Kurzer Prozess ohne Gnade: Zwangsräumung von Mietern in Kanada via Online-Meeting

Die Corona-Krise führt im kanadischen Ontario zu Online-Anhörungen von Mietern, die nicht mehr zahlungsfähig sind. Ein neues Gesetz verschlimmert die Situation und die Zahl der Zwangsräumungen steigt. Opposition schlägt Alarm angesichts dieser Menschenrechtsverletzungen.

Bis zum Spätsommer wurden in der kanadischen Provinz Ontario Zwangsräumungen ausgesetzt. Jetzt aber werden die Räumungen nachgeholt. Die Zahl der Mieter, die ihre Mietkosten nicht mehr begleichen können, nimmt zu. Es fehlt jedoch eine Statistik, wie viele es sind, die derzeit ihre Bleibe verlieren. Im November sollen es mehr als 7.000 Fälle gewesen sein. Im Dezember gab es über 4.000 Anhörungen. Angesichts des Chaos, welches die Pandemie dem Wohnungsmarkt beschert, werden die liegen gebliebene Zahlungsaufforderungen dann im neuen Jahr nachgeholt. Nach Angaben der Federation of Rental-housing Providers of Ontario sind vier bis sieben Prozent der 1,5 Millionen Mieter noch Zahlungen schuldig.

Eine persönliche Anhörung gibt es nicht mehr. Zu groß ist die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus. Es wird auf Online-Meetings via Zoom umgestellt. Kenn Hale, Leiter des Advocacy Centre for Tenants Ontario, spricht von einer Behandlung ohne Gnade: 

"Diese Menschen werden ohne Gnade behandelt. Man erwartet von ihnen, dass sie zahlen und zwar sofort, oder sie müssen raus. In normalen Zeiten ist es schlimm genug, dass Menschen ihr Zuhause verlieren und in einem Verwaltungsverfahren ungerecht behandelt werden. Aber in der Situation, in der wir uns jetzt befinden, kann es um Leben und Tod gehen." 

Die Online-Anhörungen würden es erschweren, die Schwierigkeiten darzustellen, in denen sich die Betroffenen befinden. Der Zugang zu rechtlicher Beratung ist derzeit kompliziert. Die Anwälte hätten Schwierigkeiten, sich bei all den Teilnehmern im Online-Meeting Gehör zu verschaffen. Nicht alle Betroffenen verfügen über eine stabile Internetverbindung oder haben Schwierigkeiten, aufgrund von Alter oder Unkenntnis technische Geräte zu bedienen.

Neues Gesetz führt zu undurchsichtigen Rückzahlungsvereinbarungen 

Hinzu kommt ein im Sommer verabschiedetes Gesetz zum Nachteil der Mieter. Dieses erlaubt den Vermietern, Rückzahlungsvereinbarungen anzubieten, ohne Vorabsprache mit dem zuständigen Vermieter- und Mieterausschuss. Mieter unterschreiben potenziell unangemessene Zahlungsvereinbarungen, ohne dass sie ihre Rechte verstehen. 

Auf Facebook wurde die Aufnahme einer Anhörung geteilt, in welcher eine minderjährige Person im Online-Meeting dazu gedrängt wird, einem Rückzahlungsplan zuzustimmen. Die Minderjährige war das einzige Englisch sprechende Familienmitglied. 

Die Opposition spricht von Menschenrechtsverletzungen und fordert, die Zwangsräumungen auszusetzen. Auch eine Gruppe von Kliniken hat sich mit einer ebensolchen Bitte an die Behörden gewandt. Zu groß sei die Gefahr für die Gesundheit der Betroffenen und die daraus resultierende Belastung für das Gesundheitssystem. 

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