Als der Skandal um die Karibikreise des Finanzministers der kanadischen Provinz Ontario, Rod Philipps, in den Medien für Schlagzeilen sorgte, bestand der Premierminister der Region, Doug Ford, darauf, dass ihm Phillips Pläne für die Reise nicht bekannt waren.
Er gab jedoch zu, dass er irgendwann auf die Auslandsreisen des Ministers aufmerksam wurde, forderte diesen jedoch nicht sofort auf, in die Provinz zurückzukehren – zumindest nicht, bis die Reise den Medien bekannt wurde.
"Ich habe ihn kurz nach seiner Ankunft angerufen und gefragt, und er sagte, er sei weg", sagte Ford am Mittwoch gegenüber Reportern. An anderer Stelle sagte dieser, dass er "äußerst enttäuscht" sei von der Entscheidung des Ministers, "zu einer Zeit zu verreisen, in der jeder Ontarier gebeten wurde, Opfer zu bringen".
"Es ist mein Fehler und ich übernehme die volle Verantwortung. Zu dieser Zeit hätte ich sagen sollen, dass Sie Ihren Hintern zurück nach Ontario bringen sollen, und das habe ich nicht getan", sagte Ford gegenüber der Presse.
Obwohl Philipps immer noch in St. Barts ist – einem gehobenen Urlaubsort in der Karibik, der bei den Wohlhabenden äußerst beliebt ist –, sagte dieser in einer Erklärung am Dienstag, er bedauere die Urlaubsreise "zutiefst" und räumte in einer Entschuldigung ein, dass er einen Fehler begangen habe.
"Ich bin am 13. Dezember nach dem Ende der Legislativsitzung auf eine persönlich bezahlte Reise nach St. Barts aufgebrochen", fuhr Phillips fort und fügte hinzu, dass er "Vorkehrungen getroffen habe, um sofort nach Ontario zurückzukehren, und so bald wie möglich eine 14-tägige Quarantäne beginnen werde".
Die Erklärung erfolgte nach wochenlangen Spekulationen darüber, ob der Minister in Kanada sei, wo nationale und provinzielle Gesundheitsbehörden zu einem Verzicht "nicht wesentlicher" Reisen inmitten der COVID-19-Pandemie gedrängt haben. Philipps soll zuvor eine Reihe von Twitter-Beiträgen vorbereitet haben, um zu untermauern, dass er sich nach wie vor in Kanada befinde. In den Beiträgen teilte er Fotos von sich selbst, in denen zu sehen ist, wie er sich mit lokalen Geschäftsinhabern getroffen hatte –anscheinend immer in der gleichen Kleidung, wie einigen Nutzern auffiel.
"Rod Philipps und seine Mitarbeiter haben enorme Anstrengungen in seine Täuschung gesteckt", merkte ein Twitter-Nutzer sarkastisch an.
Der Minister der Progressiven Konservativen Partei teilte an Heiligabend auch eine Videobotschaft – in dem scheinbar gleichen Outfit – und beklagte, dass viele Kanadier in den Ferien die Familie nicht persönlich treffen könnten. Früher am selben Tag hatte er in ähnlicher Weise die "Opfer" gelobt, die einige zu Weihnachten bringen mussten – obwohl ein tropischer Kurzurlaub nicht auf der Liste stand.
Phillips unternahm einige Anstrengungen, um seinen Standort während seines Aufenthalts in St. Barts zu verbergen. Während einer Videokonferenz am 16. Dezember nutzte der Finanzminister eine virtuelle Kulisse des Legislativgebäudes von Ontario, während er über den Klang von Wellen sprach, wie die Liberale Partei der Provinz später in einem Tweet anmerkte.
"Sind das Wellen, die wir hinter dem Hintergrund Ihres Queen's Park Zoom hören? Das ist eine Schande, und Ford wusste zwei Wochen lang davon", zeigte sich die Liberale Partei in einem Tweet empört.
Während Phillips in Übersee war, verhängte Ontario außerdem einen landesweiten Lockdown, der am 26. Dezember in Kraft trat und Beschränkungen für "nicht wesentliche" Reisen weiter verschärfte. In einer früheren Erklärung sagte er, er hätte "die Reise abgesagt", wenn er gewusst hätte, dass ein erneuter Lockdown bevorsteht. Kritiker konnte der Minister jedoch mit dieser Erklärung nicht besänftigen. Die Anwohner Ontarios haben Phillips wegen Verstoßes gegen die "einfachen Richtlinien für die öffentliche Gesundheit" seiner eigenen Regierung heftig kritisiert. Ein Kolumnist von der kanadischen Globe and Mail, Peter Scowen, forderte gar seinen Rücktritt.
Andrea Horwath, Vorsitzende der Neuen Demokratischen Partei in Ontario, forderte ebenfalls die Abberufung des Ministers aus dem Kabinett. Sie stufte die Situation für "beschämend" ein, kritisierte zugleich jedoch auch Ford, da dieser "wusste, dass dies der Fall war, und einfach ein Auge zudrückte".
"Es muss eine gewisse Rechenschaftspflicht für diese Art von Dingen geben", fügte die Vorsitzende hinzu.
Phillips schließt sich einer langen Liste von Politikern an, die gegen die COVID-19-Beschränkungen verstoßen haben, einschließlich der Regeln, die sie selbst eingeführt hatten. Vor allem in den USA verstießen Gesetzgeber vermehrt gegen ihre eigenen Richtlinien – in manchen Fällen gar wenige Stunden nach der Einführung neuer Maßnahmen zu Eindämmung des Coronavirus.
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