Das Humane Respiratorische Synzytial-Virus (HRSV) scheint mit der Aufhebung der Corona-Auflagen in den USA wieder Fuß zu fassen. Nach Angaben des Wall Street Journal melden die US-Gesundheitsbehörden eine für die Jahreszeit ungewöhnlich hohe Anzahl von HRSV-Fällen. Besonders betroffen sind demnach die südlichen Bundesstaaten, obwohl der altbekannte Erreger gewöhnlich im Herbst und im Winter vorkommt.
Experten verbinden die Tendenz mit den allmählichen Lockerungen der Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus. In der vergangenen Saison hat es dank der sozialen Distanz, der Maskenpflicht und anderer Hygienemaßnahmen weniger HRSV- und Grippe-Fällen gegeben. Das Blatt zitiert in diesem Zusammenhang Chulie Ulloa, eine Expertin für Infektionskrankheiten von Kindern:
"Die Dinge, die wir getan haben, um uns vor einer COVID-19-Erkrankung zu schützen, eignen sich ausgezeichnet, um uns auch vor einer Grippe- oder HRSV-Erkrankung zu schützen. Da jetzt alles gelockert wird, werden wir wahrscheinlich einen Anstieg einiger dieser gewöhnlichen Infektionen beobachten."
Die US-Gesundheitsbehörde CDC hat am 10. Juni in diesem Zusammenhang eine Warnung herausgegeben. Dort wird unter anderem empfohlen, Patienten auf das HRSV zu testen. Mitarbeiter des Gesundheitssektors und Kinderbetreuer sollen vermeiden, mit Erkältungssymptomen zur Arbeit zu gehen, selbst wenn ihr SARS-CoV-2-Test negativ ist. Nach Angaben des Wall Street Journal sollen pädiatrische Krankenhäuser in Dallas allein in den ersten drei Juni-Wochen 279 HRSV-Fälle nachgewiesen haben. Der Anstieg der Fälle wird dort demnach seit diesem Mai beobachtet, nachdem es im Herbst und Winter nur wenige Fälle gegeben hat. Ärzte erklären es auch damit, dass die Zahl der Kinder, die wegen der ausgebliebenen HRSV-Saison noch keine Erfahrung mit dem Erreger gemacht haben, höher als in den vergangenen Jahren ist.
Das HRSV ist ein leicht übertragbarer Erreger, der den Respirationstrakt befällt. Das Virus kommt sehr oft vor, und fast alle Kinder werden mit ihm bereits bis zum zweiten Lebensjahr konfrontiert. Auch Erwachsene können sich damit anstecken und das Virus mit winzigen Tröpfchen beim Husten und Niesen weiterverbreiten. Erste Symptome treten vier bis sechs Tage nach der Ansteckung auf. Dazu zählen Schnupfen, Appetitverlust, Husten, Niesen und Fieber.
In den meisten Fällen verläuft die Krankheit wie eine herkömmliche Erkältung, die nach ein oder zwei Wochen vorbei ist. Bei Kleinkindern und Senioren kann der Erreger aber zu Komplikationen führen und eine Lungenentzündung auslösen. Nach Angaben der CDC verursacht das HRSV jedes Jahr zwischen 100 und 500 Todesfälle unter Kindern unter fünf Jahren und rund 14.000 Todesfälle unter Senioren ab 65 Jahren. Jedes Jahr werden damit rund 58.000 Kleinkinder und 177.000 ältere Menschen ins Krankenhaus eingeliefert.
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