Nevada: Gesetzentwurf will Tech-Unternehmen eigene Regierungen und Justiz erlauben

Ein im US-Bundesstaat Nevada geplantes Gesetz könnte Hightech-Unternehmen schon bald ermöglichen, größere Grundstücke zu erwerben und auf dem Gelände eine eigene Regierung zu installieren. Inklusive eigener Steuern, Schulen und Rechtsprechung.

Ein neues Gesetzesvorhaben im US-Bundesstaat Nevada erinnert stark an beliebte Szenarien aus Science-Fiction-Filmen der 1980er Jahre – private Technologiefirmen ersetzen den Staat und übernehmen die Macht. So wie beispielsweise in "RoboCop" von Paul Verhoeven aus dem Jahr 1987. Ganz so krass wie in dem legendären Film mit Peter Weller in der Hauptrolle dürfte es in Nevada allerdings vermutlich nicht zugehen, falls das Vorhaben erfolgreich sein sollte. Doch die düstere Vision von Verhoeven würde deutlich näher rücken.

Hintergrund der Initiative in Nevada ist der Wunsch, sogenannte "Innovationszonen" zu schaffen. Diese sollen die Wirtschaft des wegen seiner beträchtlichen Silbervorräte auch "The Silver State" genannten Bundesstaats ankurbeln, der bis jetzt vor allem für seine Glücksspiel- und Amüsierstadt Las Vegas bekannt ist. Die Details des Gesetzesvorschlags haben es allerdings in sich.

Laut dem Entwurf wird es für in Nevada ansässige Hightech-Firmen demnächst erlaubt sein, separate lokale Regierungen zu bilden. Diese Regierungen hätten die gleichen Befugnisse wie eine Bezirksregierung – einschließlich des Rechts, Steuern zu erheben, Schulbezirke und Gerichte zu bilden und Regierungsdienstleistungen zu übernehmen.

Hinter dem Vorschlag steckt Steve Sisolak, der seit 2019 das Amt des Gouverneurs von Nevada innehat. Sisolak stellte das Konzept als einen Plan vor, neue Unternehmen mit "bahnbrechender Technologie" anzusiedeln, ohne diesen Unternehmen Steuererleichterungen anbieten zu müssen, wie es Nevada in der Vergangenheit, zum Beispiel bei Tesla, getan hat.

Laut dem Politiker und Unternehmer Sisolak reiche das "traditionelle Modell der Kommunalverwaltung" nicht mehr aus, um sicherzustellen, dass der "Silver State" in vorderster Linie mit dabei sei, wenn es um die Anziehungskraft für eine neue Form von Zukunftsunternehmen gehe. Es gelte, eine "alternative Form der lokalen Regierung" bereitzustellen, um die wirtschaftliche Entwicklung innerhalb des Staates weiter zu unterstützen.

Erster Bewerber steht schon in den Startlöchern

Sisolak erwähnte in diesem Zusammenhang explizit die Firma Blockchains LLC als ein Unternehmen, das zugesagt habe, eine "intelligente Stadt" in der Gegend östlich von Reno zu entwickeln, die vollständig auf Blockchain-Technologie laufen würde. Natürlich nur, wenn das Gesetz auch beschlossen wird. 2018 kaufte Blockchains LLC, die Techfirma des Anwalts und Kryptowährungsmillionärs Jeffrey Berns, für 170 Millionen US-Dollar etwa 67.000 Acres (rund 271 Quadratkilometer) an unbebautem, unbewohntem Land in Storey County im Tahoe Reno Industrial Center.

Sollte das Gesetz durchkommen, würde in naher Zukunft das Büro des Gouverneurs die Anträge für die "Innovationszonen" bearbeiten. Diese Zonen wären auf bestimmte "innovative Technologien" beschränkt, zu denen Blockchain, autonome Technologie, das Internet der Dinge, Robotik, künstliche Intelligenz, drahtlose Technologie, Biometrie und Technologie für erneuerbare Ressourcen gehören.

Die Zonen würden zunächst innerhalb der lokalen Bezirke, in der sie sich befinden, arbeiten, wären aber schließlich in der Lage, die Aufgaben dieser Bezirke zu übernehmen und eine unabhängige Regierungsbehörde zu werden. Die Zonen hätten ein dreiköpfiges Aufsichtsgremium, das die gleichen Befugnisse wie ein Gremium von Bezirkskommissaren hätte. Das Unternehmen, das sich für die Zone bewirbt, hätte ein erhebliches Mitspracherecht darüber, wer in diesem Gremium sitzen würde.

Nevada selbst würde laut dem Plan neben der Tatsache, dass mehr Tech-Unternehmen in den Staat gelockt werden, vor allem von einer "branchenspezifischen Steuer" profitieren, die auf die innovative Technologie oder Aktivität auferlegt würde. Die Anforderungen an die Unternehmen sind in dem Antrag klar festgelegt. Die Interessenten müssen mindestens 50.000 Hektar unbebauten Landes innerhalb eines einzigen Bezirks erwerben. Dieses Terrain muss von jeder anderen Stadt, jeder Gemeinde oder jedem Steuererhöhungsgebiet getrennt sein. Und das Gebiet muss (zum aktuellen Zeitpunkt) unbewohnt sein. Das Unternehmen müsste zudem über 250 Millionen US-Dollar verfügen und planen, innerhalb von 10 Jahren eine Milliarde US-Dollar in die Zone zu investieren.

Laut Medienberichten ist eine Entscheidung bezüglich des Gesetzes noch nicht gefallen. Ein Hindernis könnten den Berichten zufolge Kompensationsforderungen der Bezirke für das abgetretene Land sein. Auch wurde moniert, dass die Gesetzgebung "ziemlich einseitig" zu sein scheine, da die "Innovationszonen" die Entscheidungen treffen und der Bezirk diese mittragen müsse.

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