Im US-Bundesstaat Florida droht eine Umweltkatastrophe. Ein Abwasserbecken eines früheren Phosphat- und Düngemittelwerks in Piney Point, Manatee County in Florida, hat ein Leck. Ein Abdichten ist Einsatzkräften vor Ort bislang nicht gelungen. Im schlimmsten Fall könnten laut Expertenberechnungen fast 1,3 Milliarden Liter mit Phosphor und Stickstoff belastete Abwässer auslaufen. Umliegende Anwohner wurden bereits evakuiert. Insassen des "Manatee County"-Gefängnisses müssen in die zweite Etage umziehen.
Floridas Gouverneur, Ron DeSantis (Republikaner), rief für den betroffenen Bezirk Manatee County, rund 40 Kilometer südlich von Tampa, den Notstand aus. DeSantis machte laut CNN deutlich:
"In der aktuellen Situation geht es darum, eine katastrophale Flut zu verhindern."
Im Falle eines totalen Bruchs der Beckenwand könnte dies eine bis zu sechs Meter hohe Flutwelle auslösen, warnte der Verwaltungschef des Bezirkes, Scott Hopes. In der nicht besonders dicht besiedelten Umgebung wurden bereits rund 300 Häuser geräumt und eine Autobahn teilweise gesperrt. Im Katastrophenfall könnte das Umland bis zu 1,50 Meter hoch unter Wasser stehen. Hopes warnt alle Anwohner:
"Wenn Sie in der Evakuierungszone leben und den Aufforderungen bislang nicht nachgekommen sind, überdenken Sie das gründlich. Befolgen Sie die Anweisungen!"
In dem nahegelegenen County-Gefängnis befinden sich derzeit 1.063 Insassen. Ein Teil davon soll per Bus zu anderen Gefängnissen gebracht werden. Der Rest wird in den zweiten Stock verlegt, berichtet die Lokalzeitung Tampa Bay Times.
Das Abwasser in dem Becken im Gebiet von Piney Point habe zwar einen höheren Gehalt an Phosphor und Stickstoff, sei aber weder giftig noch radioaktiv, teilte Floridas Umweltbehörde nach Medienberichten mit. Allerdings könne dies zu einer erhöhten Algenbildung und somit zu Fischsterben führen. Die Befürchtung sei zudem, dass ein Kollaps dieses Reservoirs andere Becken in dem Areal in Mitleidenschaft ziehen könnte, die zum Teil mit radioaktiven Stoffen und Schwermetallen belastet sind.
Der Riss in dem etwa 33 Hektar großen und acht Meter tiefen Becken war bereits vergangene Woche festgestellt worden. Seitdem bemühen sich Experten, Wasser aus dem Reservoir abzupumpen. Der Plan sieht vor, große Wassermengen in die nahe gelegene Meeresbucht – die Tampa Bay – kontrolliert auszuleiten.
Eine Gefahr für die Grundwasserversorgung bestehe laut der Sprecherin der "Manatee County"-Verwaltung, Vanessa Baugh, nicht:
"Das Trinkwasser ist vollkommen sicher zu trinken. Die Wasserverteilung ist ein geschlossenes System, in das kein Flutwasser eindringen kann. Außerdem gibt es keine Bedrohung für unsere primäre Trinkwasserquelle, den Lake Manatee."
Die Umweltgruppe Manasota-88 kritisierte die County-Verwaltung für ein jahrzehntelanges Missmanagement. Die Zeitung Miami Harald zitiert eine Presseerklärung der Umweltgruppe:
"Die Phosphorgips-Lager von Piney Point unterliegen seit Jahrzehnten einer Misswirtschaft. Die aktuelle Krise lässt sich bis zur absurden Entscheidung im Jahr 2006 zurückführen, als zugelassen wurde, dass Baggergut vom Port Manatee auf eines der Phosphorgips-Lager von Piney Point gehäuft wurde. Dafür waren die Lagerstätten nicht errichtet – es hätte niemals erlaubt werden dürfen."
Die Zeitung Bradenton Herald leakte einen Kommunikationsaustausch zwischen den Betreiber der Lagerstätte von Piney Point und der County-Verwaltung. Demnach hätten sich bereits im Juli 2020 erste "kritische Einrisse" an der Außenwand des südlichen Beckens gezeigt. Das meldeten die Betreiber von Piney Point an die County-Verwaltung, Im Oktober 2020 machten die Betreiber Fotos der entstehenden Risse mit "Potential, sich zu weiten". Laut Bradenton Herald wurden die Risse zwar gekittet, die Instabilität blieb jedoch. Im Dezember 2020 wurden erneut Risse gemeldet. Das Becken wurde weiterbetrieben, bis das Phosphor und Stickstoff belastete Wasser am 30. März begann, aus der Außenwand zu fließen.
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