Der neunköpfige Stadtrat von Evanston nördlich von Chicago genehmigte mit nur einer Gegenstimme das Reparationspaket in Höhe von 400.000 US-Dollar Wiedergutmachung für den Schaden, den die einheimischen US-Afroamerikaner im Laufe des 20. Jahrhunderts durch diskriminierende Wohnungspolitik, Praktiken und Untätigkeit davontragen mussten, berichtete die Zeitung The Washington Post. In der ersten Phase werden ihnen demnach 25.000 US-Dollar in Form von Zuschüssen zur Reparatur des Wohneigentums, Anzahlungen oder Hypothekenhilfen bereitgestellt. Dafür müssen sie allerdings nachweisen können, dass ihre Vorfahren in den Jahren zwischen 1919 und 1969 in der Stadt gelebt und unter Diskriminierung gelitten hatten.
Langfristig sehen die Pläne der Stadtverwaltung weitere Reparationsprogramme im Umfang von insgesamt zehn Millionen US-Dollar vor, die innerhalb der kommenden zehn Jahre an die schwarze Bevölkerung von Evanston ausgezahlt werden sollen. Diese repräsentiert etwa 16 Prozent der rund 75.000 Bewohner der Stadt. Das Geld soll unter anderem aus den Einnahmen der Cannabis-Steuern fließen.
Eine der Urheberinnen des Vorstoßes, Stadträtin Robin Rue Simmons, begrüßte das Ergebnis der Abstimmung am Montag als einen entscheidenden ersten Schritt auf dem Weg zur Erreichung von Rassengleichheit. Sie betonte zugleich, dass es noch viel mehr getan werden müsse, um die Gerechtigkeit gegenüber der schwarzen Gemeinschaft wiederherzustellen. Experten erwarteten, dass das Projekt in Evanston einen Schneeballeffekt auf die geplante landesweite Gesetzgebung haben könnte.
Die Idee der Wiedergutmachung für schwarze US-Amerikaner ist in den Vereinigten Staaten bereits seit Jahrzehnten ein brisantes Thema. Im Zuge der landesweiten Anti-Rassismus-Demonstrationen der Bewegung Black Lives Matter nach den tragischen Todesfällen der Afroamerikaner George Floyd und Breonna Taylor im vergangenen Jahr rückte dies weiter in den Vordergrund der öffentlichen Debatte. Die Befürworter der Initiative fordern neben der finanziellen Entschädigung für die Nachkommen der Opfer von Diskrimination auch verstärkt eine formale Entschuldigung der Regierung für ihre Rolle bei diesem Erbe. Inzwischen richtete der US-Bundesstaat Kalifornien eine Arbeitsgruppe ein, die ein Modell für Wiedergutmachung vorschlagen soll. Chicago und mehrere andere Städte diskutieren darüber hinaus über eigene Reparationsprogramme.
Auch US-Präsident Joe Biden hat sich für diese Idee wiederholt offen gezeigt. Vergangenen Monat bestätigte das Weiße Haus, dass Biden eine Gesetzvorlage im Kongress unterstützte, die eine Studie zur Untersuchung der Geschichte der Sklaverei und Diskriminierung in den Vereinigten Staaten auf den Weg bringen soll. Die Studie soll auch die Möglichkeit untersuchen, Reparationszahlungen landesweit zu bewilligen.
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