Microsoft-Angestellter: Auslesen von Daten der US-Bürger ist Routine

Laut der Aussage eines leitenden Microsoft-Angestellten vor dem Kongress durchsuchen US-Strafverfolgungsbehörden heimlich Tausende Male im Jahr die Daten von Kunden. Jüngst war bekannt geworden, dass Staatsanwälte Daten von Journalisten sowie Kongressmitgliedern anforderten.

Die Vereinigten Staaten sollten einen stärkeren rechtlichen Schutz für Benutzerdaten auf Servern von Tech-Unternehmen gewähren, sagten Medien-Anwälte und Gesetzgeber am Mittwoch bei einer Anhörung vor dem Kongress, in der es darum ging, inwieweit die US-Regierung ihre geheime Vorladungsbefugnis überstrapaziert und so den amerikanischen Internetnutzern schadet. Das Verfahren folgt Enthüllungen, wonach das US-Justizministerium des ehemaligen Präsidenten Donald Trump heimlich die Telefonaufzeichnungen von Reportern und demokratischen Abgeordneten eingeholt habe.

Die Nachricht von den Ermittlungen des Justizministeriums empörte die Gesetzgeber und führte zu einer erneuten Diskussion über die Einschränkung der Praxis der US-Regierung, heimlich Vorladungen an Cloud-Service-Anbieter – Unternehmen wie Microsoft, Amazon.com Inc, Apple Inc und Alphabet Inc's Google – zu richten, um Zugang zu verschiedensten Daten wie E-Mails, Dokumenten und Instant Messages ihrer Nutzer zu erhalten, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Interessen zu verteidigen. Generalstaatsanwalt Merrick Garland hat unterdessen angekündigt, dass das Justizministerium diese Praxis der Beschlagnahme von Daten beenden und dies bald formalisieren werde.

Jerrold Nadler, der Vorsitzende des Justizausschusses des Repräsentantenhauses, sagte in seiner Eröffnungsrede am Mittwoch, dass das Justizministerium veraltete Richtlinien zur Durchsuchung digitaler Daten ausgenutzt habe, um Journalisten und andere ins Visier zu nehmen, nachdem über Lecks berichtet worden war. Die Leiterin der Rechtsabteilung der Hearst Corp, Eve Burton, sprach für viele Zeugen, als sie vor dem Justizausschuss des Repräsentantenhauses sagte, dass "die gleichen Schutzmaßnahmen gelten müssen, egal ob die Informationen in einer Büroakte oder auf einem Cloud-Server im ganzen Land oder auf der ganzen Welt gesucht werden." Laut Zoe Lofgren, einer Demokratin aus Kalifornien, sei die Praxis "eine Umgehung des Schutzes, den der vierte Verfassungszusatz jedem Amerikaner bieten soll". 

Tom Burt, Microsofts Corporate Vice President für Kundensicherheit und -vertrauen, teilte mit, dass die Bundesstrafverfolgungsbehörden dem Unternehmen in den letzten Jahren zwischen 2.400 und 3.500 Geheimhaltungsanordnungen pro Jahr vorgelegt haben, also etwa sieben bis zehn pro Tag, schon seit Jahren. "Anbieter wie Microsoft erhalten regelmäßig Geheimhaltungsverfügungen, die durch keine sinnvolle rechtliche oder faktische Analyse gestützt werden. Viele dieser Anordnungen hätten niemals von den Gerichten genehmigt werden dürfen", sagte Burt den Gesetzgebern.

"Wir haben die Anzahl der Geheimhaltungsanordnungen überprüft, die uns die Bundesbehörden von 2016 bis heute vorgelegt haben – ein Zeitraum, der sich über die Obama-, Trump- und Biden-Administration erstreckt. Wir haben festgestellt, dass, während die Zahl gestiegen ist, Bundesstrafverfolgungsbehörden uns konsequent 2.400 bis 3.500 Geheimhaltungsaufträge pro Jahr vorgestellt haben", so Burt.

Das seien sieben bis zehn pro Tag. Zwar seien viele Amerikaner schon durch den Versuch, Gesetzgeber und Reporter ins Visier zu nehmen, beunruhigt, aber "was vielleicht am schockierendsten ist, ist, wie routinemäßig die gerichtlich angeordnete Geheimhaltung geworden ist, wenn die Strafverfolgung die E-Mails, Textnachrichten und andere sensible Daten der Amerikaner ins Visier nimmt, die in der Cloud gespeichert sind".

Demnach ist es problematisch, dass die Staatsanwälte "reflexartig Geheimhaltung durch Standardanfragen anstreben, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, einfach eine Schlussfolgerung zu ziehen, dass eine Geheimhaltungsanordnung notwendig ist".

Eine Vertreterin von The Associated Press forderte den Kongress auf, Journalisten und deren Versprechen von Vertraulichkeit gegenüber ihren Quellen zu schützen. Reporter müssten somit frühzeitig informiert werden und die Möglichkeit haben, die Bemühungen eines Staatsanwalts, Daten zu beschlagnahmen, anzufechten, so Karen Kaiser, APs General Counsel.

"Es ist unerlässlich, dass Reporter in der Lage sind, glaubhaft zu versprechen, vertraulich zu bleiben, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit die Informationen hat, die sie braucht, um ihre Regierung zur Rechenschaft zu ziehen und um den Behörden und Beamten zu helfen, effektiver und integer zu arbeiten", sagte Kaiser.

Edward Snowden twitterte, wohl mit einer Prise Sarkasmus, er sei sicher, diese Vorgänge hätten nichts mit dem zu tun, was sich derzeit abspiele, doch sollten seine Follower davon wissen.

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