Die renommierte US-Medizinfachzeitschrift The Lancet ist wegen ihrer jüngsten Ausgabe in die Schusslinie geraten. Das Zitat eines leitenden Redakteurs auf dem Titelblatt hat in den sozialen Medien große Empörung ausgelöst, weil es Frauen "entmenschlicht" und "auslöscht".
"Historisch gesehen wurden die Anatomie und Physiologie von Körpern mit Vaginen vernachlässigt", heißt es auf dem Titelblatt der neuesten Ausgabe, die am 25. September 2021 erschienen ist.
Bis Freitagabend hatte die Zeitschrift insgesamt weniger als 300 Likes und Retweets erhalten – im Vergleich zu den insgesamt mehr als 4.600 Antworten und Tweet-Zitaten ein ziemlich beeindruckendes Verhältnis, das auch kommentiert wurde.
"Ich frage mich, was die übliche Beschreibung für diese Art von Menschen ist?" twitterte die Autorin und Journalistin Helen Joyce und bezog sich dabei offensichtlich auf das Wort Frauen.
"Körper mit Vaginen? Meint ihr Frauen? Wo hört das auf?!?", lautete die Reaktion der Tennis-Ikone Martina Navratilova bei Twitter — Martina Navratilova (@Martina)
"Die entmenschlichende Sprache hat nun auch The Lancet infiziert", twitterte Dennis Kavanagh von Lesbian & Gay News.
"Wie schrecklich. Ich habe gerade The Lancet geschrieben, um ihnen zu sagen, dass sie mich von ihrer Liste der statistischen Gutachter streichen, mein Abonnement kündigen und mich nie wieder wegen irgendetwas kontaktieren sollen", twitterte Dave Curtis, ein pensionierter Psychiater, der in der Genetikforschung tätig ist. "Absolut unentschuldbare Sprache, um sich auf Frauen und Mädchen zu beziehen", schreibt er weiter.
"Wir möchten eine formelle Beschwerde über die entmenschlichende und schlichtweg sexistische Titelgeschichte der neuesten Ausgabe des Lancet einreichen", so die Gruppe Women Make Glasgow.
Andere kommentierten, dass die Redakteure des Lancet anscheinend "den Verstand verloren" hätten oder dass "Körper mit einer Vagina" eine Stufe unter "gebärende Person" sei, der neuesten politisch korrekten Formulierung aus den USA.
Eine Frau, @phenn, die auf Wesley J. Smith antwortete, reagierte entsprechend mit Verachtung und sagte: "Ich bin also von einer 'gebärenden Person' zu einem 'Körper mit einer Vagina' herabgestuft worden. Und zwar von Leuten, die glauben, dass Menstruationsbeschämung tatsächlich existiert. Gott, lass den großen Stein (einen Asteroid) kommen."
Der umstrittene Satz taucht in einem zweiseitigen Artikel von Sophia Davis auf, der leitenden Redakteurin der Zeitschrift The Lancet. Darin bespricht sie eine Ausstellung mit dem Titel "Periode auf dem Display" im Londoner Vagina Museum auf dem Camden Market. Obwohl das Zitat korrekt ist, verwendet Davis im Artikel mehrmals den Begriff "Frauen" sowie "Menschen, die menstruieren".
Florence Schechter, die in Davis' Artikel auftaucht, gründete das Vagina Museum im Jahr 2017, nachdem sie entdeckt hatte, dass es in Island ein Penismuseum gibt. Nach einigen Pop-Up-Ausstellungen zog das Museum 2019 in seine jetzigen Räumlichkeiten, muss aber Ende September 2021 schließen. Denn dann läuft der Mietvertrag aus. Davis plädiert dafür, das Museum auch weiterhin zu finanzieren, weil es "einen starken Sinn für soziale Zwecke hat und in seinen Zielen und Botschaften kühn und überschwänglich ist."
The Lancet gehört zu den ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt und wurde 1823 gegründet.
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