Eine Klage gegen den Onlinehändler Amazon wirft dem Unternehmen vor, Mitarbeitern die vorgeschriebenen Essenspausen zu verwehren. Es soll sich dabei konkret um eine Amazon-Niederlassung in Vacaville im Bundesstatt Kalifornien handeln. Offenbar streben die Anwälte des Klägers eine Sammelklage an. Der Fall wurde zunächst im Februar beim San Francisco County Superior Court eingereicht und am Freitag an das US-Bezirksgericht Kalifornien, Northern District verlegt.
Bei der Klägerin soll es sich um eine ehemalige Mitarbeiterin des Lagerhauses in Vacaville (Kalifornien) handeln, die behauptet, dass das Unternehmen die vorgeschriebenen 30-minütigen Essenspausen für die Arbeiter nicht einplane. So werde von den Mitarbeitern erwartet, ihre Funkgeräte auch während der Mittagspause eingeschaltet zu lassen, sollte es etwaige Probleme geben. Dies habe zum Teil zu Einschränkungen der Pause geführt, so die Klageschrift.
Zudem wären die Pausen in Vacaville so organisiert gewesen, dass viele Arbeiter sie zur selben Zeit nehmen mussten. Dadurch seien Schlangen am Computersystem entstanden, an dem sich die Mitarbeiter abmeldeten. Wer am Ende der Schlange stand, hätte somit eine verkürzte Pause in Kauf nehmen müssen, kritisiert die Klägerin. Zudem wären Schichten "chronisch unterbesetzt" gewesen. Laut der Klägerin mussten deswegen viele durcharbeiten, um die Arbeitsaufträge rechtzeitig zu beenden.
Erst Anfang März dieses Jahres wurden sowohl Amazon als auch ein unabhängiger Auftragnehmer des Konzerns von der kalifornischen Arbeitskommission wegen Lohndiebstahls zu einer Geldstrafe von 6,4 Millionen US-Dollar (rund 5,5 Millionen Euro) verurteilt. Eine Untersuchung hatte im Vorfeld ergeben, dass der Subunternehmer Green Messengers seine Fahrer unterbezahlt hatte, indem diese für 10-Stunden-Schichten eingeplant wurden. Dabei war das Arbeitspensum so hoch, dass die Arbeiter gezwungen waren, Essens- und Ruhepausen auszulassen.
Kommt die erste Gewerkschaft in USA?
Auch im US-Bundesstaat Alabama gerät Amazon in die Defensive. Amazon ist zwar nach Walmart der zweitgrößte Arbeitgeber in den USA, doch eine gewerkschaftliche Vertretung gibt es nicht. Das könnte sich in wenigen Tagen ändern. Seit fast zwei Monaten stimmen die rund 6.000 Beschäftigten eines Logistiklagers in Bessemer im südöstlichen US-Bundesstaat Alabama über eine Arbeitnehmervertretung ab. Es ist eine historische Wahl, die den Weg für die erste US-Gewerkschaft bei Amazon in der rund 27-jährigen Geschichte des Konzerns ebnen könnte.
Nun kommt es zum Show-down: Die Mitarbeiter können bis zum Fristende an diesem Montag entscheiden, ob sie für den Anschluss an die US-Handelsgewerkschaft "Retail, Wholesale and Department Store Union" (RWDSU) sind. Dass die Abstimmung so lange dauert, liegt am Briefwahlverfahren wegen der COVID-19-Pandemie. Amazon hatte zuvor noch versucht, das Votum zu verzögern, war jedoch mit einem Einspruch bei der Arbeitnehmerschutzbehörde National Labor Relations Board abgeblitzt. Die Initiative der Gewerkschaft will sicherere Arbeitsbedingungen und faire Löhne erstreiten. Amazon ist der Ansicht, seinen Beschäftigten all dies bereits zu bieten.
Auch in Deutschland sind die Arbeitsbedingungen bei Amazon ein anhaltendes Streitthema. Seit 2013 wird immer wieder gestreikt – ohne dass es seither in dem festgefahrenen Konflikt zu greifbaren Ergebnissen gekommen wäre. Aktuell hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Beschäftigten an sechs Standorten zu einem viertägigen Ausstand vor Ostern aufgerufen.
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