seine Argumente in dem Fall zerbröselten schnell und wurden sowohl vom Richter als auch von den Aktivisten einer strengen Prüfung unterzogen, da fast nichts, was er sagte, eine rechtliche oder verfassungsmäßige Grundlage zu haben schien.
Während er Rittenhouse auf dem Zeugenstand befragte, ließ sich Binger in Zusammenhang mit der Schiesserei von Columbine zu einer Huldigung des ehemaligen Fox News-Moderator Bill O’Reilly hinreißen und begab sich auf einen Kreuzzug gegen Videospiele. Er versuchte, Rittenhouse als einen von Ego-Shooter-Games besessenen Einzelgänger zu zeichnen, der in Kenosha – während eines gewalttätigen Protests von Black Lives Matter – auf der Suche nach einer bewaffneten Konfrontation war.
Da das Videospiel-Argument nicht zog, wandte Binger zwei sehr fragwürdige Taktiken an: Erstens versuchte er zu argumentieren, dass Rittenhouse, da er ein halbautomatisches Gewehr AR-15 bei sich hatte, mit der Absicht nach Kenosha kam, Unheil zu verbreiten, was der junge Mann bestritt. Dieser gab an, er sei mit einer Ausrüstung für Erste Hilfe dort gewesen, um Menschen zu helfen, die Hilfe benötigen könnten.
Daraufhin versuchte Staatsanwalt Binger in seinen Schlussbemerkungen, seine Behauptung zu untermauern, dass "man das Recht auf Selbstverteidigung verliert, wenn man derjenige ist, der die Waffe mitgebracht hat". Entsetzte Aktivisten für den zweiten Verfassungszusatz (Recht auf Waffenbesitz) wiesen zu Recht darauf hin, dass dieses Argument die Idee der Selbstverteidigung völlig ad Absurdum führt.
Die einzige Möglichkeit, einer solchen Theorie das nötige Gewicht zu geben, wäre die gewesen, dass Rittenhouse der Hauptaggressor gewesen wäre. Zeugen sagten jedoch aus, dass der Angeklagte zuerst angegriffen wurde, während Gaige Grosskreutz – einer der drei, auf welche geschossen wurde, der aber überlebte – zugab, seine Waffe auf Rittenhouse gerichtet zu haben, bevor Rittenhouse seine Waffe auf ihn richtete. Bevor Rittenhouse feuerte, wurde er von Grosskreutz, Huber und Rosenbaum durch die Straße gejagt, als diese versuchten, an seine Waffe zu kommen.
Binger versuchte zudem, unterschwellig zahlreiche weitere Anklagen gegen Rittenhouse mit in den Fall einzubringen, von denen die aufschlussreichste eine Anklage wegen Waffenbesitzes war. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass der Teenager durch das Tragen einer Waffe gegen das Gesetz verstoßen habe, da er zur Tatzeit noch nicht 18 Jahre alt war. Die tatsächliche Gesetzgebung – die, wie selbst der Vorsitzende Richter einräumte, verwirrend ist – ähnelt der in anderen US-Bundesstaaten mit einer großen Population von Jägern. Das Gesetz verbietet Kurzlaufgewehre für Minderjährige, erlaubt ihnen aber dennoch, bestimmte Gewehre bei der Jagd zu verwenden.
Die AR-15 von Rittenhouse war keine Waffe mit kurzem Lauf, und die Staatsanwaltschaft wusste dies. Dennoch argumentierte sie, er habe damit gegen das Gesetz verstoßen, obwohl dies nicht der Fall ist. Einige argumentieren, dass das Gesetz ein Schlupfloch für militärische Sturmgewehre schafft. Zurückführen lässt sich dies auf ein grundlegendes Missverständnis hinsichtlich der Art der Waffen sowie auf widersprüchliche Waffengesetze, die den Gerichten die Prüfung auferlegen, ohne selbst eine klare rechtliche Vorgabe zu machen.
Auch Richter Bruce Schroeder war während des Prozesses heftiger Kritik ausgesetzt. Dessen Kritiker stützen sich hauptsächlich auf Unsinn, wie etwa jenen über das Telefon des Richters, als dessen Klingelton ein Song von Lee Greenwood – "Gott segne die USA" – ertönt.
Wenn das alles lächerlich klingt, dann deshalb, weil es lächerlich ist. Laut Gesetz handelte es sich im Fall Rittenhouse eindeutig um Selbstverteidigung, die leider von jemandem angewendet wurde, der zu diesem Zeitpunkt noch keine 18 Jahre alt war.
Staatsanwalt Binger stand in den vergangenen Wochen deshalb so oft im Mittelpunkt von Kontroversen, weil er einen Fall verfolgt, der sich schlichtweg nicht auf dem Boden der Tatsachen bewegt. Prominente und liberale Aktivisten bezeichnen Rittenhouse weiterhin als "Verfechter weißer Vorherrschaft", obwohl nichts Dahingehendes bewiesen werden konnte.
Der ganze Fall lief schließlich auf die Erkenntnis hinaus, dass Rittenhouse zufällig auf der falschen Seite stand. Er war nicht auf der Seite der randalierenden Demonstranten, er trug eine AR-15-Waffe und spielte Videospiele. Damit versuchte die Staatsanwaltschaft, sein Motiv zu beweisen. Sie malte einfach das Bild eines Täters, wie er derzeit in der liberalen Kultur im Allgemeinen mit Schande übergossen wird. Bingers Argumente hatten keine rechtliche Grundlage – sie waren nur halbherzige Versuche, den Twitter-Debatten einen Sinn zu verleihen, in denen die Handlungen von Rittenhouse gefiltert wurden und die sich zum Ziel gesetzt hatten festzustellen, dass er ein Rassist sei, der sich auf die Jagd nach rechtschaffenen liberalen Demonstranten aufmachte.
Die Politik hat das US-Justizsystem seit langem verseucht, aber der Rittenhouse-Prozess zeigt, dass es auf gefährlicher individueller Basis verseucht wurde. Staatsanwälte wie Binger argumentieren in Fällen, die auf radikalen politischen Überzeugungen und einem zutiefst fehlerhaften Rechtsverständnis beruhen, das durch diese radikalen Überzeugungen geschürt wird. Kein Staatsanwalt, der jeden Zahltag einen staatlichen Gehaltsscheck einlöst, sollte vor einem Gericht dabei erwischt werden, wenn er argumentiert, dass man nur mit einer Waffe mörderische Absichten haben kann oder Videospiele zu spielen bedeutet, dass man davon träumt, andere zu töten.
Schuld oder Unschuld sollte nicht von der Politik oder einem digitalem Mob bestimmt werden, und Mordprozesse sollten nicht mit dem intellektuellen Niveau eines emotional getriebenen Twitter-Zanks geführt werden. Doch genau das wurde es beim Rittenhouse-Prozess – ein karikiertes Spiegelbild des ekelhaften Drängens unserer Gesellschaft auf eine Stammesgesellschaft hin, in der nicht nur unsere Kultur zerstört wird, wenn wir es zulassen, sondern auch das grundlegende Rechtssystem, auf das wir uns verlassen können sollten.
Glücklicherweise durchschaute die Jury in diesem Fall die politische Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft, die grundlegende Regeln der Waffensicherheit nicht verstand, sich aber qualifiziert fühlte, einen Teenager dafür zu verurteilen, dass er nicht seine "Fäuste" benutzte – ein Argument, das tatsächlich im Prozess vorgebracht wurde!
Der nächste Rittenhouse bekommt vielleicht nicht die Chance, sein Leben zu leben, wenn ein anderer Staatsanwalt und seine Verbündeten in den Konzern-Medien die "richtige" Jury finden – eine, die nach emotionalen, tribalistischen Plädoyers für eine vage, liberale, utopische Wolke am Himmel sucht, statt nach Fakten.
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Mehr zum Thema – Texanischer Ausschuss empfiehlt posthume Begnadigung von George Floyd für Drogen-Vorstrafe